Halloween (3)

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"Das ist wahrscheinlich das albernste Skelettkostüm, dass ich in meinem ganzen Leben gesehen habe." Brenda wusste selbst nicht, wo sie den Mut hergenommen hatte, sich nicht nur strategisch günstig am Raumrand zu platzieren, sondern auch nahe zu Devon zu rutschen, als die Lichter gedämmt wurden... und nun saß sie hier. Und hatte mit Müh und Not einen Gespächseinstieg gefunden. Sie fragte sich noch, ob ihre Worte zu harsch gewesen waren, als sie sehen konnte, wie seine Mundwinkel zuckten. Er wisperte zurück: "Du bist doch nur neidisch, weil du kein so hübsches Skelett bist."

Das war... zumindest nicht unzutreffend? Zugegeben, auf das Skelett gab Brenda wenig, aber sie war generell neidisch auf jeden, der irgendwas Hautenges tragen konnte und darin nicht wie ein Witz aussah. Sie persönlich hatte von ihrer Mutter das Hexenkostüm aufgeschwatzt bekommen, dass sie schon viele Jahre besaß, und die verstrichene Zeit hatte es sicherlich nicht spannender gemacht. Oder detailreich, oder sexy, so wie das von Quinn, dass in all seiner komplizierten Niedlichkeit mehr wie ein teures Cosplay aussah und nicht etwa ein Kostüm. Wer besaß denn auch bitte eine farblich passende Handtasche mit Katzenöhrchen?!

Und glamourös - wie Angel in schneeweißem, bodenlangen Kapuzenumhang und schwarzer verschnörkelter Halbmaske - war sie erst recht nicht. Wahrscheinlich konnte man es eigentlich als Glücksfall bezeichnen, dass das Licht inzwischen aus war.

"Ich kann dafür eine hübsche Hexe sein", brummte sie und betete, dass niemand außer Devon sie hören würde. Allein schon die Tatsache, dass Brenda es wagte, sich als hübsch zu bezeichnen, hätte andernfalls mindestens Lacher hervorgerufen. Wahrscheinlich Schlimmeres.

"Hm. Stimmt", ertönte freundlich vor ihr, und so gedankenlos Devon sprach, konnte Brenda trotzdem nicht verhindern, dass ihr Herz urplötzlich schneller schlug. Stimmt. Als wäre es wahr. Als sähe sie in ihrem Kostüm genauso süß aus wie- Nein, als würde Devon gar nicht sehen, wie anders sie war. Wie anders sie sich empfunden musste, sobald sie zu all den hübschen, kichernden Mädchen herüberschielte. Das kleine 'stimmt' genügte, um ihrem Kopf schon wieder Futter für Träumereien zu geben, die sie doch eigentlich verhungern lassen wollte, ehe sie auf unangenehme Weise mit der Realität zusammenkrachen mochten.

Sie räusperte sich, um den Aufruhr zu überspielen. "Ist das eigentlich gewollt, dass da anfangs kein Ton kommt, oder-?" Genauso wie sie starrte Devon auf die Wand, an die der Projektor aktuell die Logos der Produktionsvertriebe warf. Kurz darauf, so unscheinbar, als würde es sich um ein Youtube-Hobbyprojekt handeln, zitterte der Filmtitel auf dem schwarzen Grund. The Blair Witch Project. Brenda, die eine begeisterte Gruselliteratur-Leserin, aber üblicherweise zu schreckhaft für Horrorfilme war, flüsterte vorsichtig weiter: "Kennst du den?" Devon traute sie das zu. Er war ein Kerl, und stark, und mutig, zumindest im unangerührten Bild, dass sie von ihm im Kopf hatte. So jemand konnte Horrorfilme schauen, ohne die Nacht danach schlaflos zu verbringen. Sie dagegen musste alle halbe Stunde ihr lichtspendendes Handy umklammern, wenn sie sich nur an verstörende Youtube-Minifilme erinnerte.

"Nee. Glaube, hab nur den Namen mal gehört." Ihr Geflüster ging im Getuschel der anderen Schüler unter, die sich auch noch höchstens oberflächlich mit dem Film zu beschäftigen schienen. Der lief allerdings ohnehin langsam an. Brenda verfolgte mit mäßigem und dann steigendem Interesse, wie die Studentengruppe mit ihren Kameras ihre Einwohnerinterviews begannen, und besann sich darauf, dass sie umgeben war von unzähligen Personen. Kein Grund, irgendwann Angst zu haben. Dennoch...

"Meinst du, der ist schlimm? Ich schau nur selten Horrorfilme, und..." Sie überlegte noch, wie man ihre Handy-bewachten Nächte in Worte fasste, als vor ihr amüsiert gemurmelt wurde: "Du hast Angst?"

"Nein." Sie plusterte die Wangen auf, und als sie sah, wie ein anderes Mädchen zu ihr herübersah, rückte sie schnell wieder von Devon ab. Erst, als der Blick nicht mehr auf ihr zu ruhen schien, wagte sie anzufügen: "...Vielleicht ein bisschen. Damit komme ich klar." Vor ihr sah sie ein lautloses Grinsen.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now