35 - [Hässlich & Wunderschön]

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"Mit dir ist es sofort schöner." Lächelte Jimin, während wir beide durch den Wald gingen. Die einzige Lichtquellen waren der Mond und die Taschenlampe von Jimin, die beide lange Schatten warfen. Aber da ich sowieso im Dunklen sehen kann, was sich noch mal durch meine Zeit im Sarg deutlich verbessert hat, können von mir aus beide Lichtquellen erlöschen. "Wenn ich das hier alleine tun müsste..." Jimin schüttelte seinen Kopf und rieb sich über seine Arme. "Gruselig."

"Schön." Meinte ich nur leise, woraufhin er überrascht zu mir sah, dies sich aber nicht anblicken lassen wollte.

"Schön?" Wiederholte er meine Worte. "Was meinst du?" Ich deutete mit einer Armbewegung auf alles um uns herum. "Den dunklen Wald?" "Mh." Jimin sah nicht so ganz überzeugt davon aus. "Obwohl hier ein Vampir herumlaufen soll, der zwei Wanderer umgebracht haben soll? Findest du das gar nicht gruselig?" Ich tippte auf meine Nasenspitze. "Stimmt, stimmt, du bemerkst ihn natürlich schon viel früher, als ich. Ach", seufzte Jimin. "Manchmal wäre ich gerne auch ein Vampir. Was denkst du, wäre ich ein guter Vampir?"

Ich schüttelte schnell den Kopf. "Hässlich."

So weit ich das deuten konnte, sah Jimin irgendwie verletzt aus, was ich aber nicht verstand.
Der Fluch ist etwas wirklich Hässliches. Ich würde freiwillig keinen zu dem Monster machen, welches ich auch bin. Jimin sagte nichts, deshalb sagte ich auch nichts und wir gingen in Stille weiter.

Bis ich dann endlich den anderen Vampir bemerkte, etwa fünfhundert Meter rechts von uns. Ich legte meine Hand an Jimins Schulter und blieb stehen. Er verstand und sah mich fragend an. Ich deutete in die Richtung des aktiven Vampiren, woraufhin Jimin nickte. "Machen wir es einfach", flüsterte er. "Renn zu ihm, kontrolliere ihn und ich kümmere mich um den Rest."

Gesagt, getan.

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Jimin verhält sich schon die letzten zwei Stunden anders. Es gefällt mir nicht. Er soll reden und so eine tolle Stimmung erzeugen. Ich verstehe, das ging schlecht, als wir einen gefangenen Vampir hinten im Auto hatten, aber jetzt... Wir sind alleine und er sagt nichts. Das macht mich verrückt!

Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, doch ließ es dann schnell wieder, da ich mir nicht sicher war, ob das irgendwie helfen würde. Was, wenn seine Stimmung mit mir zu tun hat? Dann will er bestimmt nichts mehr von mir hören. Deswegen die Stille! Oh Gott, mag Jimin mich nicht mehr? Nicht, dass er mich wieder verlässt, so wie sonst jeder in meinem Leben!

"Und wir sind da- Alles okay?" Fragte Jimin besorgt. Ich nickte und versuchte nicht wie ein zittriger kleiner Junge zu wirken, als ich aus dem Auto kam. Leider passierte genau das, als Jimin wieder den kleinen Fahrstuhlraum erschienen ließ und ich automatisch drei Schritte nach hinten ging. "Soll ich die Treppe mit dir gehen?" Ich antwortete nicht, sondern lief in drei Sekunden zu seiner Tür hoch, wo ich dann auf ihn wartete.

Als Jimin ankam, sah er mich nur mal kurz nett an, dann öffnete er die Tür und trat ein. Schnell, bevor er mich aussperren konnte, trat ich auch ein, was ihm aber nicht auffiel, da er sich die Schuhe auszog. Ich tat es ihm gleich. "Ich gehe noch Duschen, dann schlafen, ja?" Ich nickte. "Gut." Er ging und ich stand verloren da.

Nach ein paar Momenten ging ich ins Schlafzimmer, legte mich in sein Bett und konnte gar nichts dagegen tun, ihm beim Duschen zuzuhören. Als die Dusche irgendwann stoppte, schloss ich schnell meine Augen und legte mich zur Seite. Jimin kam irgendwann, musste, wie immer, über mich kommen und deckte sich dann auch zu. Mit dem Rücken zu mir...

Ein paar Minuten schaffte ich es in dieser Stille, dann wurde mir Jimins Verhalten zu viel. "Bleib bitte."

"Oh?" Schnell drehte er sich zu mir. "Was meinst du?"

"Bei mir."

"Warum... warum sollte ich nicht mehr bei dir sein?" Ich zuckte mit meinen Schultern. Es gibt viel zu viele Gründe, um sie aufzulisten. Zum Beispiel, weil ich ein Monster bin. Er kann sich einen Grund aussuchen. "Yoongi, ich werde dich nicht verlassen." Seine Hand fand meine unter der Bettdecke. Ich klammerte meine Hände um sie.

Und so verblieben wir ein gutes Stück Zeit und beinahe wäre ich selbst schon eingeschlafen, da: "Findest du mich wirklich hässlich?", durchbrach Jimin die Stille im Flüsterton.

Hässlich? Wie kommt er denn darauf? Das einzige mal, dass ich dieses Wort in seiner Anwesenheit angewendet habe, war als... Oh. Vielleicht habe ich mich etwas schlecht ausgedrückt.

"Wunderschön." Murmelte ich und rutschte näher an ihn heran, so dass ich seinen Atem an mir spüren konnte. "Du. Der Fluch..." Ich schüttelte meinen Kopf. "Hässlich."

"Oh!" Ich spürte, wie sein ganzer Körper sich entspannte. "Oh, das... Ich habe gedacht- Wunderschön?"

"Mh." Bestätigte ich und ließ eine Hand von seiner ab, damit ich ein paar Haare aus seinem Gesicht streichen konnte. Das passierte, ohne das ich daran dachte, als wäre es in meiner Natur.

"Du bist auch wunderschön."

Das... das hat mir schon lange keiner mehr gesagt. Die letzte Person war meine Frau, als sie mich noch erkannt hat- bevor das Alter sie krank hat lassen werden. Ob es heutzutage schon Medikam-

Jimin legte seine Lippen an meine.

Oh. Das ist... warm.

Ich schloss von selbst meine Augen und ließ es zu. Wärme breitete sich in meinem ganzen Körper aus.
Leider löste Jimin sich dann und drehte sich dann wieder um, nahm meinen Arm mit sich mit, damit er um ihn herum lag. Er sagte nicht mehr. Das einzige, was ich von ihm hörte, war sein schneller Herzschlag.

Und hätte ich auch einen, so würde er im Einklang mit seinem schlagen.

𝐄𝐭𝐞𝐫𝐧𝐚𝐥 | ʸᵒᵒⁿᵐⁱⁿWhere stories live. Discover now