Mysteriöser Typ

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Es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Dabei vergingen bloß zwei weitere Tage an denen ich in meinem Zimmer eingesperrt war, ohne die Möglichkeit zu haben, meine Freunde zu erreichen. Am ersten Tag kam noch einmal ein Brief. Blöderweise hatte ich aber nicht bemerkt, wie er unter der Tür durchgeschoben wurde. Sonst hätte ich mich bemerkbar machen können um ihnen so wenigstens mitzuteilen, dass ich wohlauf war. Am Tag darauf kam allerdings nichts mehr. Vermutlich hatten sie es aufgegeben. 

Auch heute am mittlerweile dritten Tag meiner Gefangenschaft meldeten sich meine Freunde nicht mehr. Ich saß vor der Tür auf dem Boden und wartete auf einen Brief. Aber wieder kam keiner. Der Unterricht war längst zu Ende vermutlich hatten sie gerade viel Spaß zusammen und waren irgendwo unterwegs. Wie gerne wäre ich jetzt bei ihnen? Ich stand auf und setzte mich an meinen Schreibtisch. 

Lange saß ich einfach nur da, bis mein Blick auf die Briefe meiner Freunde viel. Und vor allem brachte mich der Collageblock daneben auf eine Idee, auf die ich hätte schon wesentlich länger kommen können. Ich riss eine der Schubladen des Tisches auf, zog einen Briefpapierblock heraus und öffnete mein Mäppchen. Ungeduldig suchte ich nach dem Füller. 

Hey Leute

Sorry, dass ich mich nicht früher gemeldet habe, aber mein verpeiltes Hirn kam erst heute auf die Idee, dass ich euch auch mal einen Brief schreiben könnte. Ich war die ganze Zeit über in meinem Zimmereingesperrt. Nach dem Unterricht vor ein paar Tagen bin ich Demetri begegnet und habe mich mit ihm unterhalten. Er wollte wissen, ob ich das Rätsel bereits lösen konnte und nach meinen Ideen gefragt. Also habe ich ihm erzählt, worüber wir scherzhaft diskutiert hatten. Die ganze Sache mit dem Vampirinternat meine ich. Haltet euch fest: DAS STIMMT!!!

Das hier IST ein Vampirinternat. Wir sind alle angehende Vampire, obwohl wir es nicht einmal wissen. Die Lehrer sind Vampire. Ich weiß dazu nichts Genaueres, aber…

Plötzlich ging hinter mir die Zimmertür auf. Ehe ich mich umdrehen konnte, wurde mir das Blatt unter der Hand weggerissen. Erschrocken sah ich auf und blickte geradewegs in Demetris Gesicht. Er starrte auf das Blatt Papier in seiner Hand und las die Zeilen die eigentlich nicht für ihn bestimmt waren. 

„Sie wissen gar nicht mehr, dass du mehrere Tage von der Bildfläche verschwunden warst.“ Sagte er plötzlich. 

„Was? Wie meinen Sie das?“ hackte ich sofort nach.

„Das wirst du gleich erfahren. Deswegen bin ich nämlich hier.“ Erklärte er monoton und zerknüllte währenddessen das Blatt in seiner Hand, ehe er es sich in die Hosentasche steckte. Anschließend packte er mich am Handgelenk und zog mich vom Stuhl hoch. „Au, das tut weh!“ beschwerte ich mich. „Sei einfach bloß still und komm mit.“ Brummte er genervt, ließ mein Handgelenk los, nur um mich am Oberarm zu packen, als ich gerade einmal stand und zog mich aus dem Zimmer raus. Ab diesem Moment lief ich ihm mehr oder weniger freiwillig hinterher. Noch immer ließ er mich nicht los, aber wenigstens war sein Griff jetzt nicht mehr grob. Zumindest nicht ganz. Der Griff war immer noch ziemlich fest. Also mich von ihm losreißen konnte ich auf keinen Fall.

Ich achtete nicht wirklich auf den langen Weg den wir zurücklegten. Das einzige was mir wirklich auffiel, war, dass wir erst das Wohnheim verließen und dann rüber zu der komischen Burg gingen. Mittlerweile waren die Häuser fertig saniert worden, weshalb die Lehrer nun nicht mehr dort wohnten. 

Mein Mentor führte mich zahllose Gänge entlang, durch einige Türen und komische Räume, bis wir allem Anschein nach den Gang erreichten, den er angesteuert hatte, denn er wurde endlich langsamer, verstärkte den Griff aber ein wenig. Mittlerweile konnte ich nicht einmal mehr wirklich abschätzen, ob wir nun unter oder über der Erde waren. Zu oft waren wir Treppen auf und ab gegangen. Aber weil es hier absolut keine Fenster gab, konnte ich mir gut vorstellen, dass wir unter der Erde waren. Wir bogen um eine Ecke. Ich konnte am Ende des nun breiter werdenden Ganges eine große, massiv wirkende Flügeltür mit einigen Schnitzereien erkennen. Der Weg war mit nur wenigen Fackeln erleuchtet. Gerade so, dass ich die paar Stufen nicht übersah, die direkt hinter dieser tückischen Ecke lauerten. Demetri hätte mich auch ruhig mal warnen können!

Die Schule der angehenden WachenWhere stories live. Discover now