Getrennte Wege

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Als ob die Zeit langsam zum Stillstand kam, bewegte sich alles um mich herum wie in Zeitlupe. Gedankenverloren stand ich vor dem Han und hatte meinen leeren Blick auf das langsam treibende Wasser gerichtet. Der Fluss wirkte so ruhig und trostlos, doch in Wahrheit steckte hinter dieser unscheinbaren Fassade eine starke Strömung. Auch der Wind wehte unruhig durch die Gegend und ließ die Blätter der Bäume und Sträucher wild umher zappeln. Als hätte sich das Wetter aufgrund meiner Stimmung geändert, wurde es schlagartig grau am Himmel. Große Regenwolken zogen auf und die Sonne versteckte sich scheu hinter ihnen. Ich wusste, dass es jederzeit zu regnen beginnen konnte, doch das war in diesem Moment mein kleinstes Problem.
Ich wollte einfach nur alleine sein. Weit weg von allen anderen. Ich brauchte einfach Zeit für mich.

Ich lehnte mich nachdenklich am Geländer an und seufzte traurig. Es war ja nicht so, als wäre ich wütend auf Mark gewesen, weil ich erfuhr, dass er tatsächlich an meinem Unfall schuld war. Ich war einfach nur schockiert. Ich hätte doch niemals damit gerechnet, dass das wirklich die Wahrheit war.

Eine Weile hatte ich meinen Blick nur auf den Fluss gerichtet und so langsam fielen auch schon vereinzelte Regentropfen vom Himmel. Jeder Tropfen der auf meine Hände fiel, ließ meine kleinen Härchen am Nacken aufsteigen. Sie waren kalt.

„Es ist besser so…“, antwortete ich mir selbst, nachdem ich mir die Frage stellte, ob ich vorhin die richtige Entscheidung getroffen hatte. War es denn wirklich besser, wenn Mark und ich uns von nun an nicht mehr trafen? Je länger ich darüber nachdachte, desto sicherere wurde ich mir. Für mich gab es schlussendlich nur eine Antwort.
Ich war zwar von Marks leeren Versprechungen ziemlich enttäuscht, doch das hielt mich nicht davon ab, alles zu versuchen, dass er und Got7 in Sicherheit waren. Ich wollte ihm und seiner Karriere nicht im Weg stehen. Vor allem jetzt nicht, wo Got7’s Popularität stieg. Ich würde alles nur den Bach hinunterziehen und nicht nur Mark, sondern die ganze Gruppe in Schwierigkeiten bringen.
Es war gut so, dass ich mich dafür entschied, mich von Mark für immer zu trennen. Auch wenn wir damals unzertrennlich waren. Die Zeiten hatten sich geändert. Wir hatten uns verändert. Wir waren nun erwachsen. Wir mussten unsere eigenen Wege gehen, denn wir waren doch zu unterschiedlich. Er war ein Idol. Ein attraktiver junger Mann, der sich vor kreischenden Mädchen kaum noch retten konnte. Und ich war einfach nur das unscheinbare Mädchen von nebenan. Würde die Öffentlichkeit erfahren, dass Mark mit so einer Person etwas zu tun hatte, wäre doch alles nur in ein Chaos ausgebrochen.

Seufzend senkte ich meinen Blick auf meine Hand, welche bereits vom Regen total nass war. Erst jetzt bemerkte ich, dass es mittlerweile schon stärker regnete und ich auch schon komplett nasse Haare hatte. Doch anstatt mich irgendwo drunter zustellen, setzte ich nur meine Kapuze auf und blieb einfach weiterhin vor dem Han stehen.
Ich wollte noch nicht gehen. Ich wollte einfach das Prasseln des Regens hören.

Stunden später.
„Wo warst du? Ich hab die ganze Zeit versucht dich zu erreichen.“, sagte Chris aufgelöst, als ich daheim ankam. Doch bevor ich ihm überhaupt antworten konnte sagte er entsetzt: „Meine Güte bist du vom Regen durchnässt. Hast du wieder Mal keinen Regenschirm bei dir gehabt?“ „Ich hätte nicht gedacht, dass es heute regnen würde.“, antwortete ich ihm nur. Chris verschwand kurz im Badezimmer und kam mit einem Handtuch zurück. Ich wollte es ihm dankend abnehmen, doch anstatt mir das Handtuch zu geben legte mein Cousin es mir auf den Kopf und rubbelte mir sanft das Haar trocken. „Warum hast du mich nicht angerufen? Oder wenigstens ein Taxi.“, meinte er fürsorglich. *Hatschi* Ich zuckte für einen kurzen Moment zusammen, als ich niesen musste. Chris kicherte. „Du musst immer noch niesen, sobald man dir die Haare rubbelt?“, fragte er lachend. Überrascht sah ich ihn an. „Was? Warum immer noch?“, fragte ich verblüfft. „Na, als kleines Kind hast du das immer gemacht.“ Chris nahm seine Hände von meinem Kopf und klopfte mir dann leicht auf die Schulter. „Geh lieber ins Bad. Ich mach uns währenddessen das Abendessen.“

Damals vor 14 Jahren (Got7 Mark FF)Where stories live. Discover now