Zeitvertreib

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"Wo bringst du mich jetzt hin?" fragte ich nach einer Weile des Schweigens. "Ich zweig dir erst mal dein Zimmer." antwortete er und ließ meine Hand wieder los.
"Aber ich hab doch eines..."
"Das darfst du aber nicht mehr benutzen."
"Wieso?!"
"Weil die Menschen in dem Gebäude wohnen. Die Vampire haben andere Zimmer."
"Damit wir ja nicht in Kontakt mit ihnen kommen?"
"Genau. Das dient mehr zum Schutz deiner alten Klassenkameraden, als zu deinem Schutz."
"Ach ja? Ich dachte, sie sollen nicht wissen, was mit mir passiert ist, das also eher mir helfen soll, mich vor ihnen zu verstecken. Aber was hat das mit ihrem Schutz zu tun?"
"Das ist eines der ersten Dinge, die ich dir erklären werde. Im Unterricht. Vorerst ist es einfach nur wichtig, dass du dich den Menschen nicht zeigst."
"In Ordnung." gab ich mich letztlich geschlagen.

Wir gingen zahllose Gänge entlang, mehrere Treppen hinauf, andere wieder runter... Es kam mir hier vor wie in einem Labyrinth. "Wie kann man sich hier denn zurecht finden?" fragte ich mehr mich selbst, als meinen Mentor. "Vampire vergessen nichts." antwortete er. "Damit fällt es uns relativ leicht, die Wege hier zu finden. Weißt du erst einmal, wo was ist, kannst du hier blind umher laufen. Mach dir jetzt aber erstmal keinen Kopf darum, du wirst die erste Zeit ohnehin nicht alleine durch die Gänge gehen dürfen. Dient nur zur Kontrolle, beziehungsweise zur Sicherheit." erklärte er.

Wir kamen an eine große Flügeltür. "So, dahinter befindet sich ein Korridor, der zu den Zimmern, aber auch zu einem Gang führt, der im Keller des Schulgebäudes endet. Du darfst nicht in die Sonne." Demetri stieß die Tür auf . Zum Vorschein kam ein ungefähr zwanzig Meter langer, breiter Gang, an dessen Ende zwei weitere Gänge jeweils nach Rechts und links führten, in der Mitte befand sich ein Bogen, der mit einem schweren, roten Vorhang abgedeckt war. "Was ist da hinten?" wollte ich neugierig wissen. Das mit der Sonne interessierte mich gerade wenig. Das würde ich ja wahrscheinlich ohnehin bald lernen. "Sieh nach." Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und ging zum Bogen. Ich griff nach dem samtigen Stoff und schob ihn soweit beiseite, dass ich hinein sehen konnte. Es war ein Raum, der genauso aussah, wie der Aufenthaltsraum im Wohngebäude. Auch die Treppe war da. "Ja, da geht es zu den Zimmern. Es ist genauso aufgebaut wie drüben. Der linke Gang führt in die Trainingshalle, der rechte zu Schulgebäude." erklärte er. "Bedeutet das denn, dass auch die Zimmer gleich sind?" Ich begann zu hoffen, dass das hier alles sogar ganz cool werden würde. Demetri antwortete nicht, sondern zog nur einen kleinen, goldenen Schlüssel aus seiner Hosentasche und hielt ihn mir entgegen. Etwas zögerlich nahm ich diesen entgegen. "Die Zimmer sind die gleichen. Nur gibt es keinen Balkon, da wir hier ungefähr 20 Meter unter der Erde sind. Und es gibt jeweils nur 10 Zimmer: 10 für Mädchen, 10 für Jungs. Deines ist wieder das letzte. Am Besten, du gehst gleich mal hoch."

Ich ging sofort die Treppen hoch und zu dem Zimmer, das wohl meines war. Demetri folgte mir wie ein Schatten und blieb an die Wand gelehnt stehen, als ich aufschloss. Ungeduldig drückte ich die Tür beiseite und warf einen Blick auf mein neues/altes Zimmer. Tatsächlich war alles ganz genau gleich, abgesehen davon, dass es keine Fenster gab. An deren Stellen hingen nun relativ moderne Lampen, die mindestens so viel Licht spendeten, wie die großen Fenster es mittags immer taten. "Das ist ja wirklich genau gleich." bemerkte ich unnötigerweise. "Sag ich ja. Übrigens, deine persönlichen Sachen werden dir nachher noch vorbei gebracht. Dann kannst du dich erstmal einrichten. Der Unterricht beginnt erst morgen. Ich denke, heute hast du erstmal genug durch gemacht." Demetri hatte hinter mir den Raum betreten und die Tür geschlossen. "Heute bleibst du erst mal hier, der Tag ist nicht mehr lange. Deine Erste Mahlzeit wirst du dann auch morgen im Rahmen des Unterrichtes einnehmen, ich hoffe, dass du es mit dem Durst solange aushältst." sagte er und ging einmal quer durch den Raum, bis er an der Lampe stand, die die Balkontür ersetzte. Er starrte sie so an, als würde er durch ein Fenster sehen. Tatsächlich bemerkte ich jetzt, da er es erwähnt hatte, den brennenden, kratzenden Durst in meiner Kehle. Viel heftiger, als kurz nach meiner Verwandlung. Ich hatte es zwar bemerkt, aber erfolgreich mit Hilfe all der neuen Eindrücken verdrängen können. Ich griff mir an die Kehle, als könnte ich den brennenden Schmerz somit ersticken. Es fühlte sich fast so an, als würden Flammen in meiner Kehle lodern, was die Erinnerung an die Verwandlung wieder viel zu lebendig hervorrufe. Schnell versuchte ich diesen Gedanken zu verdrängen.

"Sollte es doch zu schlimm sein, sag Felix nachher bescheid, wenn er dir deine Sachen bringt. Er kümmert sich dann darum." sagte Demetri und sah mich dabei wieder an. Ich nickte stumm, aus Angst, meine Stimme könnte versagen, sollte ich zu Antworten versuchen. "Das mit dem heftigen Durst wird sich in einem Jahr legen. Du gewöhnst dich schon daran." meinte er und klopfte mir auf die Schulter. Ich zuckte unter der fremden Berührung zusammen, was meinen Mentor zum Schmunzeln brachte. "Ich geh jetzt erst mal, ich hab noch ein paar Dinge zu erledigen. Du bleibst in deinem Zimmer, Felix ist in ungefähr einer Stunde bei dir." verkündete er noch, ehe er den Raum verließ und die Tür hinter sich abschloss. Ich setzte mich nur auf das Bett, ehe ich mich hintenüber fallen ließ, und mich zusammen rollte. Ich starrte einfach an die Wand und versuchte krampfhaft, meine Gedanken auf etwas zu lenken, was mich den Durst vergessen lassen würde.

Automatisch dachte ich darüber nach, wie ich dieses quälende Verlangen stillen könnte. Mir war klar, dass ich dafür Blut trinken müsste, wohl sogar dafür töten müsste. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie viel mir das ausmachen würde, einem Menschen das Leben zu nehmen, nur, damit ich meinen Durst an seinem Blut stillen könnte. Süßes, warmes Blut... Ich schüttelte schnell den Kopf, um diese Gedanken los zu werden. Ich verbannte sie regelrecht aus meinem Schädel. Mir gelang es sogar, einfach nur an die Wand zu starren, ohne über irgend etwas nachzudenken, geschweige denn, überhaupt zu denken. Zunächst hatte ich versucht einzuschlafen, gab dies aber schnell wieder auf, als es nicht klappte.

Keine Ahnung, wie lange ich dort so lag, bis es an der Tür klopfte. Das konnte ja nur Felix sein! Sofort sprang ich auf und lief zur Tür. Noch nie hatte ich mich so gefreut, einen Lehrer zu sehen. Ich öffnete ihm und sah, dass er mit vier Kisten beladen war, die er geschickt aufeinander gestapelt hatte und in den Armen hielt. Neben ihm stand ein riesiger Koffer, in dem sich vermutlich meine Kleidung befand. Ohne irgendetwas zu sagen, verlagerte er die Kisten (ohne, dass sie auch nur ansatzweise schwankten!) auf den linken Arm, und nahm das Monster von einem Koffer in die rechte Hand. Sofort ging ich ihm aus dem Weg, als er alles in mein Zimmer brachte. Die Kisten stellte er auf dem Boden ab, nachdem er den Koffer auf mein Bett gelegt hatte. "Das wäre alles. Du hast verdammt viele Klamotten." bemerkte er, als er die letzte Kiste abstellte. Kaum hatte er sich aufgerichtet, sah er mich an. "Alles okay?" fragte er nach. Verwirrt sah ich ihn an, verwundert über diese unerwartete Frage. "Ich meine deinen Durst. Hältst du es bis morgen aus?" half er mir auf die Sprünge. Ich brauchte darüber nicht nachzudenken und schüttelte stumm den Kopf. "Hab ich mir schon gedacht." seufzte er. Felix ließ mich einfach stehen, ging einen Schritt aus meinem Zimmer raus, bückte sich und griff um die Ecke, ehe er sich wieder aufrichtete und zu mir kam. Mit ausgestrecktem Arm hielt er mir einen Becher hin, der mich an einen großen Kaffee to go erinnerte. Etwas unsicher nahm ich das Getränk entgegen. Ich traute mich nicht zu fragen, was sich in dem mysteriösen Becher befand, weil ich die Antwort ohnehin schon kannte. "Trink einfach. Der Gedanke daran, Blut zu trinken, mag im Moment vielleicht noch etwas abstoßend sein, aber wenn du es einmal probiert hast, wirst du so nie wieder denken." Als er das sagte, klang er wirklich sehr sicher. Also vertraute ich ihm vorerst einmal. Vorsichtig, als wäre das Blut extrem heiß, nippte ich an dem Becher. Ich hatte Angst, dass es widerlich schmecken würde, oder dass es sich komisch in meinem Mund anfühlen würde. Aber das Gegenteil war der Fall: es war etwas dicker als Wasser, aber herrlich süß. Selbst dieser winzige Schluck schien den brennenden Schmerz in meinem Hals zu lindern. Noch bevor ich es wirklich realisiert hatte, hatte ich bereits den ganzen Becher geleert. Auch das Brennen hatte sehr nachgelassen, es war nicht verschwunden, aber fast weg.

Felix nahm mir den Becher ab. "Morgen bekommst du eine angemessene Portion für eine Neugeborene. Bis Morgen ist es nicht mehr lang, und so ist das Schlimmste einmal gelindert. Richte dich hier erst einmal ein, das lenkt dich zusätzlich ab. Danach kannst du ja lesen oder sowas." meinte er und ging zur Tür. Er stand schon auf der Schwelle, als er sich noch einmal umdrehte und mich eindringlich ansah. "Ach ja, es ist wirklich wichtig, dass du hier in diesem Zimmer bleibst. Demetri holt dich dann Morgen ab. Wir sehen uns dann beim Unterricht." Dann war er auch schon verschwunden.

Ich befolgte seinen Rat und räumte erst einmal all meine Sachen ein. Dabei ging ich viel gründlicher vor, als nötig gewesen wäre. Ich rückte ewig an jedem einzelnen Buch herum, faltete all meine Klamotten, sowie die Handtücher und sogar die Waschlappen zusammen und arrangierte meine Kosmetika solange neu, bis ich schließlich zufrieden war. Meine persönlichen Sachen stellte ich mehrmals um, um zu sehen, wie sie an verschiedenen Plätzen im Raum wirkten, bis ich mich schließlich für die erste Variante entschieden hatte. Aber irgendwann war ich dann fertig. Also nahm ich mir auch Felix' zweiten Ratschlag zu Herzen, schnappte mir ein Buch mit dem Titel 'Light & Darkness' und begann zu lesen. Glücklicherweise war es ein Buch, dass ich mir kurz vor der Verwandlung erst besorgt hatte und noch nicht dazu gekommen war, dieses zu lesen. So vertrieb ich mir die Zeit, bis zum nächsten Tag. Allerdings merkte ich, dass ich viel schneller lesen konnte, als es mir noch als Mensch möglich gewesen war. Also war ich auch gezwungen, hier, schon fast quälend, langsam vorzugehen.

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Hi Leute :D
Sorry, dass es am Donnerstag doch nicht
geklappt hat. Das Internet wollte nicht
mitspielen - ganz wie befürchtet.
Gestern kam ich dann erst so spät heim,
dass ich einfach keine Lust mehr hatte,
irgendetwas zu tun. Ich bin einfach nur
noch ins Bett gefallen.
Aber jetzt hab ich das versprochene
Kapitel ja hochgeladen und hoffe, dass
es euch gefallen hat.
Das nächste Kapitel folgt dann wieder
nächsten Donnerstag :D

Die Schule der angehenden WachenTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang