Kein Zeichen von Mark

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POV Mark

Er klopfte mir noch kurz auf die Schulter und verließ daraufhin dann das JYP Gebäude.
Nach ganzen vierzehn Jahren begegnete ich ihm wieder. Niemals hätte ich mir denken können, dass ich ihn jemals wieder sehen würde, aber da hatte ich mich wohl geirrt. Wer hätte gedacht, dass er, trotz alledem was passiert war, mit mir noch reden wollte? Er hasste mich doch genauso wie alle anderen für das, was ich Lin angetan hatte.

Ich blieb reglos auf dem Stuhl sitzen. Meine Arme hingen kraftlos hinunter und mein starrer und leerer Blick war auf den Boden gerichtet. Ich dachte an nichts. Nur Chris‘ letzte Worte schwirrten in meinem Kopf herum und ich konnte sie laut und deutlich hören. >> Entweder erzählst du es ihr und brichst ihr somit das Herz, oder du hältst dich von ihr fern…<< Immer wieder hörte ich diesen Satz in meinem Kopf und es wollte auch nicht aufhören.

Mit zittrigen Lippen schloss ich nervös meine Augen. Sofort tauchten wieder diese Bilder von damals auf. Schreckliche Bilder, die einem siebenjährigen Jungen für immer im Kopf geblieben waren. Und bis heute konnte ich mich an jedes einzelne Detail erinnern – auch wenn ich es nicht wollte. Sie blieben fest in meinen Erinnerungen verankert.

Verzweifelt stütze ich meine Ellenbogen auf dem Tisch ab und verdeckte mein Gesicht mit meinen zittrigen Händen. Ich stieß ein bitteres und trauriges Seufzen aus. Die Wahrheit, dass ich an Lins Unfall schuld war, konnte nicht nur ihr Herz brechen, nein, es brach auch meines. Zu wissen, dass sie höllische Schmerzen hatte, dass sie verzweifelt versuchte sich an ihre Kindheit zurückzuerinnern, dass ihre Narben sie Tag ein Tag aus an den schrecklichen Unfall erinnerten und das alles nur wegen mir, war eine Qual für mich. Ich war so außer mir, dass ich nicht einmal meine Tränen bemerkte. Sie liefen mir vereinzelt die Wange hinunter und tropften schlussendlich auf den Tisch.

Ich saß wirklich eine Weile nur still im Aufenthaltsraum und dachte an Chris‘ letzte Worte. Er hatte aber Recht. Lin würde mich eines Tages fragen, was damals passiert war und es lag nun alles an mir. Sollte ich ihr die Wahrheit sagen und sie somit verletzten, oder sollte ich mich von ihr fernhalten?

Ich wischte mir meine Tränen weg und stand langsam auf. Die Wanduhr spiegelte sich in der Glastür. Es war spät, später als gedacht.  Obwohl jedes Luftholen wehtat, atmete ich tief ein und ließ es in einem bitteren Seufzer wieder aus. >>Oder du hältst dich von ihr fern…<<, hörte ich Chris‘ Stimme noch einmal in meinem Kopf sagen, bevor ich dann den Raum verließ.

POV ENDE

„Wieso starrst du ständig auf dein Handy?“, fragte mich Chris neugierig, während er sich den letzten Happen Reis auf den Löffel schaufelte. Ich seufzte gelangweilt. „Ich treffe mich heute eigentlich noch mit einem guten Freund…“ „Aber?“, frage er mit hochgezogener Augenbraue. Ich stocherte in meinem Reis herum und stützte meinen Kopf bei der anderen Hand ab. Ich machte einen noch größeren Seufzer. „Aber er meldet sich nicht…“, meinte ich enttäuscht. Chris lächelte mich ermutigend an und meinte: „Dann melde dich doch bei ihm…“ „Hab ich schon…aber er hebt weder ab noch schreibt er mir zurück.“ Mein Cousin stand auf und räumte seinen Teller weg. „Iss erst mal deinen Reis auf…der Tag ist noch lang…vielleicht meldet er sich ja noch.“

Hoffnungslos schob ich mein Handy zur Seite und widmete mich wieder meinem Reis. Währenddessen fing Chris schon mal mit dem Geschirr abwaschen an. „Du sag mal Chris…“ Ich machte eine kurze Pause. „Ja?“, fragte er neugierig. Ich fing an mit der Gabel im Reis herumzustechen, anstatt ihn einfach aufzuessen. Nachdenklich starrte ich auf meinem Teller. „Wann…wann fliegst du eigentlich wieder Heim?“ Ich saß zwar mit dem Rücken zu Chris, aber ich bemerkte, dass er mit dem Abwaschen sofort stoppte, als ich ihm die Frage stellte. Er lachte überraschenderweise. „Wieso? Willst du mich nicht mehr hier haben?“, fragte er mich grinsend. Ich kicherte verlegen. „Nein…das habe ich nicht gemeint…ich wollte nur wissen, wann du wieder zurückfliegst.“, antwortete ich ihm. „Nun ja…vielleicht in zwei Wochen, oder auch in einer…wer weiß. Ich kann fliegen wann ich will…außer…“, er hielt inne. Geduldig wartete ich darauf, dass er seinen Satz fortführte. „Außer du willst mich nicht mehr hier haben, dann kann ich auch schon heute fliegen.“ Er fing wieder zu lachen an. Er machte wohl nur einen Spaß, weil er so herzhaft lachte. Ich lächelte ein wenig und stand dann auf, um das restliche Geschirr wegzuräumen.

Nachdem ich meinem Cousin mit dem Geschirr geholfen hatte, ließ ich mich dann erschöpft auf das Sofa fallen und nahm mein Handy wieder in die Hand. Ich hoffte wirklich, dass sich Mark, während ich die Küche sauber machte, gemeldet hatte.
Doch die Enttäuschung war groß, nachdem ich meine Nachrichten checkte. Keine Einzige war von ihm und er hatte mich auch nicht einmal angerufen. Ich seufzte. Vielleicht hatte er wieder viel zu tun? Ich entschied mich, ihm wieder eine Nachricht zu schreiben. >>Hey…hast du denn wieder viel zu tun? Melde dich bitte, wenn du Zeit hast.<<, stand darin.

Ich legte mein Handy mit einem noch größeren Seufzer weg und legte mich dann auf das Sofa. Chris kam in diesem Moment ebenfalls ins Wohnzimmer und setzte sich vor mir auf den Boden. Er nahm einen Schluck von seinem Tee und stellte es dann auf dem Couchtisch ab. „Hat er sich immer noch nicht gemeldet?“, fragte er mich verblüfft. Ich schüttelte schmollend den Kopf. „Sag mal…“, Chris sah mich fragend an. „Wer ist das eigentlich, mit dem du dich dann triffst.“ Erschrocken riss ich meine Augen auf und blinzelte nervös. „D…den kennst du sowieso nicht.“, antwortete ich ihm etwas stotternd. Schon wieder lachte Chris. „Ach komm…sag schon…ist er etwa dein…“ Chris zuckte mit den Augenbrauen. Sofort sprang ich vom Sofa auf. „Nein…er ist nicht mein Freund.“ „Schon gut…war nur ‘ne Frage.“, kicherte Chris und nahm wieder einen Schluck von seinem Tee, den er aber sofort wieder auf den Tisch abstellte und sich dann auf die Lippen griff. „Ah ist das heiß!“ Ich wollte mein Lachen zurückhalten, aber ich konnte nicht anders und brüllte los. „Geschieht dir Recht.“, meinte ich lachend und zeigte ihm zum Spaß die Zunge.
Seinen Blick hätte man sehen müssen. So böse hatte er noch nie geguckt. Aber mein Cousin nahm das mit Humor und lachte auch dann.

Viele Stunden vergingen. Mittlerweile war es Abend und so langsam verschwand auch meine Hoffnung, dass mir Mark irgendwann noch zurückschrieb beziehungsweise sich generell meldete. So langsam machte ich mir Sorgen. Was wäre, wenn die Firma herausbekam, dass wir uns immer heimlich in der Nacht trafen? Vielleicht nahmen sie ihm ja das Handy weg, sodass er sich nicht bei mir melden und ich ihn auch nicht erreichen konnte. Das alles hätte gut möglich sein können, doch was ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, war, dass er mich mit Absicht ignorierte. Wieso sollte er auch? Er wollte sich ja mit mir treffen.

Die Zeiger der Uhr tickten und tickten und so langsam wurde es immer später und später, bis es schlussendlich Mitternacht war. Den ganzen Tag lang wartete ich auf seine Rückmeldung, aber nichts kam. Enttäuscht legte ich mich ins Bett. Auch wenn wir uns nicht trafen. Eine Nachricht, auch wenn sie nur ein >>Hey<< wäre, hätte mich beruhigt. Denn je mehr Stunden vergingen, desto mehr Sorgen machte ich mir um ihn. Wieso meldete er sich nicht?

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt