1 | 21. Kapitel

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Rasch, um nicht noch von einem Lehrer in den Gängen erwischt zu werden, lief ich zurück in den Gemeinschaftsraum in den Kerkern. Noreen war nicht da. Hatte ich etwas anderes erwartet? Sie war wohl immer noch sauer auf mich. Ich war echt nicht fair gewesen, oder? Seit Beginn der Prüfungen ignorierte sie mich jetzt schon. Seit dem Abend in der Bibliothek. 

In Gedanken versunken ließ ich mich in einen der grünen Sessel fallen und beobachtete die schwachen Lichtspiegelungen, die durch das Fenster zum schwarzen See hereinfielen. In zwei Wochen begannen die Sommerferien. Dann wäre mein erstes Jahr hier auf Hogwarts vorbei und es ginge zurück nach Cokeworth. Ich würde die Schule garantiert vermissen. 

Allmählich wurde es ruhiger im Gemeinschaftsraum und auch die Lichtpunkte verschwanden einer nach dem anderen. 

Meine Augenlider wurden schwer und es kostete mich immer mehr Anstrengung wach zu bleiben. Doch schließlich verlor ich den Kampf, schloss meine Augen und glitt in einen erholsamen Schlaf ...

... aus dem ich von einem lauten Schrei geweckt wurde. Ich schreckte sofort hoch, hatte meinen Zauberstab schon in der Hand und einen Fluch fast ausgesprochen, als ich sie erkannte - Noreen.

"Was machst du denn hier?"

"Dasselbe könnte ich dich fragen!" Noreens Augen waren rot unterlaufen. Wahrscheinlich hatte sie geweint. Wegen mir. Erneut. Schuldgefühle packten mich und ich ließ auf der Stelle meinen Zauberstab sinken. "Hey Reen, es tut mir leid! Ich habe es nicht so gemeint, nur ... weißt du, ich bin so erzogen worden - also, skeptisch zu sein."

Sie nickte und als ich einen Schritt auf sie zu ging, fiel sie mir um den Hals. Okay ... Unbeholfen strich ich ihr über den Rücken. "Reen ... Alles in Ordnung?" Die Frage erübrigte sich wohl. Noreen schluchzte an meiner Schulter als gäbe es kein Morgen. Mir war das Ganze mehr als unangenehm. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mit ihr umgehen sollte.

Daher war ich froh, als sie sich endlich von mir löste und fast unverständlich murmelte: "Ich habe dich vermisst, Cat. Vor allem deinen moralischen Beistand vor den Prüfungen. Dein Vater hat mir immer so seltsam über die Schulter geschaut. Wetten, dass ich durchgefallen bin?"

Erleichtert darüber, dass sie wieder normal war, grinste ich sie an. "Mein Vater ist immer so. Kennst ihn doch."

Ich plumpste zurück in meinen Sessel. Noreen tat es mir gleich. "Sag mal, du bist doch mit diesen drei Gryffindors befreundet."

"Das Thema hatten wir doch schon, Reen. Ich verstehe mich einigermaßen mit ihnen, aber ob man das Freundschaft nennen kann? Wahrscheinlich dann am ehesten mit Harry." Meine Stimme versagte in Richtung Ende des Satzes, was vielleicht daran lag, dass mir die drei nicht unbedingt egal waren. Es belastete mich, dass ich kein normales Wort mit Ron wechseln konnte und auch Hermine recht vorsichtig mir gegenüber war. Aber vor allem hasste ich es, wie sie immer über meinen Vater herzogen. Er war nicht sonderlich nett zu ihnen - beileibe waren sie zu hundert Prozent nicht die Einzigen die ihn hassten. Sie mussten aber nicht unbedingt in meiner Anwesenheit über ihn herziehen. "Wieso fragst du überhaupt?"

"Ich dachte, du wüsstest, wieso sie so spät noch in den Korridoren unterwegs sind. Uns soll es nicht stören. Das letzte Mal haben sie Slytherin damit an die Spitze der -"

"Was?", unterbrach ich sie mitten im Satz. "Du hast Harry, Ron und Hermine in den Korridoren gesehen?" Zwar wusste ich nicht, was im dritten Stock verborgen sein sollte, doch ich musste an den Abend bei Hagrid in der Hütte denken. Was, wenn sie jetzt dachten, mein Vater versuchte was auch immer zu stehlen? Wenn sie womöglich versuchten, selbst zu diesem Etwas zu kommen? Keine Ahnung, wieso ich mir solche Sorgen machte, doch mein Gefühl trog mich selten.

Noreen, von meinem plötzlichen Ausbruch ein wenig eingeschüchtert, gab immer noch keinen Ton von sich. "Verdammt, Noreen! Weißt du, ob sie in Richtung dritter Stock sind?"

"N.N.Nein. Sie sind i.in größter Eile an mir vorbeigelaufen, als ich aus der Bibliothek kam. Aber sie sind nach unten."

Ich fluchte. "Tut mir leid, aber ich muss hinterher."

Zügig, darauf bedacht nicht allzu viel Lärm zu machen, lief ich in Richtung dritter Stock. Allerdings kam ich nicht sonderlich weit. Schon auf der großen Marmortreppe wurde ich aufgehalten. "Caitlyn!", herrschte mich eine strenge Stimme an.

Ich zog den Fuß zurück, den ich gerade auf die nächste Stufe setzten wollte, und drehte mich mit schuldbewusster Miene zu meinem Vater um. "Ja?"

"Was machst du außerhalb der Kerker? Du solltest dich in deinem Bett befinden."

"Ähm ... Schlafwandeln?"

"Lüg mich nicht an!" Shit, er war wirklich wütend. Dabei erwischte er mich nicht zum ersten Mal nach Beginn der Nachtruhe im Schloss. Vielleicht hatte er einfach nur Stress wegen der Weasley Zwillinge. Sie hatten bei ihm im Unterricht die halben Kerker in die Luft gesprengt.

'Oder vielleicht ist an den Vorwürfen des Gryffindor-Trios doch etwas dran? Vielleicht versucht er wirklich was auch immer zu stehlen?', schlich sich eine ungebetene Stimme in meine Gedanken. Nein. Energisch schüttelte ich den Kopf, worauf ich einen fragenden Blick meines Vaters erntete. "Es tut mir leid, Vater. Ich werde umgehend zurück in die Kerker gehen."

"Auf der Stelle, Caitlyn! Ich will dich nicht mehr in den Korridoren herumwandern sehen - und sei es ein kleiner ... Nachtspaziergang. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?" Streng musterte er mich von oben bis unten. 

Gespielt resigniert seufzte ich. Ich hatte nicht vor, mich an die folgenden Worte zu halten. "Ja, Vater. Ich begebe mich dann wohl besser zurück in den Schlafsaal. Gute Nacht."

"Gute Nacht", erwiderte er nun mit sanfterer Stimme.

Ich nickte bloß, drehte mich um und tat so, als ginge ich zurück in die Kerker. Am Ende der Treppe angelangt, versicherte ich mich mit einem kurzen Blick über die Schulter, dass der Tränkemeister seine Tour fortgesetzt hatte und drückte mich seitlich hinter einen Wandteppich.
Jetzt musste ich nur sehen, wie ich es unbemerkt in den dritten Stock schaffte.

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