Kapitel 11

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„Ich versteh die Welt nicht mehr! Warum wolltest du denn so schnell weg? Fast habe ich gedacht, du willst ihm eine Abfuhr erteilen. Findest du ihn jetzt nett oder nicht?"

Als sie durch die Gänge der Bibliothek eilten, warf Joella ihr einen prüfenden Blick zu.

Kira stöhnte. „Mann, Joella, ich habe ihm keine Abfuhr erteilt! Ich habe ihm ja sogar meine Adresse gegeben. Ich wollte nur wegen meinem übermotivierten Bodyguard schnell weg. Wenn der ihn hier angetroffen hätte, hätte er ihn womöglich gelyncht!"

Joella grinste. „Und dich noch dazu! Er klang ziemlich aufgebracht!" Sie lachte leise vor sich hin. „'Bodyguard kommt Schutzperson abhanden' -, das wäre doch mal ein toller Artikel im Trierer Wochenspiegel!"

„Da denkt jeder erst mal daran, dass die Schutzperson umgebracht wurde." Kira rümpfte missbilligend die Nase.

„Keine Sorge, du wirkst noch recht lebendig", kicherte Joella. „Ein bisschen miesepetrig, aber lebendig. Was wollte dein Bodyguard eigentlich? Er war ganz schön in Fahrt!"

Im Vorbeilaufen kickte Kira eine zerknüllte Papiertüte, die auf dem Boden lag, ein paar Meter weiter durch den Gang. „Ihm passt meine Selbstständigkeit nicht, das ist alles. Sicher wird ihm bald einfallen, mir eine Fußfessel zu verpassen!"

Joella lachte. „Du übertreibst! So schlimm kann er ja gar nicht sein!"

„Hast du eine Ahnung, er ist absolut nervig. Es gibt ja Helikoptereltern ...", brummelte Kira leise. „Jetzt weiß ich, dass es auch Helikopterbodyguards gibt."

Sie hatten die Eingangstür der Bibliothek erreicht. Kira zögerte. Wer verpflichtete sie, diesem Bodyguard zu gehorchen? Entschied sie das nicht selbst? Sie wandte sich zu Joella um. „Ich soll ihn treffen, jetzt gleich, auf dem Platz unten. Wahrscheinlich hält er mir dann die nächste Standpauke." Sie seufzte.

Joella linste durch die Glastür nach draußen. „Ich glaube, ich sehe ihn. Er steht da drüben bei dem Baum, oder?!" Sie zeigte auf eine große Gestalt mit Schiebermütze, die wartend unter einer Platane stand.

Kira grummelte als Antwort etwas Unverständliches.

Als sie ins Freie traten, hatte es aufgehört zu regnen. Die Sonne schien auf den durchnässten Platz und ließ die sattgrünen Blätter der Bäume aufleuchten. In den Pfützen spiegelte sich der Himmel.

Joella warf Kira einen aufmunternden Blick zu. „Es wird schon werden! Ich verziehe mich dann jetzt mal lieber ..."

„Ist wohl besser, ja", brummte Kira. „Könnte ja sein, dass ich eine Genehmigung einholen muss, wenn ich mich mit einer Freundin treffen will."

Joella kniff die Augen zusammen. „Was Albiel wohl zu deinem Freund Lian sagen würde?", flüsterte sie.

Kira spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. „Lian ist nicht mein Freund!", brummelte sie und ärgerte sich, weil ihre Stimme so gereizt klang. „Ich kenne ihn ja gar nicht", fügte sie möglichst gleichgültig hinzu und nahm sich zum wiederholten Male vor, ihre überbordenden Gefühle besser in den Griff zu kiregen.

„Gut genug, um eifersüchtig zu sein, habe ich den Eindruck." Joellas Nase kräuselte sich und ein kleines Lächeln spielte um ihre Lippen. Sie gab Kira einen liebevollen Klaps auf die Schulter. „Weißt du, auch wenn ich ihn sympathisch finde, würde ich ihn dir nie wegnehmen. So gut solltest du mich kennen."

Kira nickte verlegen. „Das weiß ich. Du bist nur immer so - ... ach, vergiss es. Danke."

Mit einem „Take it easy! Dein Aufpasser wird dir schon nicht den Kopf abreißen" verschwand Joella um die Ecke.
*

Albiel erwartete sie mit gerunzelter Stirn.

Im Schatten des PhönixDonde viven las historias. Descúbrelo ahora