4 | 18. Kapitel

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"Ihr braucht nicht auf mich zu warten. Geht schon einmal vor", verabschiedete ich mich von meinen Freunden, kehrte ihnen den Rücken zu und schlenderte langsam über den Rasen auf das Zelt der Champions zu. Gerade als ich noch drei Meter davon entfernt war, wurde die Plane zurückgeschlagen und Harry trat heraus, dicht gefolgt von Ron.

Ruckartig blieb ich stehen. Sollte ich kehrtmachen? Das letzte Aufeinandertreffen mit dem Weasley hatte beinahe im Krankenflügel geendet. Für ihn. 

Ehe ich Gelegenheit dazu hatte, die Flucht zu ergreifen, entdeckten mich die beiden. "Cat!", rief Harry und ich brachte es nicht über mich, seine offensichtliche Freude zu trüben, indem ich die Flucht ergriff.

"Hey, Harry. Ich wollte dich beglückwünschen – zu deinem Sieg", sagte ich verlegen und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ron betont ignorierend.

Er bedankte sich lächelnd. "Deine Worte heute Morgen haben mir Mut gemacht. Und wer weiß, vielleicht habe ich ja auch irgendwie geahnt, dass ich jetzt meinen besten Freund zurückhaben würde. Ron hat sich entschuldigt."

"Ach, hat er das, ja?", hakte ich kühl nach und schenkte dem Rotschopf einen scharfen Blick. Als ich vor wenigen Tagen mit ihm über eben dieses Thema gesprochen hatte, hatte das noch ganz anders ausgesehen. "Wie schön."

Zu meiner großen Zufriedenheit blickte dieser mehr als unbehaglich drein und kaute hektisch auf seiner Unterlippe herum. "Kann sein, dass du recht hattest", druckste er. "Aber ich habe es nicht geglaubt, weil ..."

"... ich eine Slytherin bin und man Schlangen nicht vertrauen darf?" Als er zögernd nickte, platzte mir der Kragen. Ich war enttäuscht, obwohl ich nichts anderes erwartet hatte und diese Naivität meinerseits frustrierte mich noch mehr. Abgesehen davon hatte ich Angst, vor der Okklumentik Stunde heute Abend mit meinem Vater. Kurz um, es kam eins zum anderen. "Weißt du was, Ronald? Ich habe allmählich genug von dir und deinen Vorurteilen. Ich wünsche dir noch eine schöne Feier, Harry", sagte ich und machte mich auf den Weg Richtung Waldrand.

"Komm schon!" Verzweiflung klang in Harrys Stimme mit. "Cathy?"

Im Herumwirbeln zückte ich meinen Zauberstab. "Nenn' mich nie wieder so!", fauchte ich und trat mit wenigen, großen Schritten auf ihn zu. "Wenn du mich herausforderst, kannst du dir sicher sein, dass der Hornschwanz gegen mich ein Spaziergang war."

Beruhigend hob er die Hände, wobei ein verwirrter Ausdruck über sein Gesicht huschte. "Geh schon einmal vor, Ron. Ich möchte noch kurz unter vier Augen mit Caitlyn sprechen." Sanfter Wind kam auf, trieb mir meine kastanienbraunen Locken ins Gesicht und trug den Geruch des kommenden Winters mit sich. Mit einem letzten Blick auf uns beide, trat der Weasley den Rückzug an.

Mit einem zögernden Schritt trat Harry auf mich zu und hob langsam die Hand, um damit meine Zauberstabhand hinunterzudrücken. "Du solltest feiern gehen, Harry", forderte ich ihn resigniert auf, machte jedoch keine Anstalten, mich von ihm abzuwenden.

"Was ist los mit dir? Seit wann bist du so gereizt?" Seine grünen Augen funkelten besorgt und für einen flüchtigen Moment hatte ich den Eindruck, eben jene Augen bereits einmal gesehen zu haben.

Ratlos zuckte ich mit den Schultern – ob das ein Abschütteln des Déjà-vus war oder eine Antwort auf seine Frage wusste ich nicht.

"Ich kenne dich jetzt seit über drei Jahren und du scheinst in letzter Zeit unglücklich zu sein. Genauer gesagt seit dem Abend in der Eingangshalle, seit deinem Gespräch mit Professor Dumbledore", bohrte er weiter.

Nervös sah ich mich um, wobei mein Blick an einem kleinen Käfer auf Harrys Schulter hängen blieb. Beiläufig schnippte ich ihn weg. "Wie wäre es, wenn wir das unten am See klären würden? Du hast recht, es wäre gut, das alles einmal loszuwerden."

"Das alles?"

Gemächlich schlenderten wir nebeneinander den schmalen Sandweg entlang, der zu einer schmalen verborgenen Stelle führte, direkt zwischen dem schwarzen See und dem verbotenen Wald. Es war still geworden. Die meisten Schüler waren längst im Schloss verschwunden und die wenigen Schüler, die sich ebenfalls am See herumtrieben, blieben auf ihrer Seite, da es zum Schwimmen längst zu kalt geworden war.

"Ja, das alles", bequemte ich mich irgendwann zu einer Antwort, als wir uns schon längst auf einem Baumstamm am Rand des Wassers niedergelassen hatten. "Es wird mir momentan einfach zu viel – und nur um eins klarzustellen, alles was ich dir hier erzähle, bleibt unter uns. Ich habe einen Ruf zu verlieren." Trotz meines Lächelns, als ich dies sagte, meinte ich jedes Wort tot ernst und Harry war dies durchaus bewusst, wie ich mit einem Seitenblick auf ihn feststellte.

"Weißt du, ja, es hat mit Dumbledore zu tun, genauer gesagt mit dem, was er zu mir gesagt hat. Ich kann es einfach nicht vergessen." Um mich ein wenig abzulenken, griff ich nach einem Stein am Boden und drehte ihn in den Händen. "Seine dauernden Andeutungen – ich verdiene die Wahrheit und mein Vater müsse mir schon selbst alles sagen ..."

"Du meinst, wie Sirius letztes Jahr?"

Ich nickte. "Ich glaube, ich habe einfach Angst. Was ist, wenn in all dem doch ein Funken Wahrheit steckt?" Es war seltsam, doch irgendwie tat es gut, meine Sorgen mit ihm zu teilen. Jene Sorgen, die ich mir bisher nicht einmal selbst eingestanden hatte. "Ich glaube, im Moment habe ich am meisten Angst davor zu erfahren, dass mein ganzes Leben eine Lüge war. Und gleichzeitig fühle ich mich schlecht, so etwas auch nur zu denken. Er ist mein Vater. Wieso sollte er mich anlügen?"

Mit hochgezogenen Brauen sah er mich an, verkniff sich jedoch jeglichen Kommentar und zog mich einfach in eine feste Umarmung. "Frag ihn doch. Und wenn alle Stricke reißen, hast du immer noch Sirius."

Dankbar legte ich meinen Kopf auf seine Schulter: "Werde ich. Bald. Genauer gesagt heute Abend."

***

Mit zügigen Schritten lief ich die Kerkerkorridore entlang, auf dem Weg zum Büro meines Vaters. Harrys Zusprache heute Nachmittag hatte mir gutgetan und ich hoffte sehr, meine guten Vorsätze gleich nicht über Bord zu werfen, wenn ich dem Tränkemeister gegenüberstand, um ihn ein letztes Mal zu fragen.

Direkt vor der dunklen Holztür blieb ich stehen. Sie war das einzige, was mich noch von sämtlichen Antworten trennte – insofern ich die Starrköpfigkeit meines Vaters außer Acht ließ.

Seufzend umklammerte ich das Medaillon meiner Mutter um meinen Hals. „Wünsch' mir Glück", flüsterte ich, ehe ich zögernd die Hand hob und anklopfte.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWhere stories live. Discover now