Epilog

1.4K 50 14
                                    


Der Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste stand vor dem riesigen Gemälde, das die große Lobby des Zaubereiministerium überblickte. Es unglaublich ungenau.

Albus Dumbledore hatte ihm einmal erzählt, dass es vor langer Zeit einmal einen Springbrunnen gegeben hatte, ehe er durch den heutigen eleganten Sitzbereich ersetzt worden war. Man war gezwungen zu dem Gemälde hochzuschauen. Um fair zu sein, auch wenn es ungenau war, es war ein sehr sehr schönes Gemälde.

Denn Verteidigung gegen die dunklen Künste Lehrer stimmte es ein wenig wehmütig, dass Albus Dumbledore für die heutige Generation an Zauberern nur noch ein Name war. Dabei würde es ihnen gut tun, wenn sie heute noch so einen Mann kennen würden. Jedem würde es gut tun. Er selber war da keine Ausnahme.

Zumindest konnte er sich selber noch lebhaft an ihn erinnern; langer weißer Bart, unglaublich blaue Augen, endlose Vorräte an Zitronenbonbons und immer das richtige Wortspiel für jeden Anlass.

Erinnerte er sich wirklich an ihn? Erinnerte er sich an ihn, wie er wirklich gewesen war, oder hatte er im Laufe der Jahre seine Erinnerungen angepasst, bis die wichtigen Details falsch wiedergegeben wurden? Sehnte er sich wie das Gemälde nach einer Zeit, die es nie gegeben hatte?

Er betrachtete das Gemälde erneut. Es bewegte sich. Es war mit einer handwerklichen Leidenschaft angefertigt worden. Doch es war ungenau.

Er fragte sich, wenn er es selber gemalt hätte, ob er es anders gemalt hätte.

Er betrachtete das für alle Ewigkeit festgehaltene, sich bewegende Bild der Helden von Voldemorts endgültigem Untergang:

Harry Potter, der unglaublich jung, stark und mutig aussah, die Treppe hinuntergehend, seinem eigenen erzählen nach, stolperte er gerade aus der Kammer des Schreckens ums sich eine Dreiviertel Stunde zu übergeben, nachdem er die Magische Welt gerettet hatte. Er wurde so dargestellt, als würde er Dumbledore mit Tränen in den Augen in die Arme fallen. In Wirklichkeit brauchte Harry mehr als zwei Jahre, bis er wieder mehr als drei Worte mit dem alten Mann sprach.

Ronald Weasley. Der im Zaubergamot saß. Über den sein Vater einst sagte: „Wenn er wenigstens zwei volle Sätze aneinanderreihen könnte, ohne zu klingen, als stünde er unter einem Stotterzauber, dann würde er heute an der Stelle des Gerichtspräsidenten sitzen!"

Anders als am Tag der Schlacht, wurde Ron Weasley auf diesem Gemälde nicht ohnmächtig mit grünem Gesicht auf dem Boden liegend gemalt. Stattdessen saß er, jung und grimmig da, und wurde immer wieder von Harry Potter auf die Füße gezogen, damit er an seiner Seite stand.

Die Schulleiterin von Hogwarts, Minerva McGonagall sowie Professor Longbottom fehlten auf diesem Bild gänzlich.

Tatsächlich hatte der Künstler von allen, die an der Schlacht beteiligt gewesen waren, nur fünf gemalt.

Man brauchte auch nicht lange zu erwähnen, dass der Maler selbstverständlich auch seine Eltern völlig fehlinterpretiert hatte.

Anstatt mit Erbrochenem beschmutzt und von Medi-Hexen aus St. Mungos umsorgt, wirkte sein Vater nur leicht zerzaust, während er sich auf den Arm seiner Mutter stützte.

Im Ernst, er hatte seinen Vater mit einem weitaus schlimmeren Kater gesehen.

Zu guter Letzt blieb noch seine Mutter.

Aus irgendeinem Grund hatte der Künstler sie nicht in ihrer Schuluniform gemalt, die sie mit Sicherheit während der großen Schlacht getragen hatte.

Nein, er hatte sie in einem einfachen grauen Wollkleid, an das er sich aus seiner Kindheit erinnerte, gemalt. Das Kleid wirkte für eine achtzehnjährige, sogar für eine achtzehnjährige Hermine Snape, unmöglich Erwachsen. Nein, damals hieß sie ja noch Hermine Granger.

Mein Leben an seiner SeiteWhere stories live. Discover now