Chapter 74.

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Taehyung

Leise betrat ich mein Zimmer, schloss die Tür hinter mir und begab mich mit großen, aber langsamen Schritten auf den Jungen zu, welcher in meinem Bett lag. Er trug eines meiner Shirts und war mit seinem Rücken zu mir gedreht, zum Großteil eingekuschelt in eine Decke mit einem Tee neben ihm, den ich vorhin hatte bringen lassen, sowie ein paar Kekse, falls er Hunger bekam, das Zimmer aber nicht verlassen wollte. Wofür ich vollstes Verständnis hatte, auch wenn meine Angst, ihn zu verlieren, deswegen deutlich intensiver wurde. Ihn so zu sehen war unglaublich schmerzhaft. Dieses Stechen in meiner Brust war fast schon unerträglich, diesen perfekten Jungen so fertig zu sehen.

All das musste überwältigend gewesen sein. Es war alles so viel auf einmal, zudem hatte er seinen ersten Menschen getötet. Auch wenn es Notwehr war, erinnerte ich mich gut daran, wie ich mich nach meinem ersten Mal gefühlt hatte. Es war schrecklich gewesen, hatte mich vollkommen eingenommen aber ich wusste, wofür ich es tat. Um die, die ich liebte, zu beschützen. Es war ein Hin und Her meiner Gedanken, da mir alles sagte, zu verurteilen, was ich tat. Aber auf der anderen Seite ich genau das nicht tat. Irgendwann zumindest verschwand dieser Gedanke vollkommen.

Dennoch hatte ich gehofft, zumindest das von Jungkook fern zu halten. Den Tod mit anzusehen, geschweige denn jemand anderen verletzen oder sogar töten zu müssen. Ich hatte verstehen und damit Leben müssen, dass ich nicht alles von meinem Leben von ihm fern halten konnte, ihn veränderte, durch ein Leben an meiner Seite, doch das... Hatte ich mir niemals für ihn gewünscht.

Setzte mich also neben den eingekuschelten Körper des Jüngeren auf das Bett und wanderte mit meiner Hand sanft in seine Haare, um durch diese zu fahren und leise zu seufzen. Ihn zu beobachten, wie er so ruhig in meinem Bett lag, von mir gedreht, damit er mich nicht ansehen müsste. Den ganzen Tag schon lag er nur hier, weswegen ich mir langsam ehrlich Sorgen machte und dazu entschloss, nach ihm zu sehen und sicher zu stellen, dass es ihm den Umständen entsprechend einigermaßen gut ging.

"Es tut mir leid, dass das vorhin passiert ist. Ich wollte dich niemals in das hier involvieren noch sehen, wie du Dinge tust, die du sonst nicht tun würdest. Dennoch kannst du auch nicht von mir verlangen, dass ich Dinge tue, die ich sonst nicht tun würde" meinte ich sanft, denn ich meinte es auch so. Ich zwang Jungkook nicht dazu, auch wenn ich zum Teil versucht hatte, einen Teil meines Lebens geheim zu halten, aus Angst, er würde mich sonst verlassen. Jedoch zwang ich ihn niemals dazu, hier bei mir zu bleiben.

Auf der einen Seite aber blieb ich ein Egoist. Denn tief in mir wusste ich, dass er schon längst nicht mehr gehen konnte. Da er mich liebte. So wie ich ihn liebte.

"Du meinst... Leute umbringen, ihr Geld nehmen und für Menschen die du liebst... Sterben?" kam es, ein wenig nachdenklich und unsicher aus dem Jüngeren, welcher sich dann auch schon langsam zu mir umdrehte und in die Augen sah. Meine Hand, welche zuvor noch in seinen Haaren gewesen war, nahm er und schmiegte sich einen Moment lang an diese, während ich den Jungen vor mir aufmerksam und mit leicht gesenktem Blick musterte.

"Jungkook... Du wusstest, wer ich bin seit dem ersten Mal, als wir uns gesehen haben. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, wer ich bin und dich entscheiden lassen, was du aushälst und was nicht. Ich kann mein Leben nicht von dir fern halten." erklärte ich Jungkook, obwohl er das eigentlich schon längst wusste. Und trotzt meiner Worte wusste ich auch, dass ich eine Weile lang ihm gegenüber ein wenig egoistisch gewesen war.

Ich hatte teilweise doch Dinge vor ihm verborgen, nicht den ganzen Teil meines Lebens gezeigt, diesen Teil, weil meine Angst so groß war, verlassen zu werden. Von dem Jungen, den ich so unglaublich sehr liebte. Ich konnte das, was ich in seiner Nähe fühlte kaum mehr in Worte fassen, so intensiv war es geworden. Schon von Anfang an hatte er mich in seinen Bann gezogen und dafür gesorgt, dass ich mehr über ihn wissen und mehr Zeit mit ihm verbringen wollte. Bis ich mehr für ihn empfand, immer und immer Besitzergreifender ihm gegenüber wurde und meine Dominanz und Beschützerinstinkt zunahm.

Ich hasste es, daran zu denken, dass er mich vielleicht irgendwann verlassen und einen anderen lieben würde. Der ihn berührte, in seinen Armen hielt und ein einfaches, normales Leben geben könnte. Das, was er verdiente.

"Aber ich... Ich liebe dich, Taehyung. Ich kann nicht einfach so gehen und dich hinter mir lassen, weil du ein Mafia Boss bist der Menschen umbringt und Dinge tut, die... Ich kann es nicht, weil ich dich liebe. Und um ehrlich zu sein will ich es auch garnicht"

"Ich hatte Angst vor dem, was dieser Kerl mir hätte antun können und wegen dem, was du getan hast. Zu sehen... Wie einfach es dir fiel, ihn einfach umzubringen. Aber ich liebe dich. Und ich... Fühle mich sicher... Wenn ich bei dir bin." meinte der Jüngere und setzte sich langsam auf, nahm erneut meine Hand und legte sie an seine Wange. Weswegen ich sie auch dort behielt, etwas näher zu Jungkook rutschte und seinen, mir gerade so fragil erscheinenden Körper an meinen heran zog.

Es musste ihm unglaublich schlecht gehen, was ich nicht nur an seinen roten, leicht geschwollenen und verheulten Augen erkannte. Mir war wohl bewusst, dass ihn das von vorhin nicht kalt ließ. Bis jetzt hatte er ein gewöhnliches Leben gelebt, ohne all das, was in meinem Leben passierte und nicht einmal daran gedacht, so etwas zu tun. Sein Leben veränderte sich an meiner Seite. Und er verurteilte sich dafür, dass er hier bleiben und dieses Leben leben wollte.

Es war ein moralisches Dilemma, in dem er sich befand, welches ihn unglaublich durcheinander bringen musste. Weswegen ich nichts anderes tun konnte, als ihn in meinen Armen zu halten und Geborgenheit und Nähe zu schenken.

"Ich... Habe mich sicher gefühlt, als du diesen Kerl umgebracht hast. Je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto... Sicherer habe ich mich gefühlt weil ich gesehen habe, was du für mich tun würdest."

"Taehyung ich... Ich liebe dich zu sehr, um dich zu verlassen. Aber ich habe Angst... Solch eine Angst, dass du wegen mir verletzt wirst" wimmerte er und erneut rollten Tränen der puren Angst seine hübschen, roten Wangen herunter. Ein Anblick, den ich hasste. Zu sehen, wie er weinte, wie er wegen mir weinte und hilflos in meine Arme fiel und sich an mich klammerte. Er schlang seine Arme um meinen Torso, krallte sich in meinen Rücken und weinte leise gegen meine Brust. Während mir immer mehr bewusst wurde, was für ein Arsch ich war.

Ein Egoist, dafür, dass ich ihn an mich gebunden hatte und deswegen Schuld an all dem hier war. Schuld an diesen schweren Tränen, die sein hübsches Gesicht herunter rollten und mein Hemd durchnässten. Ich hasste es, ihn so zu sehen und versuchte, dieses schmerzhafte Ziehen in meiner Brust zu ignorieren.

Weil ich wusste, dass ich die Schuld für seinen Schmerz trug.

"Es tut mir so leid... Jungkook. Ich hätte dich am allermeisten vor mir selbst schützen sollen"

~

Hach Taetae

Sweet Evil // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓ Where stories live. Discover now