4 | 17. Kapitel

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Rasch stellte ich mich zwischen Draco und Noreen ans Geländer, von dem aus man, ganz ähnlich wie bei der Quidditchweltmeisterschaft, einen guten Blick in sämtliche Ecken der riesigen Arena hatte. Staunend betrachtete ich die zerklüfteten Felsen, die überall aus dem Boden ragten, eine unebene Fläche bildend, um in der Mitte zu einem flachen Podest zusammenzulaufen, auf dem unter einer Reihe granitfarbener Eier ein einzelnes Goldenes ruhte.

Angesichts der Größe dieses Stadiums war es nicht verwunderlich, dass ich so viel Zeit darauf verwendet hatte, meine Freunde im Gewühl der versammelten Schüler zu finden und jetzt kaum noch Zeit blieb, mehr als zwei Worte mit ihnen zu wechseln, da Ludo Bagmans magisch verstärkte Stimme bereits durchs Stadium hallte: "Willkommen! Willkommen zur 422. Quidditschw -", setzte er an, unterbrach sich jedoch selbst mit einem kleinen Lachen. "Nein Unsinn. Ich nehme euch doch nur auf den Arm."

Gehorsames Lachen drang aus einigen Reihen und ich nutzte die kurze Pause, um nach der Ex-Quidditchlegende Ausschau zu halten. "Wisst ihr, wo er steht?"

"Da hinten. Neben den Richtern."

Jetzt, nachdem Blaise es gesagt hatte, fiel auch mir der etwas rundliche, blonde Mann auf, der seinen Zauberstab an die Kehle haltend, mit seiner Rede fortfuhr: "Wir haben uns heute hier versammelt, um der ersten Aufgabe des Trimagischen Turniers beizuwohnen, welche, angesichts der vier Champions, verspricht besonders spannend zu werden. In der Mitte des Platzes, vielleicht sollte es einigen von Ihnen schon aufgefallen sein, befindet sich ein Gelege aus Dracheneiern."

Wie nicht wenige der Anwesenden schnappte ich nach Luft. Etwas in der Art hatte ich befürchtet und Harry sollte also tatsächlich an einem ausgewachsenen Drachen vorbeikommen? Bagmans nächste Worte bestätigten mir dies: "Wir werden gleich nacheinander vier Drachen hereinbringen und jeder Champion muss versuchen, dass goldene Ei zu ergattern. Selbstverständlich in der schnellstmöglichen Zeit. Es wird sicherlich nicht einfach werden, aber macht euch keine Sorgen. Unsere Drachenwärter stehen die gesamte Zeit bereit und sind im Notfall in der Lage einzuschreiten. Nun denn, da wir sicherlich alle darauf brennen, dass es endlich beginnt, werden wir jetzt als erstes Cedric Diggory dabei beobachten, wie er es mit seinem Drachen aufnimmt."

Ein Kanonenknall ertönte und Cedric Diggory, gekleidet in den Farben Hufflepuffs, trat aus einem der Zelte auf der anderen Seite, um seinem Drachen entgegenzutreten, den die Wärter unterdessen hereingebracht hatten. Von hier oben konnte ich seinen Gesichtsausdruck nur erahnen, doch machte er einen entschlossenen Eindruck, wie er da auf das Untier zu marschierte, welches ein lautes Brüllen ausstieß und über die Steine auf ihn zu kletterte.

Der Champion wich zurück und versuchte es auf der anderen Seite, in dem er außen um das Tier herumging, wobei er den Zauberstab die ganze Zeit auf das Untier gerichtet hielt. "Ich bin gespannt, was er versuchen wird", tönte Bagmans Stimme durch die Luft.

Die Menge schrie und tobte, jedes Mal, wenn Cedric ansatzweise in die Nähe des Drachen kam und Draco kommentierte jede einzelne Handlung, als wäre er selbst der Stadionsprecher und nicht Ludo Bagman, der ebenfalls sein Bestes gab, alle Anwesenden über das in Kenntnis zu setzen, was in der riesigen Arena vor sich ging.

Mit einem Mal ging ein Aufschrei durch die Menge. Cedric hatte einen der herumliegenden Felsbrocken in einen Hund verwandelt, doch als er am Drachen vorbeizukommen versuchte, erwischte ihn dessen Feuersalve seitlich im Gesicht. "Was ...?" Dem Stadiumsprecher schienen die Worte zu fehlen, doch im kurzen Moment der Panik rappelte Cedric sich wieder auf, stürzte nach vorne, schnappte sich das Ei und hob es in Siegespose empor.

"Da hat er uns jetzt aber einen Schrecken eingejagt. Nicht wahr?", rief er laut, offenbar auf eine Reaktion unsererseits aus, die nicht kam. Daher fuhr er zügig fort: "Wirklich sehr gut! Und nun die Noten der Jury!"

Nacheinander ließen die fünf Richter flammende Zahlen in der Luft erscheinen, während die Wärter die Drachen wechselten. Kaum war die letzte Zahl erloschen, echote Bagman: "Einer ist durch, drei haben wir noch. Miss Delacour, bitte!"

Innerhalb der nächsten halben Stunde, schafften es beide Vertreter der Gastschulen, mit einem einigermaßen annehmbaren Ergebnis an ihr goldenes Ei zu gelangen. Ich war eher gelangweilt. Fleur hatte bei jedem Schritt, den sie tat, den Eindruck einer Tänzerin vermittelt und ihren Drachen irgendwie in Trance versetzen können. Im Laufe ihres 'Auftritts' kam ich nicht umhin, die schmachtenden Blicke sämtlicher Jungs zu bemerken, Draco und Blaise eingeschlossen.

Bei Krum waren es dafür die Mädchen, die anfingen zu sabbern, als er mit nichts als purer Gewalt – einem Bindehautentzündungsfluch – an dem Drachen vorbeikam und sich ebenfalls das Ei sicherte.

Kaum war der Applaus für den bulgarischen Nationalspieler verklungen, trat Ruhe ein und eine gespannte Atmosphäre kam auf. Bagman räusperte sich: "Nun denn, jetzt kommt der Auftritt, den wir sicherlich alle mit Spannung erwartet haben. Mr. Potter, wenn ich bitten darf."

Ein erneutes Knallen der Kanone und aus dem Championszelt trat Harry hervor, den Zauberstab fest umklammert. Unwillkürlich richtete ich mich ein wenig auf. Jetzt kam es darauf an.
Mit zögernden aber doch entschlossenen Schritten, lief er langsam auf seinen Drachen zu, welcher aggressiv fauchte und mit seinem schuppigen, dornenbesetzten Schwanz Rillen in den Boden schlug.

Der Schwarzhaarige hob den Zauberstab, den Blick weiterhin fest auf das Drachenweibchen gerichtet. Doch es geschah nichts. Unruhe kam auf. Die Menge fing an zu tuscheln, bis irgendwann vereinzelte Rufe laut wurden: "Seht, dort!"; "Ein Besen!"; "Der Wahnsinn."

Ich drehte mich um, den Fingerzeigen folgend. Zügig näherkommend, erschien ein Besen am Himmel. Der Feuerblitz, Harrys Besen, welcher auf Hüfthöhe neben ihm zum Stehen kam. 

Sobald Harry auf dem Besen saß, machte es den Anschein, als durchlebe er eine Wandlung. In sicheren Flugmanövern nährte er sich immer wieder dem Drachen, schwirrte ihm um den Kopf und reizte ihn. Immer wieder breitete dieser seine Flügel aus, entschied sich dann aber doch dazu, lieber Feuer auf ihn zu speien.

"Oh Gott. Harry, pass auf!", murmelte ich und ertappte mich dabei, dass ich Dracos Hand fest umklammert hielt, doch als ich aus dem Augenwinkel zu ihm hinaufschielte, trug er nicht jenes selbstgefällige Grinsen zur Schau, sondern Lächelte leicht zu mir hinunter. Als Antwort verstärkte ich für einen Augenblick den Druck meiner Hand.

Dann passierte es.

In einem kurzen Moment der Stille, schienen alle Anwesenden den Atem anzuhalten. Das war nicht wie bei einem Quidditchspiel. Natürlich wollte jeder hier den eigenen Champion siegen sehen, doch nicht, indem man den Tod seiner Gegner in Kauf nahm. Zwei Beauxbatons Mädchen waren sogar aufgesprungen und blickten entsetzt hinunter aufs Feld, was sie mir gleich um einiges sympathischer machte.

Der Drache hatte sich in die Luft erhoben und Harry war nach einer Feuersalve außer Sicht. Auf dem Richterpodium, konnte ich sehen, dass Dumbledore aufstand. Alles passierte wie in Zeitlupe. 

"Draco -?" Ein leichtes Zittern hatte sich in meine Stimme geschlichen.

"Was ist denn los?", fragte er besorgt und es hätte wohl nicht viel gefehlt, bis ich ihm eine gescheuert hätte, wenn er nicht sofort weitergesprochen hätte. "Sieh doch. Da unten. Er hat das goldene Ei."

Unknown Potter I - Secrets of the PastWhere stories live. Discover now