Wie ich meine Ferien verbracht habe

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„Und es war schön dort?" Ace hatte das Lächeln von Mrs. Anderson immer noch vor Augen, und dass, obwohl er den Rest ihres Gesichts schon lange vergessen hatte.

„Schöner als hier auf jeden Fall." In seinem Kopf konnte er frei und ungezwungen sprechen, ganz ohne das Stottern, Verhaspeln und Schwanken der Tonlage, dass ihn in der Realität so oft einholte. „Ziemlich sonnig und langweilig. Ich glaube, es hat mir wirklich gefallen."

Die Stimmen klangen durch seinen Geist, während er die Hände auf den Rand des Waschbeckens gestützt hielt und sich mit gerunzelter Stirn im Spiegel entgegenstarrte. Seine alte Vertrauenslehrerin war nicht das Seltsamste, an das er nach dem Masturbieren jemals gedacht hatte, aber sie stand doch weit oben auf der Liste.


Mit Johns Auszug gehörte das obere Stockwerk des Hauses gewissermaßen ihm, und Ace durfte frei darüber verfügen... was letzten Endes gar nichts änderte, außer die Tatsache, dass er jetzt auch unter der Ferienwoche mal bis fünf oder sechs Uhr aufblieb. Ace schüttelte den Kopf, begann seine Hände abzutrocknen und sich die Unterhose wieder auf die Hüften zurückzuzerren, während sein Kopfkino ungehindert weiterplauderte.

Er hatte sehr oft diese Momente, in denen er einfach abschaltete, die Welt um sich herum sie selbst sein ließ und sich tief in seine Fantasie flüchtete, um dort Diskussionen, Szenen und Geschichten durchzuspielen. Ace hielt das für eine seiner besseren Macken, aber vermutlich hätte jeder andere, der in seinen Kopf sehen konnte, ihn für bescheuert erklärt.

„Dein Bruder zieht jetzt weg. Fühlst du dich einsam deswegen?"

„Ich schätze schon... aber eigentlich ist das dämlich, oder? Es war schon immer dämlich. Ich kann doch nicht eifersüchtig sein, nur weil ich ihm nicht soviel bedeute wie er mir. John hat seinen Freundeskreis, und in einer idealen Welt würde ich meinen eigenen haben, wenn ich nicht so ein sozialbehinderter Vollidiot wäre-"

„Ace. Sei nicht so hart zu dir selbst. Es ist nicht deine Schuld."

Ace spürte, wie sich seine Miene verzerrte, einfach, weil es so wehtat. Mrs. Anderson war immer unglaublich sanft zu ihm gewesen. Selbst wenn die Gespräche mit ihr ihm nicht praktisch weitergeholfen hatten, hatte er sich doch jedes Mal ein bisschen weniger gehasst, wenn er aus ihrem Büro gegangen war. Allerdings war sie Mitte letzten Jahres versetzt worden, und Mr. Jackson-Cole hatte den Posten des Vertrauenslehrers übernommen, obwohl jeder wusste, dass seine Geduld mit menschlichen Schwächen mehr als nur begrenzt war.

„Ist es nicht?"

Eine Vielzahl schwacher roter Pünktchen zog sich über seine Nase und Wangen. Die Sprossen zeigten sich jeden Sommer, wenn es zu warm wurde, und verschwanden spätestens Mitte Herbst, zu einer Zeit, zu der sie jeder bereits gesehen und darüber gekichert hatte. Der Rest von ihm war schmal. Ein schmales, spitz zulaufendes Gesicht, eine feine, schmale Nase, schmale Lippen, gedrungene Schultern und ein Körper, den man wahrscheinlich ‚zierlich' genannt hätte, wenn er ein Mädchen wäre, aber in seinem Fall war er nur knochig. Vor der Pubertät war Ace pummelig gewesen, und es gab genug Kinder, die ihm das mit Vorliebe unter die Nase gerieben hatten, doch jetzt war er dürr, und das war anscheinend genauso schlimm. Selbst wenn die Spitznamen anders klangen, blieb die Abscheu dieselbe.

„Nein, ist es nicht. Du bist nicht Schuld an den Dingen, die dir passieren, und so dumm das jetzt auch für dich klingen mag... Die Zeiten werden noch einmal besser. Glaub mir. Sobald du einmal aus der Highschool raus bist, wirst du staunen, wie nett andere Leute sein können."

Aces von Natur aus helle Haut wirkte noch bleicher im Kontrast zu seinen dunklen Brauen oder seinen Haaren, die seit ein paar Wochen in einem leuchtenden Blau erstrahlten. Sonne und Salzwasser hatten die dunkelsten Pigmente herausgewaschen, und inzwischen erinnerte ihre Farbe an Urlaubskatalog-Meere oder Kindereiskreme. Er schüttelte den Kopf, blinzelte und starrte sich wieder entgegen. Seine Augen waren so ziemlich das einzige, was Ace an sich mochte, aber das lag wohl daran, dass seine Klassenkameraden nie Worte gefunden hatten, um sie ihm schlecht zu reden. 

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now