Kapitel 2 (Part 1)

1.4K 58 7
                                    

"Willow!", brauste Philip auf und schleuderte den Brief auf den Schreibtisch. Das brachte ihm augenblicklich die Aufmerksamkeit seiner kleinen Schwester die zu ihm herumwirbelte. "Wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht so in mein Arbeitszimmer zu platzen hast?"

"Ich brauchte dringend ein neues Buch.", antwortete Willow, die sich offensichtlich keiner Schuld bewusst war und zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Und überhaupt, wer hat behauptet, dass das nur dein Arbeitszimmer ist? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Vater das so spezifiziert hätte. Also ist es wohl viel eher UNSER Arbeitszimmer und damit kann ich hierher kommen, wann immer ich will." Das junge Mädchen verschränkte die Arme vor der Brust, zog eine Augenbraue hoch und warf ihrem Bruder einen herausfordernden Blick zu.

"Erstens bin ich ja wohl der ältere hier. Zweitens bin ich derjenige der die Verantwortung übernimmt - auch für dich - und drittens bin ich derjenige, der ein Arbeitszimmer braucht, weil ich die Ländereien verwalte, für den Fall, dass es dir nicht aufgefallen ist!" Philip war von seinem Stuhl aufgesprungen und war nun mehr als nur genervt von seiner kleinen Schwester. Er war wütend.

"Ach komm schon Philip", Willow rollte mit den Augen, "würdest es dein Ego wirklich so verletzen, auch nur ein einziges Mal etwas mit deiner Schwester zu teilen? Ich bitte dich ja bei Gott nicht um viel!"

"Darum geht es hier überhaupt nicht!", Philip fing an in Rage zu geraten, "Du musst offensichtlich ein paar Manieren lernen und die Privatsphäre anderer Leute respektieren! Ich habe einen ganzen Haufen an Dingen, die ich zu erledigen habe und da kann ich es wirklich nicht gebrauchen, dass du hier andauernd hereinplatzt!"

"Ich hole mir doch nur schnell ein neues Buch. Wenn du nicht wieder so einen Elefanten aus einer Mücke machen würdest, wäre ich schon längst wieder weg und du könntest dich um deine oh so wichtigen Dinge kümmern!", gab Willow frech zurück. Sie konnte nicht verstehen, warum das so eine riesen Sache für ihren Bruder zu sein schien. Seit ihr Vater verstorben war schien sich ihr Bruder für den wichtigsten Menschen auf Erden zu halten.

"Hol dir so viele Bücher wie du willst. Alles was ich von dir verlange, ist, dass du an dieser gottverdammten Tür klopfst bevor du hereinkommst. Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, oder?" schrie Philip, dessen Gesicht mittlerweile vor lauter Wut rot angelaufen war.

"Meine Güte Philip! Warum musst du immer so-" , setzte Willow an, aber ihr Bruder fiel ihr ins Wort bevor sie ihren Satz zu Ende bringen konnte.

"So was?"

"So... So grimmig und versteift sein? Seit Vaters Tod interessierst du dich nur noch für die Geschäfte. Warst du wirklich so gierig endlich das Anwesen und die Geschäfte zu übernehmen?", platze es aus Willow heraus.

Diese Worte hatten gesessen. Philip war für einen Moment sprachlos. "Wie kannst du so etwas nur sagen?", hatte er sich jedoch nur wenig später bereits wieder gefangen. "Pass besser auf was du sagst, oder du wirst es noch bereuen. Ich werde so unangebrachtes Verhalten von dir sicherlich nicht einfach so dulden! Vater mag das vielleicht getan haben, weil er zu betrunken gewesen war, um dir Manieren beizubringen, aber ich bin das nicht! Und ich werde solch ein respektloses Verhalten mir gegenüber nicht akzeptieren! Ist das klar?"

Nun war es Willow der angesichts des Wutausbruchs ihres Bruders die Worte fehlten.

"Ich habe dich etwas gefragt!", forderte Philip lautstark eine Antwort und machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu.

"Ja.", antwortete Willow schließlich sichtlich eingeschüchtert und ließ ihren Kopf sinken.

"Es gibt Regeln in diesem Haus und ich werde nicht einfach dabei zusehen, wie du jede einzelne von ihnen brichst! Genug ist genug!" fuhr Philip immer noch wütend fort, "Du hast mich gefälligst mit Respekt zu behandeln und dich an die Regeln halten. Ich habe ein für alle Mal genug von diesem kindischen Blödsinn!"

Secrets of the Night (Deutsche Version)Where stories live. Discover now