3 | 11. Kapitel

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Die Nacht auf dem Boden der großen Halle war mehr als unangenehm gewesen. Es hatte lange gedauert, bis ich endlich eingeschlafen war und dementsprechend erleichtert war ich, als wir nach der letzten Stunde, Zauberkunst, endlich unsere Sachen packen konnten und zurück in die Kerker liefen. "Hast du schon den Aufsatz für Zaubertränke geschrieben?", fragte Noreen, obgleich der überhaupt nicht erholsamen Nacht erstaunlich munter.

Zur Antwort neigte ich nur leicht den Kopf und Noreen plapperte auch gleich weiter: "Können wir das vielleicht zusammen machen? Ich habe keine Ahnung was dein Vater von uns will. Abgesehen davon habe ich diese Schrumpflösung schon vollkommen vergeigt. Also ..."

Ich musste Grinsen. Zusammenarbeiten, hieß so viel wie, dass sie von mir abschreiben würde und mein Vater kannte diese Masche leider viel zu gut. "Nein, Reen, sorry, aber ich bin mir sehr sicher, dass mein Vater darauf achten wird. Und wie willst du es denn bitte lernen, wenn du abschreibst?"

Die Blondine mache einen Schmollmund. "Bist du dir da sicher? Abgesehen davon: Hast du eine Idee, wie Black ins Schloss gelangen konnte, und warum er ausgerechnet in den Gryffindorturm eindringen wollte?"

Ratlos schüttelte ich den Kopf, auch wenn das eine kleine Lüge war. Ich erinnerte mich noch ziemlich genau an Harrys Worte Anfang des Schuljahres: 'Black - er ist hinter mir her.' "Ich weiß es nicht."

"Meinst du, es ist was dran an den Gerüchten, dass er sich in ein Tier verwandeln kann? Du weißt schon, wie Professor McGonagall?"

Genervt seufzte ich auf. Nicht auch noch Noreen. Es reichte schon, dass man von allen Seiten schon den Namen Black hörte und immer wildere Geschichten zu Ohren bekam, wie Black es denn nun in die Schule geschafft haben könnte. "Verdammt Reen, ich weiß es nicht. Und ich habe keine Lust, mir da jetzt den Kopf drüber zu zerbrechen."

Kapitulierend hob die Blonde beide Hände: "Reg dich ab, Cat. Ich werde nicht die Einzige sein, die Thesen darüber aufstellt."

Und leider erwies sich ihre Vermutung als nicht ganz falsch. Vollkommen entnervt quetschte ich mich Ende der Woche, auf dem Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste an einigen Erstklässlern aus Hufflepuff vorbei, die wild einige der neuesten Gerüchte verbreiteten. "Sirius Black, habt ihr gehört? Er soll sich in einen Dementor verwandeln können. Deshalb kam er auch aufs Gelände. Die Dementoren haben ihn nicht erkannt."

An dieser Stelle konnte ich mir ein abfälliges Schnauben nicht verkneifen. Unfassbar, wie leichtgläubig manche waren. Dennoch, dies war bei weitem nicht die haarsträubendste Erklärung, die mir in den letzten Tagen zu Ohren gekommen war. Von blühenden Büschen bis hin zu Vielsafttrank war fast alles dabei gewesen. Es war nur noch nervig.

Mit den Gryffindors hatte ich auch kein Wort mehr gewechselt und ich war mir nicht sicher, ob das nicht sogar besser war. Irgendwann würden Ron und ich uns noch den Kopf abreißen, während Harry teilnahmslos daneben stand.

Ein Blick hinaus durch das von Regen verhangene Fenster sorgte dafür, dass sich meine Stimmung tatsächlich ein wenig hob. Nur gut, dass wir morgen nicht spielen mussten.

Vor zwei Tagen hatte Malfoy verkündet, sein Arm sei immer noch nicht verheilt und leider, leider wäre es ihm daher unmöglich zu spielen. Jetzt lag es an Hufflepuff, die Saison zu eröffnen - im ersten Spiel gegen Gryffindor.

Nach einem kurzen Blick auf die Uhr begann ich zu rennen. Ich war schon viel zu spät dran. Allerdings war ich nicht die Einzige.

Harry stand vor mir in der Tür. "Entschuldigen Sie, dass ich zu spät komme, Professor Lupin, ich -"

"Diese Unterrichtsstunde hat vor zehn Minuten begonnen, Potter, und ich denke, wir ziehen Gryffindor zehn Punkte ab. Setz dich." Mein Vater, die schwarzen Augen fest auf Harry gerichtet, schien nicht zu bemerken, dass ich ebenfalls gerade erst hereinkam und so glitt ich unauffällig in eine der hintersten Bankreihen neben Draco.

Harry dachte aber offenbar nicht daran, der Aufforderung zu folgen, sondern stand immer noch im Gang. "Wo ist Professor Lupin?"

"Er sagt, er fühle sich heute zu krank, um zu unterrichten", sagte mein Vater mit gefährlich leiser Stimme, ein Zeichen, dass er gleich an die Decke gehen würde. "Hab ich nicht gesagt, du sollst dich setzten?"

Der Schwarzhaarige rührte sich immer noch nicht vom Fleck. "Was hat er denn?"

Gespannt huschten meine Augen zurück zu meinem Vater. Erstaunlich, dass er noch so ruhig blieb, auch wenn sein Blick bei den nächsten Worten noch tödlicher wurde. "Nichts Lebensbedrohliches. Noch einmal fünf Punkte Abzug für Gryffindor und wenn ich dich noch einmal auffordern muss, dich zu setzten, werden es fünfzig."

Endlich ging auch Harry zu seinem Platz. "Wo warst du?", raunte Draco mir zu, während mein Vater seinen Blick durch die Klasse schweifen ließ und kurz an mir hängen blieb.

"Wie, wo war ich?", erwiderte ich ebenso leise. Unterdessen fingen einige der Gryffindors an, Lupin bis aufs äußerste zu verteidigen.

"Beim Mittagessen. Ich habe dich die ganze letzte Woche nie wirklich gesehen?" Ich spürte seinen bohrenden Blick auf mir ruhen und tat so, als ob ich ganz darauf konzentriert wäre, dass heutige Datum in die oberste Ecke meines Pergaments zu schreiben. "Caitlyn -"

"Meinst du nicht, wir sollten besser zuhören?"

"Quatsch! Dein Vater würde uns nie Punkte abziehen. Jetzt sag schon!" Ungeduldig nahm Draco mir meine Feder aus der Hand, wobei er das Tintenfässchen umstieß, dessen Inhalt sich umgehend über den Tisch ergoss. Ohne innezuhalten, zog er seinen Zauberstab und murmelte: "Reparo!" Woraufhin das Glas sich wieder zusammensetzte. "Du kannst mir nicht erzählen, dass es gesund ist, wenn du nie etwas isst."

Ungehalten nahm ich ihm wieder meine Feder weg und antwortete: "Wenn du es unbedingt wissen willst, mich nervt dieses ganze Gerede über Black. Selbst in unserem Haus."

Ich ahnte mehr, als dass ich es sah, wie er den Kopf schüttelte. "Lügnerin. Du bist schon seit Anfang des Schuljahres so seltsam! Du -" Überrascht hielt er mitten im Satz inne und wir blickten auf. In der Klasse war es totenstill geworden, als mein Vater mit mörderischen Gesicht auf uns zu kam. Zwei Reihen vor uns blieb er stehen und beugte sich hinunter zu Ron. "Strafarbeit, Weasley", sagte er mit öliger Stimme. "Und wenn ich noch einmal höre, dass Sie meine Unterrichtsweise kritisieren, dann wird ihnen das wirklich leidtun."

Vollkommen erleichtert, dass sich seine Wut nicht gegen uns richtete, atmete ich durch und es war mir vollkommen egal, wie ungerecht er mal wieder war.

Kurz vor Ende der Stunde schob Draco mir ein Zettelchen zu:

Ich will eine Erklärung. Spätestens morgen Abend. Astronomieturm. Keine Widerrede.

Unknown Potter I - Secrets of the PastWhere stories live. Discover now