Ein bedeutsames Stück Papier

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Der nächste Tag war ein Donnerstag und dies bedeutete – Kurse bis zum späten Nachmittag. Mehr als die Hälfte hatte ich bereits überlebt. Es fehlten nur noch drei Stunden. „Nicht mehr lange Lin…drei Stunden noch, drei Stunden.“, redete ich mir ermutigend zu, während ich versuchte, dem Professor stets achtsam zuzuhören. Ich merkte bereits, wie meine Augenlider schwerer wurden. Der Kurs an sich war ja gar nicht so langweilig, aber der Professor… Seine monotone Redensart war einfach zum Einschlafen.
Um mich wachzuhalten holte ich mein Notizbuch aus der Tasche, worin ich meine Erinnerungen hineingeschrieben hatte und las mir meine Einträge durch. Ich wusste gar nicht mehr, wie oft ich sie mir schon durchgelesen hatte.  In jedem Eintrag kamen die grüne Jacke und der kleine Junge vor, dann einmal der Ball und jetzt mein eigener Name. Was sollte das alles bedeuten? Am meisten machte mich der kleine Junge stutzig. Wer war er?
Ich war so in den Gedanken vertieft, dass ich sogar das Läuten der Glocke überhörte und nicht einmal mitbekam, dass alle anderen Studenten den Raum bereits verließen. „Miss Park? Haben sie noch eine Frage zu dem Thema?“ Mein Professor stand direkt vor mir. Erschrocken sah ich zu ihm auf. „N…nein…“, stotterte ich. Meine Güte hatte er mich erschreckt. „Ich will ja nicht neugierig sein, aber was ist das Buntbeschmierte da?“, fragte er lächelnd. „Was?“ Er sah auf mein Notizbuch, welches ich mit Textmarkern, Buntstiften und Kugelschreiber vollbeschmiert hatte. „Ach das…das ist nur…nichts Besonderes.“, antwortete ich stotternd und schlug das Buch zu. Er lachte. „Ich werde dann mal gehen.“ Ich nahm mein Zeug in die Hand, beugte mich höflich und verließ dann den Raum.

Zwei Stunden noch. Ich ging im schnellen Schritttempo durch den riesen Gang des Universitätsgebäude. „Ach du scheiße.“ Ich blieb abrupt stehen, als ich Gona sah. Den ganzen Tag schon, versuchte ich eine Diskussion mit Gona zu vermeiden beziehungsweise ihr nicht zu begegnen. Ich hatte nun wirklich keine Lust ihr Gelaber anzuhören. Seufzend hielt ich mir mein Notizbuch vor das Gesicht und versuchte so unauffällig wie möglich an ihr vorbeizugehen – Fail. „Hey! Da bist du ja!“, rief sie mir hinterher, doch ich ignorierte sie und ging in einem schnelleren Tempo weiter. Die Diva in ihren Chanel Schuhen stöckelte mir hinterher, bis sie mich tatsächlich auffing. Sie stellte sich in meinen Weg und schlug auf das Buch, sodass es auf den Boden fiel. „Du solltest mich lieber nicht ignorieren, wenn ich dich rufe, hast du verstanden?“, sagte sie. „Ist es wieder wegen Jackson?“, fragte ich sie genervt. „Ach, dann ist es also wahr?“ So langsam brannten mir die Sicherungen durch.  „Ja, wir haben uns getroffen! Und jetzt, was hast du jetzt vor?“, fragte ich wütend. Ich bückte mich hinunter und wollte mein Notizbuch aufheben, doch dann trat die dämliche Kuh tatsächlich darauf. Ich sah genervt zu ihr auf. „An deiner Stelle würde ich die Finger von ihm lassen.“ Sie drückte fester auf das Buch und bewegte ihren Fuß so, als würde sie eine Zigarette auf dem Boden ausdämpfen. Dabei riss ein Stück einer Seite. Gona lachte und ging. Ich starrte ihr wütend nach. Sollte sie froh sein, dass ich meine Wut gut zurückstecken konnte. Nur zu gern wäre ich ihr nachgerannt und hätte ihr am liebsten eine Ohrfeige gegeben. Ich hob das Buch mit der zerrissenen Seite auf und legte sie in meine Tasche. Ich war wütend, ja, aber im Leben gab es wichtigere Dinge, als sich über einen Menschen aufzuregen.

Die letzten zwei Stunden vergingen zum Glück schnell und ich konnte mich endlich auf den Heimweg machen. Auf dem halben Weg fiel mir ein, dass ich ja noch gar kein Geschenk für meine beste Freundin zum Geburtstag hatte. Da musste ich doch wohl einen Umweg durch die Stadt machen. Was ihr wohl am besten gefiel? Ich ging in einen Laden nach dem Anderen, doch ich fand einfach nichts, was ihr wirklich gefallen konnte. Got7 Alben konnte ich vergessen, von denen hatte sie mehr als genug und sogar auch noch eine signierte. Bei den anderen Kpop Gruppen kannte ich mich sowieso nicht aus, also war das auch gestrichen. Stunden für Stunden vergingen und doch ließ sich nichts finden. Langsam gab ich schon die Hoffnung auf. Wie ich es hasste Geschenke einzukaufen. Egal für welchen Anlass, ob Geburtstag, Weihnachten oder Ostern, ich hasste es trotzdem.

Ich hatte Glück, denn  kurz bevor die Läden schlossen, fand ich tatsächlich noch ein Geschenk, welches ihr gefallen konnte. Glücklich und zufrieden machte ich mich nun auf dem Heimweg. Da ich nun von der entgegengesetzten Richtung heimgehen musste, führte mein Weg an das JYP Gebäude vorbei. Ich konnte nur beten, dass mich niemand sah beziehungsweise, dass niemand vor dem Gebäude stand und mit niemand meinte ich Jackson und Mark.

Tja, aber wieder machte mir das Schicksal einen Strich durch die Rechnung. Wie konnte ich auch so blöd sein und glauben, dass keine Idols vor dem JYP Gebäude stehen. „Heeeeeey!“, hörte ich mir Jackson zurufen. „Hey…“, meinte ich verlegen. „Bitte komm ja nicht zu mir…bitte…“, sagte ich leise. Jackson kam auf mich zu und lächelte. „Was für ein Zufall dich wieder zusehen.“ Ich versuchte zu lachen. „Ja…was für ein Zufall…“ Ich wollte einfach nur so schnell wie möglich weg von hier. „Na, was bringt dich hierher?“, fragte er neugierig. „Ich war gerade auf dem Heimweg.“, antwortete ich. „Hey Jackson!“, rief jemand aus dem Gebäude. „Ne oder?“, dachte ich mir als ich die Stimme hörte. Dieser Jemand war natürlich wieder Mark, der mich aber erschrocken ansah, als er auf uns stoß. „Hi…“, begrüßte ich ihn. Doch Mark zeigte keine Reaktion. Er sah mich nur mit großen Augen an. „Lin?“, fragte er, wenig später. „Du kennst ihren Namen?“, fragte Jackson verblüfft. „Ja…wir gehen auf die selbe Uni, haben wir vor kurzem festgestellt.“

In diesem Moment läutete mein Handy. Das war meine Rettung. Ich nahm es aus meiner Tasche. „Sophie?“, fragte ich mich verblüfft. „Ich muss dann gehen…hat mich gefreut euch wieder getroffen zu haben!“, meinte ich und ging schnell weiter bevor ich abhob.

POV Mark

War das alles nur Zufall? Ich traf schon wieder auf das Mädchen. Ihr Handy läutete. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche und dabei fiel ein Stück Papier heraus. Sie hatte es wohl sehr eilig, denn innerhalb von Sekunden verabschiedete sie sich und ging. Ich hob neugierig das Papier auf. „Was ist das?“, fragte Jackson. „Ach nichts…“, meinte ich und steckte das Papier in die Hosentasche.

Nach zwei Stunden war das Tanztraining zu Ende und wir fuhren zu unserer Dorm zurück.
„Euer ernst?“, fragte ich die Jungs. Sie saßen im Wohnzimmer und spielten Schere, Stein, Papier, um zu entscheiden, wer als Erstes ins Bad durfte. Auf so etwas hatte ich nun wirklich keine Lust. „Wenn ihr alle fertig seid, sagt mir Bescheid.“, meinte ich erschöpft und ging in mein Zimmer. Ich ließ mich auf mein Bett fallen. Wenig später fiel mir ein, dass ich noch den Zettel von Lin in der Hosentasche hatte. Um ehrlich zu sein, war ich schon etwas neugierig, was draufstand. Ich nahm es aus meiner Hosentasche. Es fehlte ein Stückchen, doch man konnte ihn trotzdem halbwegs lesen. Es war für eine kurze Zeit still.

Doch dann fingen meine Hände an zu zittern und mir stockte der Atem. Ich wollte es nicht glauben. Nein, das konnte nicht wahr sein. Erschrocken rieb ich mir die Augen und setzte mich auf. Erneut las ich mir den Zettel durch, aber dieses Mal langsam und Wort für Wort.
„Lin…“, kam es nur aus meinem Mund. Ich war fassungslos. Dieses Mädchen. War sie es wirklich?

POV ENDE

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Where stories live. Discover now