Ermüdend

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Duffy und Para hatten sich nach einer Weile in unterschiedlichen Abständen von ihnen verabschiedet, um zu verschwinden und dem Freitagabend mit anderen, näher gelegenen Freunden - doofe unnötige RL-Bekannte, wie Spidey so treffend schimpfte - zu füllen. Vielleicht auch, um Spidey und Ace zu entkommen, nachdem der seine Schüchternheit einmal soweit überwunden hatte, dass es ihm gelang, 'Hakuna Matata' im lauten und schiefen Einklang mit ihr zu singen. Nicht, dass es viel Unterschied machte. Gemeinsam mit Andi, der die Para-Funktion ausfüllen konnte und ihnen in scheinbar unmöglichen Kampfsituation mühelos den Hintern rettete, streunten sie über die Spiellandschaft und arbeiteten Spideys nie enden wollende Liste an Quests ab.

Ganz sicher war Ace sich nicht, ob der Kerl sie überhaupt ertrug. Andi war freundlich, aber reserviert, und während Spidey mit Ace herumalberte, hielt er sich im Hintergrund und beließ es bei den nötigsten Anmerkungen. Gerade weil Ace kurz zuvor noch erlebt hatte, wie locker der Kerl dagegen mit Duffy und Para war, fragte er sich insgeheim, ob sie vielleicht etwas falsch machten. War der Junge nur zurückhaltend gegenüber Fremden oder war ihre Anwesenheit ihm vielleicht sogar unangenehm? Ihn darauf ansprechen traute er sich aber auch nicht ... Je weiter Ace in diesen Grübeleien versank, desto ruhiger wurde er, bis sie alle drei sich nur noch über das nötigste unterhielten. Im Stillen wollte er seufzen. Wie konnte es anderen nur so leicht fallen, sich auf Menschen einzulassen?

Ein Teil von ihm war unangebracht neugierig, was Para wohl treiben mochte... als könnte er es sich nicht denken! Es war Freitag, und normale Menschen machten an Freitagen normale Menschendinge und gingen trinken, oder feiern, oder trafen sich und schauten Filme oder... überhaupt irgendwas. Vor kurzem noch hätte Ace behauptet – zumindest, wenn er seinen Klassenkameraden bei ihren Schilderungen lauschte - dass er sich mit so albernen, niveaulosen Zeitvertreiben gar nicht auseinandersetzen wollte, und das machte es umso schlimmer, dass ein Teil von ihm jetzt Sehnsucht danach hatte zu erfahren, wie sich das anfühlte. Was Para für Freunde haben mochte, und ob rund um ihn so eine gute Stimmung herrschte, wie sie im Spiel hatten?... Ace versuchte sich zur Ruhe zu rufen. Er konnte nicht einfach über das potentielle Privatleben von Personen grübeln, die er kaum kannte. Das war ja beinahe krank.


Am frühen Samstagvormittag fuhren sie los nach Great Falls, und Ace war zumindest ein bisschen froh, dass er nicht ewig aufgeblieben war. Wenn er den Morgen wie ein Halbtoter im Auto gesessen, hätte das nur für mehr unangenehme Fragen geführt. Er hatte keine Lust, dasselbe anstrengende Gespräch vom Freitagmorgen noch einmal zu führen.

Seine Mutter war ganz entzückt, als sie erfahren hatte, dass er Samstag mit Freunden unterwegs sein wollte. Ace hatte sogar ein paar Sätze mit Jose geschrieben, die er ihr zur Not als Beweis hätte vorlegen können, aber ganz so misstrauisch war sie zum Glück doch nicht, dass sie darauf bestanden hätte. Vielleicht war ihre Fragerei vom Freitag doch nur ein plötzlicher Impuls gewesen und kein Ergebnis wochenlanger Beobachtung. Er hoffte es.

Die neue Wohnung von Julie und John war nüchtern und realistisch. Ein mittelgroßes Appartment in einer weißgrauen Reihenhaussiedlung mit zwei Schlafzimmern und einer Mischung aus Küche und Wohnzimmer, die von Julie solange mit hübschen Bildern und süßem wild-romantischen Tand vollgestellt worden war, bis sie Lebendigkeit verströmte. Die beiden hatten vor, sie zu behalten, bis sie sich irgendwann eine anständige Bleibe leisten konnten. Die Seiteneinwürfe von Aces Mutter – „Richtig, auf so engem Raum lässt sich ja nicht leben, wenn plötzlich das Getrappel kleiner Füße dazukommt." – hatte John elegant umschifft, indem er ihr grinsend erklärte, der Vermieter würde ohnehin keine Hunde erlauben.

Julie verhielt sich Ace gegenüber wie immer  zurückhaltend, aber nett, doch mit John war es, als wären sie keine Sekunde getrennt gewesen. Solange ihre Eltern oder Julie in ihrer Nähe waren, versuchten sie, den verantwortungsvollen Erwachsenen zu spielen, doch das ließ exakt in dem Moment nach, in dem sich die Tür schloss und die beiden unbeaufsichtigt ließ.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now