Kapitel 22 (Part 1)

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In der Zwischenzeit hatte Philip den ganzen Abend damit verbracht in seinem Arbeitszimmer auf und ab zu wandern. Markus hatte in seinem Brief nicht allzu eifrig geklungen, ein Treffen und damit auch die Hochzeit passieren zu lassen. Warum war es so schwer für ihn zu entscheiden, ob er Willow treffen wollte oder nicht? Ein Treffen hatte bisher noch niemanden geschadet. Warum war das auf einmal eine so große Sache?

Philip hatte in seinem Brief doch klar betont, dass es lediglich ein Treffen war - keine Zustimmung zu der Heirat, oder nicht? Er hatte eigentlich erwartet, dass Markus seinem Vorschlag ohne große Bedenken zustimmen würde. Aber dann ließ er ihn erst ewig auf eine Antwort warten, um ihm dann mitzuteilen, dass es sich noch nicht entschieden hatte.

Warum? Philip konnte es beim besten Willen nicht verstehen. Was könnte es denn bitte für einen Grund geben, sich nicht mit Willow zu treffen?

Gab es da ein anderes Mädchen? Vielleicht jemand den er während seiner Reisen kennengelernt hatte. Vielleicht hatte er das Gefühl, dass er dieses andere Mädchen hintergehen würde, wenn er sich mit Willow traf. Aber Markus hatte nie ein Mädchen erwähnt. Nicht in seinen Briefen und auch nicht, als sie sich in persona unterhalten hatten. Und so etwas hätte er doch sicherlich erwähnt, oder? Sie waren schließlich so offen und ehrlich miteinander gewesen. Warum hätte er es also Philip gegenüber nicht erwähnen sollen.

Was, wenn er sich bezüglich der arrangierten Ehe tatsächlich bereits entschieden hatte? Was, wenn er bereits plante fortzugehen? Vielleicht versuchte er Philip nur lange genug hinzuhalten, damit er all das planen konnte.

Ugh, all das war so frustrierend! Und Philip konnte schon spüren, wie er Kopfschmerzen bekam. Er musste es irgendwie schaffen, Markus zu diesem Treffen zu überreden und ihn dazu bringen Willow zu mögen. Die einzige Frage, die noch offen blieb, war wie?

Wenn da wirklich schon ein anderes Mädchen in Markus' Leben war, hatte Philip schlechte Karten. Und selbst wenn da kein anderes Mädchen war, zweifelte Philip stark daran, dass sich Willow gut genug benehmen konnte um zumindest etwas sympathisch und wie eine feine Dame zu wirken. Alleine ihr Verhalten gestern war Beweis genug dafür.

Philip konnte ja verstehen, dass sie gerne las und davon wollte er sie ja auch gar nicht abhalten. Das Gegenteil war der Fall. Lesen war wohl die einzige damenhafte Beschäftigung, die Willow gefiel und er würde das immer unterstützen. Was Philip aber nicht verstehen konnte, war ihr andauerndes Verlangen danach seine Regel zu brechen und sich so absolut inakzeptabel zu verhalten.

Sie hätte ihn doch einfach um ein neues Buch bitten können. Es hatte absolut keinen Grund dafür gegeben, sich in sein Arbeitszimmer zu schleichen, während er fort war. Aber sie hatte es trotzdem getan. Und Philip war sich sicher, dass alleine das Brechen dieser Regel Willow Spaß bereitet hatte. Es war wohl wie ein kleines Abenteuer für sie gewesen. Oh, wie er sich wünschte sie würde endlich erwachsen werden. Das war schon lange überfällig.

Vielleicht machte das Lesen die Dinge schlimmer. Vielleicht stichelte sie das Lesen all dieser Abenteuergeschichten nur noch mehr dazu an, selbst solche Abenteuer erleben zu wollen. Vielleicht sollte er ihr das Lesen verbieten. Oder zumindest aussuchen, welche Bücher sie lesen durfte. Da würde Willow zwar sicherlich nicht gefallen, aber es würde wohl dazu führen, dass sie sich besser benahm.

Sicherlich konnte Philip ein paar angemessene Bücher finden. Über anständige junge Mädchen, wie Willow auch eines sein sollte. Vielleicht könnten ihr die Charaktere in einem solchen Buch als Vorbild dienen.

Aber er schweifte vom Thema ab. Zurück zu der arrangierten Ehe. Philip musste sicherstellen, dass Willow sich absolut tadellos verhielt, wenn Markus endlich diesem Treffen zustimmen würde. Philip hatte das Gefühl, das Markus dem Treffen früher oder später zustimmen würde. Er musste nur geduldig sein. Das war zwar nicht wirklich eine von Philip's Stärken, aber es gab wohl keinen anderen Weg.

Also zurück zu Willow's Verhalten. Eine ausschlaggebende Sache würde sicherlich sein, wann er seiner lieben Schwester von dem Treffen und der arrangierten Ehe erzählte. Die Chancen, dass sie sich gut benahm waren um einiges höher, wenn er den richtigen Zeitpunkt treffen würde. Denn wenn er den Zeitpunkt falsch wählte, würde seine Schwester absolut alles tun, um diese Hochzeit und die arrangierte Ehe zu verhindern.

Es würde zu kurzfristig sein, es ihr erst am Tag des Treffens zu sagen. Dann hätte sie keine Zeit sich zu beruhigen. Es musste also mindestens einen Tag vor dem Treffen passieren. So hatte Willow etwas Zeit die Informationen zu verarbeiten und sich zu beruhigen. Sobald sie das getan hatte, würde Philip nochmals mit ihr sprechen und sicherstellen, dass ihr klar war, wie wichtig es für sie beide war, dass diese Hochzeit stattfand. Und sollte das alles nichts helfen, war er in der Position Drohungen zu formulieren und diese wenn nötig auch durchzuführen, wenn sie nicht nach seinen Regeln spielte und Willow wusste das. Er würde sie nur daran erinnern müssen.


Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ Philip realisieren, wie spät es bereits geworden war, und dass er wohl zu Bett gehen sollte. Es war beinahe elf Uhr. Doch als er schließlich in seinem Bett lag, war an Schlaf nicht einmal zu denken. Die Gedanken in seinem Kopf wollten einfach nicht zur Ruhe kommen.

Mit einem Seufzen zog er die Decke weiter nach oben und versuchte den Strom an Gedanken zu ignorieren, als er sich zur Seite drehte. Aber natürlich war jede Bemühung umsonst. Er wälzte sich herum, änderte seine Position alle paar Minuten, aber ganz gleich was er tat, seine Gedanken ließen ihm einfach keine Ruhe.


Nach stundenlangen Versuchen hatte Philip genug. Mit einem verzweifelten Stöhnen schlug er die Decke zurück und stand wieder auf. Vielleicht würde ein kurzer Ausritt seinem Kopf zu etwas Ruhe verhelfen. Es war nach zwei Uhr morgens, aber Philip war das in diesem Moment absolut gleichgültig. Als er sich wieder anzog, fragte er sich, wie all das wohl enden würde.

Wo würden sie wohl in einem Jahr sein?

Nachdem Philip zuletzt noch seine Stiefel angezogen hatte, griff er sich noch seinen Revolver aus der Schublade. Nur zur Sicherheit, dachte er sich. Man konnte ja nie wissen, was in der Dunkelheit der Nacht lauerte. Er würde kein Risiko eingehen, die Wälder konnten ein gefährlicher Ort sein. Vor allem des nachts.

So leise wie möglich schlich sich Philip nach unten und zur Hintertür hinaus. Er runzelte die Stirn, als er bemerkte, dass die Hintertüre nicht zugesperrt gewesen war - wie sie es hätte sein sollen. Warum hörte ihm nur niemand in diesem Haus zu und hielt sich an seine Regeln? Wenn jemand versuchen sollte hier einzubrechen, konnte er einfach durch die Hintertüre spazieren. Einfach unmöglich! Aber die Angestellten würde morgen zu hören bekommen, was Philip von einem solch fahrlässigem Verhalten hielt. Am liebsten hätte er das ja sofort getan, aber es war wohl nicht sinnvoll nun das ganze Haus aufzuwecken.

Aber dieser Gedanke ließ Philip Innehalten. Richtig, alle schliefen ja. Das bedeutete, dass Arthur auch schlief und Philip damit sein Pferd selbst satteln müsste. War das den Aufwand wirklich wert? Vielleicht sollte er stattdessen einfach einen Spaziergang durch den Garten machen. Das sollte ihn auch auf andere Gedanken bringen.


Als er sich dem hinteren Teil des Gartens näherte, konnte Philip zwei undeutliche Stimme hören. Zu weit entfernt um ausmachen zu können, was gesprochen wurde. Dann war es wieder still und für einen Moment war sich Philip nicht sicher, ob sich die Stimmen nicht nur eingebildet hatte, aber dann sah er plötzlich eine Gestalt oben auf der Mauer zu dem Cornwall Grundstück auftauchen.

Schnell und lautlos zog er seinen Revolver und schlich sich näher an die Mauer, als er beobachtete, wie der Fremde die alte Eiche nach unten auf das Grundstück kletterte. Er hatte seinen Revolver direkt auf die Person gerichtet, als diese den Boden erreichte und sich zu ihm umdrehte.





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Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now