Eine Erklärung wäre da mal angebracht...

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Alles was ich wahrnahm, war die kalte, harte Schulter von Felix, an die ich mich panisch klammerte, der eiskalte Luftzug und die beängstigende Dunkelheit in dem engen Schacht durch den wir fielen. Ich hätte eigentlich die Augen schließen wollen, aber irgendwie war ich dazu nicht in der Lage. 

Das alles dauerte nicht einmal eine Sekunde, da war auch schon alles vorbei und das Kribbeln in meinem Magen verschwand. Felix ließ mich runter, hielt mich aber immer noch fest. Der Boden unter meinen Füßen war fast komplett unbearbeitet. Er war vollkommen uneben, aber hart. Vielleicht war es ja Stein? Hier unten war es so stockdunkel, dass ich nicht einmal bis zum Boden hinunter sehen konnte. 

Felix schob mich ein ganzes Stück vorwärts. Ich wunderte mich schon, als ich hörte, wie der Gully wieder zugeschoben wurde. Fast im selben Moment nahm ich eine weitere Silhouette wahr, die wohl von meinem Mentor stammen musste. „Dann machen wir uns mal auf den Weg.“ bestimmte er und ging voran. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Ich hörte keine Schritte und sehen konnte ich ihn bereits auch nicht mehr. „Na los, worauf wartest du noch?“ fragte Felix leicht genervt und gab mir einen kleinen Schubser. Sofort knallte ich gegen etwas hartes und wäre beinahe umgefallen, hätte mich die Wand nicht aufgefangen. „Autsch.“ murmelte ich leise. Erst, als jemand entnervt die Luft ausstieß, traf mich die Erkenntnis. Nicht eine Wand hatte mich aufgefangen, nachdem ich gegen sie gestoßen war – wäre ja auch vollkommen unmöglich gewesen. Sondern da stand immer noch Demetri. Er war nicht mehr als einen Schritt gegangen. 

Das alles überforderte mich. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zu kommen würde, geschweige denn, wo wir uns genau befanden. Oder wo sie mich hin bringen würden. Sie hatten zwar gemeint, mich zu Aro bringen zu wollen, aber ich bezweifelte das im Moment stark. Ich meine, wenn sie mich zu den Rektoren bringen wollten, dann hätten wir doch wohl den Eingang genommen, durch den wir auch bei unserer ersten Führung gegangen waren. Oder nicht? Zu allem Überfluss war es hier unten so furchtbar dunkel. Normalerweise  gewöhnten sich meine Augen relativ schnell an Dunkelheit, aber dieses Mal wollten sie mich wohl vollkommen im Stich lassen. 

„Lasst mich wieder zurück!“ bat ich und versuchte mich aus Demtris eisernem Griff zu befreien. Langsam aber sicher schlich sich die nackte Panik in mein Bewusstsein. Ich spürte förmlich, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Den eindeutigen Beweis hatte mir mein Mentor ja höchstpersönlich geliefert. Er hatte mir gegenüber ja zugegeben, dass meine Gedanken gelöscht worden waren. Anfangs hatte ich an einen schlechten Scherz geglaubt, aber allmählich befürchtete ich, dass er mir die Wahrheit gesagt hatte. Und das machte mir mehr als Angst. Ich meine, wer reagiert bitteschön mit Gleichgültigkeit, wenn zu einem gesagt wird, dass die eigenen Gedanken gelöscht worden sind? Ich kenne sicher keinen.

„Vergiss es. Hör auf Panik zu schieben, dir passiert nichts. Du bekommst nur deine Belohnung, was ist daran bitteschön so schlimm, dass du wieder weg willst?“ brummte Demetri und zog mich hinter sich her. Verzweifelt versuchte ich nicht zu stolpern oder hinzufallen, was sich aber als sehr schwer heraus stellte. Immer wieder steckten größere Steine im Boden fest, gegen die ich mit dem Fuß stieß. Und das kam nicht gerade selten vor. „Wir hätten auch mal früher dran denken können, dass sie als Mensch nichts sieht. Zumindest hier unten.“ murmelte Demetri. „Du willst doch jetzt wohl nicht behaupten, dass sie im Tageslicht mehr sehen?“ fragte Felix lachend nach. „Im Vergleich zu uns sind sie selbst dann blind.“ fügte er hinzu. „Ach ja? Und was seid ihr dann? Katzen?“ brummte ich dezent angepisst. Ich hatte es noch nie leiden können, wenn jemand in meiner Anwesenheit mies über mich redete. Und schon gar nicht, wenn die betroffenen Personen dann auch noch so taten, als wäre ich nicht da, obwohl sie genau wissen, dass ich da bin. 

„Nein, wir sind Vampire, aber das weißt du ja eigentlich schon. Du hast es nur wieder vergessen.“ antwortete Demetri trocken.
„Weil ihr mein Gedächtnis gelöscht habt?“ fragte ich grimmig nach.
„Genau.“ kam es dieses mal von Felix.
„Ist es das? Das Geheimnis der Schule ist also, dass die Lehrer Vampire sind?“ wollte ich wissen.
„Nicht nur die Lehrer, aber ja.“ antwortete Felix.
„Die Schüler etwa auch?!“
„Nein. Noch nicht.“
Demetri blieb stehen und öffnete wohl irgend eine Tür oder ein Gitter, ehe er mich weiter zog. 
„Soll das etwa heißen, dass alle Schüler auf diesem Internat zu Vampiren werden?“
„Nicht ganz, aber im Grunde genommen ja.“ Nur noch Felix antwortete mir.
„Was heißt das? Dürfen manche etwa als Menschen wieder gehen?“ 
Felix lachte nur. Ich wartete ab.
„Keines wegs. Du stellst dir das vielleicht einfach vor. Kindliche Naivität, würde ich mal sagen.“
„Was passiert dann mit denjenigen, die nicht zu Vampiren werden?“ wollte ich vorsichtig wissen. Ob ich die Antwort auch wirklich hören wollte, wusste ich nicht.
„Na was wohl? Sie sterben.“ Mir stellten sich die Nackenhaare auf.
„Weil sie die Verwandlung nicht überleben?“ hakte ich nach. 
„So kann man das auch sagen.“ 

Nachdem wir die Treppen nach oben gegangen waren, befanden wir uns in einem etwas helleren Gang, weshalb ich auch endlich wieder etwas erkennen konnte. Es war aber noch immer so dunkel wie in einem Zimmer bei Nacht, wenn die Rollos herunter gelassen sind. 

„Erzähl dem Kind keinen Mist, Felix. Ich darf ihr dann später alles erklären.“ brummte Demetri. Er schien heute irgendwie schlechte Laune zu haben. Ich hoffte sehr, dass das nicht an mir lag. „Es stimmt doch gewissermaßen. Beißt man einen Menschen und saugt ihn aus, hat er eine mögliche Verwandlung nicht geschafft. Okay, die Verwandlung wurde bei denen die sie meint nicht gewollt. Aber eingesetzt hat sie auf jeden Fall. Du weißt ja selbst, dass das Gift bei dem kleinsten Kontakt den Körper eines Menschen verändert, also verwandelt...“ erklärte Felix. Ich spürte selbst, wie ich immer blasser wurde. „Ich habs verstanden.“ knurrte Demetri zur Antwort und zog einmal grob an meinem Arm, wodurch er mich direkt in den Fahrstuhl beförderte. 

Ich stand ganz hinten an der Wand und versuchte möglichst viel Abstand zwischen die beiden Vampire und mich zu bringen.  Felix lachte bloß. Demetri zeigte keine weiteren Reaktionen. Ich versank für die kurze Fahrt vollkommen in meinen Gedanken. Jetzt wusste ich alles. Glaubte ich zumindest in diesem Moment. Aber ich konnte mir denken, dass da noch mehr war. Aber das war mir gerade egal. Immerhin hatte ich eben erfahren, dass all die ganzen Schüler, die angeblich das Internat verlassen hatten und zurück nach Hause gegangen waren, tatsächlich längst tot waren. Sollte mich das beruhigen, dass ich jetzt wenigstens wusste, was passiert war? Wohl kaum. Mir wäre es wirklich lieber gewesen, das nie zu erfahren. Hätte Demetri Felix nicht früher davon abhalten können? 

„Arina.“ meldete sich mein Mentor plötzlich wieder. Erst jetzt bemerkte ich, dass die beiden mich wohl die ganze Zeit über angestarrt haben mussten. „J-ja?“ erwiderte ich unsicher. „Du solltest in nächster Zeit aufhören, die House of Night Bücher zu lesen. Wenn du wegen dieser Kleinigkeit gleich aus den Latschen kippst, wäre es wohl besser, wenn du erst mal nichts Neues dazu herausfindest.“ riet er, ehe ein leiser Ton verkündete, dass wir nun im gewünschten Stockwerk angekommen waren.

Nachdem wir ausgestiegen waren, gingen wir einige kleine, enge und verschlungene Flure entlang, bis diese in größeren endeten. Ich erkannte den Stil wieder. Dieses mittelalterliche Design. Vor allem die brennenden Fackeln an den Wänden sprangen einem sofort ins Auge. Entweder ich irrte mich, oder das hier war der Gang zu diesem Thronsaal. Ich warf den Gedanken aber schnell wieder über Bord, da hier sicher alle Gänge gleich aussahen. 

„Das dürftest du ja noch kennen.“ meinte Demetri, als Felix an eine riesige Flügeltür trat. Die kunstvollen Schnitzereien und Verzierungen mit Gold hatten sich regelrecht in mein Hirn eingebrannt. Natürlich kannte ich die noch. Also hatte mich mein geschändetes Erinnerungsvermögen doch nicht getäuscht. Das hier war wirklich der Thronsaal. Was mich da drinnen aber erwarten würde, wusste ich noch immer nicht. Ich konnte nicht einmal sagen, ob ich das wissen wollte. Klar, eine Belohnung war etwas Gutes, aber ob das hier auch der Fall war bezweifelte ich gerade stark. Erst recht seid dem ich wusste, was mit den anderen Schülern passiert ist. Felix hatte sich ja keinerlei Mühe gemacht, das Ganze halbwegs harmlos auszudrücken. Aber wahrscheinlich war das ein Teil des Wesens der Vampire. Immerhin war Blut und Tod ja ein allgegenwärtiges Thema für diese Kreaturen. 

Felix stieß die Tür auf, die sich mit einem lauten Knarren in Bewegung setzte und den Weg in den Raum frei gab. Demetri legte mir eine Hand auf den Rücken und schob mich bestimmend rein. Kaum war ich aus dem Radius der Tür raus, wurde diese direkt wieder geschlossen. Ich erschrak, als ich mich umdrehte und sah, wie Felix diese sogar sorgfältig verriegelte. Glaubte er etwa ernsthaft, ich würde dieses Monstrum auf bekommen? Geschweige denn an ihm vorbei kommen, wenn er verhindern wollte, dass ich hier raus komme? Wohl kaum. Oder es sollte einfach keiner mitbekommen, was hier gleich passieren würde...

Ich schluckte schwer und drehte mich wieder zu meinem Mentor um. Demetri stand neben mir, aber abgesehen von uns dreien war niemand mehr in diesem viel zu großen und viel zu runden Raum. Verwirrt sah ich ihn an und wollte ihn gerade fragen, was das jetzt bringen sollte, als ich schon die hohe Stimme  und die viel zu überschwängliche Begrüßung des Rektors hörte. „Arina, wie schön, dass du hier bist!“ 

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Hey Leute :)
Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat, auf das ihr
jetzt so lange habt warten müssen ^^

Ach ja: Es wurden einige Treffen organisiert.
Diese finden in ganz Deutschland im Mai statt. Ich organisiere
ebenfalls eines in Friedrichshafen am Bodensee. Wenn euch 
das zu weit weg ist, könnt ihr mal gucken, ob eine Stadt
in eurer Nähe auch dabei ist.
Hier könnt ihr euch alles dazu durchlesen:
http://www.wattpad.com/story/36199647-wattpad-treffen
Ich würde mich wahnsinnig freuen, mal jemanden von
euch zu treffen :D

Die Schule der angehenden WachenWhere stories live. Discover now