Kapitel 1 (Part 2)

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Philip fuhr sich mit seinen Fingern durch die Haare und schaute wieder auf. Sein Blick landete abermals auf dem Brief des Großherzogs. Er wollte dieses Angebot nicht akzeptieren. Es gab nicht einmal einen winzigen Teil an diesem Angebot, der ihm gefallen hätte. Aber in diesem Moment waren seine Optionen sehr limitiert. Es gab entweder die Möglichkeit alles in den nächsten paar Monaten - ja vielleicht nur Wochen - zu verlieren, oder einen Teil davon in ein paar Jahren aufzugeben.

Philip hatte gewusst - und der Brief hatte es nochmals bestätigt -, dass Markus zur Zeit die Welt bereiste und Gott wusste, wann er wieder zurück sein würde.

... Falls er wieder zurückkommen würde. Natürlich wünschte Philip dem Sohn des Großherzogs in keinster Weise etwas Böses, aber Dinge passierten nunmal. Das Leben war eben lebensgefährlich - vor allem, wenn man fremde Länder bereiste. Markus könnte ausrutschen, wenn er einen Berg bestieg, oder sein Schiff könnte in einen Sturm geraten und kentern. Der Punkt war, das Leben war gefährlich und es bestand die Möglichkeit, wenn auch nur eine sehr geringe, dass Markus nie von seinen Reisen heimkehren würde.

Zu diesem Zeitpunkt wären alle Schulden bereits beglichen und Philip hätte genug Zeit gehabt, alles Nötige zu organisieren und ein komfortables Leben ohne die weitere Hilfe des Großherzogs führen zu können. Alle anderen Söhne des Großherzogs waren bereits verheiratet und somit würde es niemanden geben, der an Markus' Stelle treten könnte. Willow könnte sich ihren Mann selbst aussuchen und alle ihr Probleme wären gelöst.

Aber war es dieses Risiko wirklich wert? Die Chancen waren viel höher, dass Markus heil nach Hause kehren würde und Willow wäre gezwungen ihn zu heiraten, ob es ihr gefiel oder nicht. Sobald das Übereinkommen beschlossen war, gab es kein zurück mehr.

Nun wieder auf seinen Füßen begann Philip abermals unruhig durch das Zimmer zu wandern. Er wollte diese Entscheidung nicht treffen. Er wollte überhaupt keine Entscheidung treffen. Das war alles zu viel. Viel zu viel. Nicht nur waren beide seine Eltern tot, sie hatten ihm auch die gesamte Verantwortung hinterlassen. Und Philip hatte das Gefühl, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, was man als Herzog für Verpflichtungen hatte und wie man Ländereien verwaltete. Warum hatte sein Vater ihm das nie beigebracht? Warum hatte er es ihm nie gezeigt?

Ein hoffnungsloses Stöhnen entfuhr Philips Lippen, als er verzweifelt an seinen Haaren zog, während er in seinem Kopf nach Antworten auf all die Fragen suchte, die sein Vater zurückgelassen hatte. Er wollte nur noch fort. Einfach fortlaufen und all das hinter sich lassen. Wieder frei sein. Durch die Felder zu galoppieren ohne auch nur den Hauch von irgendwelchen Sorgen. Aber er war hier. Gefangen in diesem Arbeitszimmer, in diesem Haus, auf diesem Anwesen. Mit all diesen Problemen, die so schwer auf seinen Schultern lasteten und die er ganz alleine zu tragen hatte.

Das war alles zu viel! VIEL zu viel! Er konnte das nicht! Er würde all diese Probleme niemals alleine lösen können. Es war einfach unmöglich all diese Schulden alleine zurückzuzahlen.

Der Großherzog hatte Recht. Das Angebot würde ihnen helfen. Nein, es würde sie retten. Es war der einzige Weg. Und ja, Opfer würden erbracht werden müssen. Aber Opfer würden sie so oder so erbringen müssen. Das Angebot anzunehmen war das Beste für alle, nicht nur für Philip. Er kannte Markus zwar nicht allzu gut, aber er war sich sicher, dass er Willow ein guter Ehemann sein würde. Es würde ihr schon gut gehen. Sie war ein starkes Mädchen. So stark, dass sie deine Mutter ermordet hat. Fügte eine leise Stimme in Philips Ohr hinzu. Und auch, wenn er es sich nicht eingestehen wollte, so wusste Philip, dass die Stimme recht hatte. Ihre Mutter war schließlich bei der Geburt seiner Schwester gestorben.

Also war all das doch irgendwie Willow's Schuld. Wäre sie nie geboren worden, wäre seine Mutter noch am Leben. Es hätte keinen Grund für seinen Vater gegeben, seine Trauer über den Verlust seiner Frau in Alkohol zu ertränken. Es hätte keine Glücksspiele gegeben. Alles wäre in Ordnung, wäre da nicht Willow. Es war nur fair, dass auch sie ein Opfer erbringen musste, um all das wieder gerade zu biegen!

Secrets of the Night (Deutsche Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt