Kapitel 19 (Part 1)

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Willow hatte den Morgen des nächsten Tages damit verbracht zu lesen. Denn das schien das einzige zu sein, das ihren Kopf beschäftigt genug hielt, sodass sie nicht andauernd an die kommende Nacht und das Treffen mit Markus dachte. Aber immer wieder passierte es doch, dass ihre Gedanken der kleinen Insel, auf der die Geschichte spielte, entflohen und zu einen ganz bestimmten jungen Mann schweiften.

Als es Mittag war, wurde Willow darüber informiert, dass ihr Bruder fort war und wohl nicht vor dem späten Nachmittag zurückkehren würde. Der junge Herzogin machte es nichts aus, ihr Mittagessen alleine zu sich zu nehmen. Wenn sie ehrlich war, war ihr das sogar lieber. Mittlerweile hasste sie diese erdrückende Stille zwischen ihr und ihrem Bruder bei den Mahlzeiten. Aber es gab keine Möglichkeit für Willow sie zu vermeiden. Philip würde sie ihre Mahlzeiten nicht alleine in ihrem Zimmer einnehmen lassen und genauso wenig war er an einer Unterhaltung mit ihr interessiert.

Aber an diesem Tag hatte sie das komplette Esszimmer für sich alleine, sogar das ganze Haus. Sofort schoss Willow ein ganzer Haufen an verrückten Ideen durch den Kopf, was sie alles machen könnte. Sie könnte wie verrückt durch die Gänge laufen, oder in das Zimmer ihres Bruders einbrechen und nach einem verstreckten Schatz suchen.

Willow fragte sich, ob ihr Bruder etwas in die Richtung hatte. Vielleicht einen schnulzigen Brief an ein Mädchen? Soweit sie wusste, war Philip in keiner romantischen Beziehung mit irgendeinem Mädchen, aber wer wusste schon, vielleicht traf er sich ja gerade jetzt mit jemanden. Vielleicht hatten sie ein Picknick in einem der Parks und unternahmen dann noch einen Spaziergang.

Aber Philip war viel zu beschäftigt mit seinen geschäftlichen Angelegenheiten um sich mit Dingen wie der Liebe zu beschäftigen. Auf der anderen Seite, war es natürlich möglich, dass ihm die Liebe einfach so in den Schoß gefallen war. So wie bei Willow und Markus.

Als Willow realisierte, was sie da gerade gedacht hatte, schien die Zeit für einen Augenblick still zu stehen. Konnte man das zwischen ihr und Markus tatsächlich als Liebe betiteln? Sie kannten sich doch kaum. Sie hatten sich bisher erst dreimal getroffen und bei zwei dieser Treffen hatte Markus gedacht, sie wäre ein Junge. Er wusste ja noch immer nicht, wer sie wirklich war. Wie konnte sie also denken, dass das Liebe wäre?

Vielleicht, weil sie dauernd an ihn denken musste? Denn egal wie sehr sie es auch versuchte, ihre Gedanken wanderten früher oder später immer wieder zu ihm zurück. Sie dachte darüber nach, was er wohl tat, wenn er sich nicht gerade mit ihr traf. Ob er wohl seinen Jagdausflug gestern genossen hatte. Ob er wohl an dem Ort vorbeigekommen war, an dem sie sich das erste Mal getroffen hatten? Und falls er das war, ob er wohl an sie gedacht hatte?

Willow schüttelte ein wenig den Kopf um diese Gedanken zu vertreiben. Sie musste sich darauf fokussieren, worüber sie zuvor nachgedacht hatte. Was war das nochmal gewesen? Ach ja, all die Dinge, die sie unternehmen könnte, während ihr lieber Bruder fort war. Sie könnte sich in das Arbeitszimmer schleichen und sich ein paar neue Bücher holen. Sie war mit diesem beinahe fertig.

Es gab zwar noch ein paar ungelesene Bücher im Dachboden, aber die Anzahl wurde kleiner und kleiner und es würde sicherlich nicht schaden, sich ein paar Bücher aus dem Arbeitszimmer zu holen. Natürlich nicht so viele, dass ihr Bruder es bemerken würde, nur vielleicht zwei oder drei.

Seit langem würde sie sich bei ihrer Auswahl eines Buches aus dem Arbeitszimmer tatsächlich Zeit lassen können. Philip hatte tatsächlich ernst gemacht und ließ sie nicht mehr in das Arbeitszimmer. Oder nur in seiner Begleitung, wenn sie ihn anflehte, sich ein neues Buch ausleihen zu dürfen. Aber heute würde sie sich ein paar Bücher aus dem Arbeitszimmer aussuchen können, ohne dass ihr Bruder ihr dabei ungeduldig über die Schulter sah.

Direkt nachdem sie ihr Mittagessen beendet hatte, machte sich Willow auf den Weg nach oben in das Arbeitszimmer. Es war wohl klüger sich die Bücher direkt jetzt auszusuchen, da sie nicht wusste, wann Philip genau zurück sein würde und das letzte was sie wollte, war erwischt zu werden. Gott, er würde wieder komplett an die Decke gehen vor Wut. Und für was? Nichts, absolut nichts. Er war so ein hochnäsiger Idiot! Es war nicht gerecht, dass das Arbeitszimmer ihm ganz alleine gehörte. Aber es gab nichts, das Willow hätte tun können um das zu ändern, außer sich bei so seltenen Gelegenheiten wie diesen heimlich Zutritt zu verschaffen und die Regeln ihres Bruders zu ignorieren.

Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now