Geht's noch schlimmer?!

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  „Ich habe dir ja gesagt, dass du deine Emotionen nicht im Griff haben wirst. Und genau für den Fall sind die Mentoren da." murmelte Demetri so leise, dass sicher nur ich ihn verstehen konnte. Ich sagte nichts mehr, blieb stumm und rührte mich nicht mehr. Je länger ich so lag, Demetri über mir, die Hände auf den Rücken gedreht, den Kopf ins warme Gras gedrückt, ein Knie fest auf dem Rücken, wurde ich immer ruhiger. Ich begann allmählich zu begreifen, dass mein Ausraster wirklich bescheuert gewesen war. Ich atmete auf Anweisung meines Mentors ein paarmal tief durch.

Plötzlich wurde ich wieder auf die Beine gestellt und blickte geradewegs in Demetris todernstes Gesicht. „Hast du dich jetzt wieder beruhigt?" fragte er, ich nickte Stumm. „Sehr gut." meinte er ruhig und richtete sich wieder etwas auf. „Ich denke, wir gehen besser wieder rein." Kaum hatte er den Satz beendet, sträubte sich alles in mir dagegen, wieder in meinem Zimmer der Langeweile ausgesetzt zu sein. Aber nach der Aktion die ich eben gebracht hatte, traute ich mich nicht, noch irgendetwas zu sagen oder ihn um irgendetwas zu bitten.

Stumm lief ich ihm hinter her. Er war immer zwei Schritte vor mir. Demetri brauchte sich nie umzudrehen um zu wissen, ob ich noch hinter ihm war. Er hörte mich, wusste immer wo ich war und gleichzeitig hatte ich selbst schon gemerkt, dass ein Vampir sozusagen einen siebten Sinn dafür hatte, wenn ihm jemand hinter lief. Ob das wohl auch mit dem Eigenschutz zu tun hat?
„Warum weiß ein Vampir immer, wenn ihm jemand folgt?" sprach ich meine Gedanken einfach aus. „Aus Selbsterhaltungszwecken. Selbst wenn du bloß beobachtet wirst, spürst du das. Pass aber auf; es gibt nicht wenige, die eine regelrechte Paranoia entwickeln. Meistens sind das aber diese überängstlichen Nomaden. Vielleicht begegnest du ja mal einem." Erklärte Demetri mir.

Das war etwas, was ich wirklich an ihm schätzte. Egal, was für Fragen ich ihm stellte, er beantwortete sie mir stets. Zumindest die, die er mir auch erklären konnte. Ich hatte bisher zwar noch keine gefunden, auf die er keine Antwort wusste, aber vielleicht gab es ja auch so eine. Oder aber ich hatte ihn schon mal etwas gefragt, was er nicht wusste und er hatte sich etwas ausgedacht. Dann hatte er es mir aber verdammt glaubwürdig verkauft. Oder ich war einfach nur viel zu naiv um zu merken, wenn ich belogen wurde. Immerhin war ich noch nicht lange ein Vampir und konnte vieles schlecht bis gar nicht beurteilen.

Der nächste, große Raum den wir betraten, war die Empfangshalle für die Touristen. Noch bevor Demetri die Tür öffnete, nahm er mich an die Hand. Verwirrt sah ich ihn an.
„Da ist nicht nur die Empfangsdame. Du hältst jetzt die Luft an, da ist ein Kind mit drin."
„Woher weißt du das so genau?" wollte ich wissen.
„Ich kenne das Kind. Es ist die kleine Tochter der Empfangsdame. Die Kleine kommt hin und wieder mal vorbei. Frag mich aber nicht, was die kleine Göre um die Uhrzeit hier treibt. Vielleicht hat sie den Babysitter schon wieder vertrieben." Brummte er genervt. Ich konnte im Moment nicht beurteilen, ob er genervt war, weil ich ihm wieder eine Frage gestellt hatte oder wegen dem Kind, das er offenbar nicht mochte.

„Du erkennst ein Kind aber auch an dem leiseren Herzschlag." Jetzt klang er wieder ganz ruhig. Stimmungsschwankungen waren bei ihm normal, da hatte ich mich mittlerweile daran gewöhnt. Kaum hatte er das mit dem Herzschlag erwähnt, konzentrierte ich mich auf das saftige Geräusch. Sofort hielt Demetri mir die Ohren zu und schüttelte den Kopf. Ich verstand sofort was er wollte und dachte angestrengt an irgendetwas belangloses. Ich wurde abschätzend gemustert, ehe er wieder die Hände von meinen Ohren nahm und wieder meine Hand ergriff. „Denk dran: nicht atmen." Erinnerte er mich, ich nickte stumm.

Demetri stieß die Tür auf und schloss sie hinter uns wieder. Wir kamen aus einer Art Geheimtür, die hinter einem schweren Vorhang versteckt war. Die, durch die wir nun gleich gehen mussten, lag auf der anderen Seite des Raumes und führte wieder nach Unten Sie war im hintersten Eck in einer kleinen Nische versteckt. Das erste Mal hatte ich gar nicht erkannt, dass es sich hierbei um eine Tür handeln sollte, bis sie schließlich geöffnet wurde.

Tatsächlich saß ein kleines Mädchen mit roten Zöpfchen auf dem Tresen und wurde gerade ruhig von ihrer Mutter zurechtgewiesen. Demetri begrüßte sie im Vorbeigehen, klang aber alles andere als freundlich. Er warf dem Kind einen giftigen Blick zu, woraufhin sie ihm nur die Zunge rausstreckte und eine lange Nase machte. Ihre Mutter schlug ihr daraufhin leicht auf den Hinterkopf und begann sich bei Demetri zu entschuldigen, verstummte aber plötzlich. Sie starrte mich schockiert an. Auch ich sah sie an und erkannte die Frau. Ich hatte sie heute beinahe umgebracht.

Schockiert riss sie ihre Tochter vom Tresen und stellte sich zwischen mich und ihr Kind, während sie mich grimmig ansah. Ein Grinsen konnte ich nicht unterdrücken, beachtete sie aber nicht weiter. Wenn ich wollte und Demetri nicht hier wäre, wäre es mir sicher ein Leichtes gewesen, beide zu töten. Und das, noch bevor es irgendjemand bemerkt hätte.

Ein lauter Knall ließ mich zusammenzucken. Demetri erstarrte auf der Stelle, zog mich aber dichter an sich und hielt mich vorsorglich fest. Wieder derselbe Knall. Erschrocken und verunsichert zugleich sah ich hoch zu meinem Mentor, der seinen Blick nicht vom Eingang abwandte.

Nicht einmal der Bruchteil einer Sekunde war vergangen, da stand Felix vor uns. Er schein wahnsinnig aufgebracht, stinksauer und irgendwie auch... überfordert? „Alter, was ist dein Problem?" wollte Demetri sofort wissen. „Die Schüler spielen verrückt. Ich kann machen was ich will, die beruhigen sich nicht. Beinahe die gesamte Schülerschaft prügelt sich gerade!" Berichtete er stocksauer.

Demetri lachte nur, aber ich nicht. Einerseits hatte ich Angst um meine Freunde, die vielleicht verletzt werden könnten. Andererseits verstand ich, dass Felix die Meute nicht ruhig bekam. Wer schon einmal in einer Massenschlägerei gewesen ist, weiß, dass sich das Ganze immer weiter hochschaukelte. Vielleicht würde es sogar schwer Verletzte oder sogar Tote geben.

„Geh vor, ich komm gleich nach. Ich muss erst einmal Arina zurückbringen." Demetri war die Ruhe selbst. „Ich kann auch alleine zurück." sagte ich sofort. Je schneller das Ganze wieder unter Kontrolle war, desto geringer war die Gefahr, dass jemand wirklich ernsthaft verletzt wurde. „Auf keinen Fall!" Da waren sich die Beiden aber sofort einig. Sie waren regelrecht schockiert über meinen Einfall. Klar, ich stand unter Daueraufsicht, aber das war doch ein Notfall, oder? Zudem wusste Demetri immer genau, wo ich war.

Felix sah seinen Kumpel kurz an, ehe er wieder davonlief. Demetri packte mich am Arm und zog mich sofort in die Richtung der Tür, als plötzlich die Eingangstür wieder aufgerissen wurde und mehrere Personen mit schweren Schritten, schnellem Herzschlag und vollkommen außer Atem in das Gebäude und den kleinen Raum stürzten. Demetri reagierte schneller als ich es in dem Moment hätte können. Sofort stopfte er mich hinter die zweite Tür, die wir nachher ohnehin hätten passieren müssen, ehe er sie wieder zu knallte und sich den Schülern widmete.

„Was macht ihr hier?!" fragte Demetri empört. „Da- da- draußenprügelnsichalle!" presste jemand angestrengt hervor. Sofort erkannte ich die Stimme von Raverna. Schockiert lauschte ich was da los war. „Das weiß ich auch!" antwortete Demetri und schob die Beiden wieder Richtung Ausgang. „Sie verstehen das nicht! Die prügeln gerade ein paar von uns zu Tode! Die liegen am Boden und die treten die ganze Zeit nach ihnen!" versuchte sie zu erklären.
„Felix kümmert sich gerade darum, ich komm gleich nach. Geht schon mal vor!" Würde mein Herz noch schlagen, wäre es jetzt wohl stehen geblieben, als Raverna weiter sprach. „Kevin liegt am Boden! Er bewegt sich nicht mehr!" schrie sie ihn an.

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Rakete 3
Heute etwas kurz geraten, aber dafür könnt ihr euch
schon mal auf morgen freuen. Denn dann heißt es:
Schluss mit den Fillern :D
Dann geht es wieder spannend weiter ;)  


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