Unknown Potter I - Secrets of the Past

3 | 23. Kapitel

Harry baute sich über Black auf und hob den Zauberstab. Ich konnte die Entschlossenheit auf seinem Gesicht sehen. Kein Zweifel, er würde Black töten. Die Sekunden verstrichen, in denen sich die Beiden ein stummes Blickduell lieferten. Rons Atem ging rasselnd, Hermine und ich blieben still.

Dann ertönte ein neues Geräusch – gedämpfte Schritte drangen durch den Fußboden. "Wir sind hier oben – Sirius Black – schnell!", rief Hermine so plötzlich, dass ich vor Schreck zusammenfuhr und mir erneut den Kopf an der Wand anschlug.

Heute war definitiv nicht mein Tag. Ich schaute erneut zu Black. Sein Gesicht war noch blasser geworden und seine Augen flatterten nervös zwischen Harry und der Tür hin und her, die just in diesem Moment unter einem Schauer roter Funken aufschwang.

Herein gestürzt kam Professor Lupin, dessen Blick panisch zwischen allen Anwesenden umherhuschte. Er war kreidebleich und als er Black entdeckte, seufzte er schwer. "Expelliarmus!"

Zum zweiten Mal heute wurde mir mein Zauberstab aus der Hand gerissen. Den Anderen ging es nicht anders. Lupin trat einige Schritte in den Raum, die Augen fest auf den Verbrecher gerichtet. Mit zum Reißen gespannter Stimme fragte er: "Wo ist er, Sirius?"

Nach kurzem, ausdruckslosen Zögern, hob Black langsam den Arm und deutete auf Ron. Ratlos fing ich Harrys nicht minder verwirrten Blick auf. Was war hier los? Ganz im Gegensatz zu uns, schien unserem Lehrer allmählich ein Licht aufzugehen. "Aber dann ... wieso hat er sich nicht offenbart? Außer -" Als habe er plötzlich etwas entdeckt, was nur er sehen konnte, riss er die Augen auf. "Außer er war es ... wenn ihr getauscht habt ... ohne es mir zu sagen?"

Ganz langsam, die eingesunkenen Augen starr auf Lupins Gesicht gerichtet, nickte Black mit dem Kopf.

"Professor", setzte Harry an, "was -?" Seine Frage blieb unvollendet, denn in eben diesen Moment sprang Lupin vor, packte den Verbrecher an der Hand und zog ihn in eine feste Umarmung.

Harrys Gesicht nahm einen gefährlichen Grünstich an. Auch mir wurde flau.

"Ich glaub's nicht", fauchte Hermine, die nun wieder aus ihrer Ecke hervorgekommen war. Mit vom Weinen immer noch fleckigen Gesicht, deutete sie wutschnaubend auf Lupin, welcher sich von Black gelöst hatte. "Sie – Sie -"

"Hermine -"

"Sie und er!"

"Hermine, beruhige dich -"

"Ich habe es niemandem erzählt!", kreischte Hermine wütend, "Ich hab es für sie vertuscht -"

"Hermine, hör mir bitte zu!" In Lupins Stimme schwang leichte Panik mit, "ich kann's dir erklären -"

"Ich habe Ihnen vertraut", rief Harry. Er zitterte am ganzen Leib und verlor immer wieder aufs Neue die Kontrolle über seine Stimme, "und die ganze Zeit waren Sie sein Freund."

Traurig schüttelte der Professor den Kopf. "Du irrst dich. Ich war in den letzten zwölf Jahren nicht Sirius' Freund, aber ich bin es jetzt – lass es mich erklären ..."

"Nein!", schrie Hermine, "Harry, trau ihm nicht, er hat Black geholfen, ins Schloss zu kommen, er will auch dich tot sehen – er ist ein Werwolf." Bei ihren letzten Worten zuckte ich zusammen. Also hatte mein Vater mit seinem Misstrauen Lupin gegenüber nicht ganz unrecht. Angestrengt versuchte ich, mich mithilfe der Wand in meinem Rücken aufzurichten. Vor meinen Augen drehte sich alles und meine Knie drohten wieder und wieder nachzugeben. Ein weiteres Mal Krankenflügel also, insofern wir diesen Abend überleben sollten.

Neben mir konnte ich weiterhin Rons keuchende Atemzüge hören, auf das Gespräch zwischen Lupin, Harry und Hermine achtete ich nicht. Die Chancen auf eine Flucht standen mehr als gering. Vier Minderjährige gegen zwei voll ausgebildete Zauberer – genauso gut könnten wir uns gleich unser eigenes Grab schaufeln.

Einige schlurfende Schritte ließen mich wieder aufschauen. Black war zum Bett gehumpelt und presste sich nun eine zitternde Hand aufs Gesicht. Der Rotschopf krabbelte so rasch es ging von ihm weg und drückte sich an das hölzerne Bettgestell. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte ich angefangen zu lachen. Stattdessen starrte ich Lupin an, der nun jedem von uns seinen Zauberstab zuwarf und seinen eigenen in den Gürtel steckte. "Ihr seid bewaffnet, wir nicht. Hört ihr mir jetzt zu?"

Widerwillig nickte Harry. "Woher wollen Sie denn gewusst haben, dass er -" Abfällig nickte er in Richtung Black. "- hier ist?"

"Die Karte", antwortete Lupin schlicht, "Die Karte des Rumtreibers. Ich war in meinem Büro und habe auf ihr nachgesehen."

Was bei Merlins Bart war die Karte des Rumtreibers? Fragend schaute ich Hermine an, die, sobald sie meinen Blick auffing, nur den Kopf schüttelte. 'Später', deutete sie mir mit Lippenbewegungen an. Laut fragte sie Lupin: "Sie wissen, wie man mit ihr umgeht?"

Aus irgendeinem Grund schien die Frage ihn zu amüsieren. "Natürlich. Ich habe sie mitgeschrieben. Ich bin Moony – das war mein Spitzname bei den Freunden in der Schule. Wichtig ist jetzt aber nur, dass ich die Karte heute Abend genauestens im Auge behalten habe, wohl wissend, dass ihr drei euch womöglich aus der Schule schleichen würdet, um euren Freund Hagrid zu besuchen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht mit dir gerechnet hatte, Caitlyn?" Er warf mir einen kurzen Blick zu, schien jedoch keine Erklärung zu fordern, denn er sprach weiter. "Jedenfalls habe ich euch dabei beobachtet, wie ihr über das Schlossgelände zu Hagrid gelaufen seid, Caitlyn zu euch stieß und ihr wenig später die Hütte wieder verließet. Dieses Mal wart ihr jedoch zu fünft."

"Professor Lupin, können Sie zählen?" Die Ironie schwang in jedem meiner Worte mit. "Wir waren zu viert. Nicht zu fünft."

Erneut schlich sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen, während er unentwegt weiterwanderte. "Danke der Nachfrage, Caitlyn, aber mit meinen Zählkünsten ist alles in Ordnung. Nein, tatsächlich dachte ich, mit der Karte würde etwas nicht stimmen. Wie konnte er bei euch sein?"

"K...keiner war bei uns!", sagte Harry, doch seine Stimme klang lange nicht mehr so bestimmt.

"Und dann habe ich noch einen Punkt gesehen, der sich rasch auf euch zubewegte, mit dem Namen Sirius Black ... Ich sah, wie er mit euch zusammenstieß und wie er zwei von euch unter die Peitschende Weide zerrte -"

"Einen!", warf Ron zornig ein.

"Nein, Ron", sagte Lupin milde. "Zwei von euch." Er war stehen geblieben und ließ die Augen über Ron gleiten. "Wärst du so freundlich, mir einmal deine Ratte zu zeigen?"

"Was? Was hat Krätze mit alldem zu tun?"

"Alles. Kann ich sie sehen, bitte?"

Ron zögerte, dann streckte er die Hand in den Umhang und zerrte Krätze hervor, der verzweifelt um sich schlug und versuchte zu entkommen. Langsam trat Lupin auf die beiden zu, sodass ich einige Schritte zur Seite wich. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste. Er schien den Atem anzuhalten, während er die Ratte aufmerksam musterte.

"Was?", fragte Ron erneut und drückte Krätze an die Brust. "Was hat meine Ratte mit alldem zu tun?"

"Das ist keine Ratte", krächzte plötzlich Sirius Black. "Es ist ein Animagus – mit Namen Peter Pettigrew."

Eine Weile schwiegen wir, jeder mit seinen eigenen Gedanken kämpfend, bis wir diese Behauptung verdaut hatten. Ron sprach als Erster: "Sie sind verrückt, alle beide."

"Lächerlich", fügte Hermine matt hinzu. Ich sagte nichts. Eine erneute Schwindelwelle rollte über mich hinweg. Zwanghaft versuchte ich dagegen anzukämpfen, sodass ich nicht auf das Geschehen um mich herum achtete. Fest fixierte ich meine Fußspitzen und gab mir alle Mühe, nicht zu taumeln. Doch es gelang mir nicht. Als hätte der Fußboden mit einem Mal Wellen geschlagen, stolperte ich und wurde nur durch eine erstaunlich feste Hand an meinem Ellenbogen vom Sturz abgehalten.

Überrascht sah ich auf und blickte genau in Blacks eingefallene Augen. Vor Schreck taumelte ich zwei Schritte zurück und fiel rückwärts auf das alte Bett. Dabei landete ich mit voller Wucht auf Rons ohnehin schon gebrochenen Bein, der vor Schmerz die Luft einsog. "Sorry, Ron. Geht es?"

"Schon okay ..." Ein Fortschritt. Vor zwei Stunden hätte er mich jetzt schon versucht umzubringen.

"Wer ist das?" Black hatte Lupin mitten im Satz unterbrochen, doch es schien ihn nicht zu kümmern. Fest fixierte er mich und fragte drängender: "Wer. Ist. Das?"