Kapitel 3 (Part 1)

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Es war am nächsten Morgen, als ein forsches Klopfen Willow's Blick blitzartig Richtung Zimmertüre schießen ließ. Alleine durch die Art des Klopfens wusste sie sofort, dass es ihr Bruder sein musste. Es war nicht das leise, sanfte Klopfen von Elise. Nein, dieses war lauter und fordernder. Willow hatte diesen Moment bereits erwartet. Und doch war sie sich nicht sicher, ob sie ihn herbeigesehnt oder sich gewünscht hatte, dass er nicht eintreten würde. Was würde ihr Bruder ihr zu sagen haben? War er immer noch so wütend wie gestern?

"Ja bitte.", rief Willow sanft Richtung Tür, nachdem sie es endlich geschafft hatte, sich von ihren Gedanken loszureißen. Die Antworten auf ihre Fragen erwarteten sie bereits in der Realität. Ihren Blick auf die Tür fixiert, hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde und sah schließlich, wie der Türgriff nach unten gedrückt wurde. Die Tür öffnete sich und wie erwartet war es ihr Bruder, der nun vor ihr stand. Sein Gesichtsausdruck war unlesbar neutral, was es Willow schwer machte, einzuschätzen, was gerade in ihm vorging.

"Guten Morgen.", war das erste was Willow von ihrem Bruder zu hören kann. Nicht auch nur der Hauch einer Emotion war seiner Stimme zu entnehmen.

"Guten Morgen." lächelte Willow sanft zurück, in der Hoffnung ihren Bruder milde stimmen zu können. Sie würde alles dafür tun, die wohlerzogene junge Dame zu sein, die Philip gerne als Schwester gehabt hätte.

Es war gar nicht nötig, dass Philip erklärte, was er von Willow erwartete. Sie wusste genau, dass er sie abholte, damit sie gemeinsam frühstücken konnten. So wie sie es fast jeden Tag taten. Und so machte die junge Herzogin ein paar Schritte auf ihren Bruder zu, um ihm dann nach unten in das Esszimmer zu folgen. Die Geschwister hatten nicht ein einziges Wort gewechselt auf ihrem Weg nach unten und man konnte die Anspannung in der Luft förmlich spüren, als sich die beiden schließlich setzten.

Für eine Weile war nur das leise Klappern des Geschirrs zu hören und auch das wurde so gut als möglich vermieden. Mit jeder Minute, jeder Sekunde wurde die Stille zwischen ihnen schwerer zu ertragen. Endlich räusperte sich Philip kurz und legte dann sein Besteck zur Seite, bevor er zu seiner Schwester aufsah und die Still brach.

"Dein Verhalten gestern war absolut inakzeptabel und ich bin sicher, dass du das mittlerweile auch realisiert hast.", begann Philip in strengem Tonfall. Sein Blick schien Willow förmlich zu durchbohren, als er fortfuhr: "Ich werde ein solches Verhalten nicht länger tolerieren. Ich hoffe sehr, dass ich dir das klar gemacht habe. Deine Entscheidungen haben Konsequenzen. Also empfehle ich dir, gut zu überlegen bevor du etwas tust oder sagst, das du im Anschluss bereuen würdest."

Willow nahm sich einen Moment um ihr Besteck ebenfalls niederzulegen, bevor sie ihrem Bruder antwortete. Offensichtlich war das Frühstück nun ja beendet. "Natürlich verstehe ich das und ich möchte mich für mein Verhalten gestern Nachmittag entschuldigen. Es war nicht richtig in das Arbeitszimmer zu kommen ohne anzuklopfen." Willow meinte was sie sagte. Das tat sie wirklich. Sie wollte schließlich auch nicht, dass ihr Bruder einfach in ihr Zimmer platze ohne anzuklopfen. Es war falsch von ihr gewesen seine Privatsphäre so zu missachten. Und trotzdem verstand sie bis jetzt noch nicht so ganz, warum er so eine riesen Sache daraus hatte machen müssen. Aber das würde sie ihm gegenüber natürlich nicht erwähnen.

"Von nun an wirst du anklopfen, bevor du in mein Arbeitszimmer kommst. Jedes Mal. Auch, wenn du dir sicher bist, dass niemand da ist. Hast du verstanden?", fuhr Philip in strengem Tonfall fort, wozu seine Schwester nickte. "Und du wirst dich wie eine wohlerzogene junge Dame verhalten. Ich bin sicher du weißt, was das bedeutet. Es ist Zeit erwachsen zu werden, Willow. Du bist kein kleines Mädchen mehr, dass schreiend durch den Garten läuft und nach Piratenschätzen sucht. Ich weiß, dass du es nicht magst wie ein kleines Kind behandelt zu werden. Dann benimm dich auch nicht so."

Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now