2 | 9. Kapitel

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"Auf meinen Pfiff geht's los. Also, drei ... zwei ... eins ..."

Zusammen mit meinen Teamkollegen stieß ich mich vom Boden ab und schoss nach vorne, um mir den Quaffel zu sichern. Rasch gab ich ab an Adrian, während ich weiter in Richtung Torstangen sauste und knapp einem Klatscher von einem der Weasley Zwillinge auswich. So ungern ich es zugab, die Besen waren echt gut. Kaum zu glauben, aber der Nimbus2001 war deutlich schneller als mein Nimbus2000. Im Training hatten wir nie wirklich auf Tempo gesetzt und jetzt merkten wir, was die Besen wirklich draufhatten.

Innerhalb weniger Minuten, warfen Adrian, Graham und ich sechs Körbe. Gerade hob ich den Arm, um den Quaffel an Wood vorbei durch einen der Ringe zu werfen, als Madam Hoochs Pfeife schrillte. Entnervt ließ ich den Quaffel fallen. "Was ist los?"

"Wood hat um eine Auszeit gebeten", brüllte Flint zurück. "Kommt mal alle hier zusammen." Rasch warf ich Graham einen Blick zu und steuerte dann zügig zurück gen Boden. Ich kam ein bisschen härter auf als beabsichtigt, doch bevor ich nur das kleinste Wort sagen konnte, landete Graham neben mir.

"Wieso zum Teufel hat Wood abgebrochen?" Graham klang ziemlich aggressiv. Beruhigend legte ich ihm meine Hand auf den Arm. "Wer weiß, vielleicht haben sie Schiss zu verlieren."

"... oder sie haben einfach einen vollkommen unfähigen Sucher!" Sanfter als ich landete Malfoy auf dem Boden. Mir lag die Erwiderung 'unfähiger als unserer, ist schwer' auf der Zunge, aber ich verkniff sie mir.

Stattdessen fragte ich: "Was soll denn mit Harry los sein?"

"Potter macht da oben alberne Verrenkungen", antwortete mir Draco grinsend. "Einer der Klatscher hat es wohl auf ihn abgesehen."

"Wie auf ihn abgesehen?", fragte Adrian verwirrt.

Malfoys Grinsen wurde breiter. "Der Klatscher will Potter vom Besen werfen."

Ehe jemand etwas erwidern konnte, ertönte erneut Madam Hoochs Pfiff und wir schossen wieder in die Luft. Es hatte angefangen zu regnen und meine Sicht wurde zusehend schlechter. Ich betete darum, dass Malfoy endlich den Schnatz fangen würde. Doch darauf konnte ich wohl lange warten. Bei einem kurzen Blick auf ihn stellte ich fest, dass er tatenlos in der Luft hing und nicht einmal Anstalten machte, nach dem goldenen Ball Ausschau zu halten. Wenn Harry schneller wäre, würden wir bei dem jetzigen Punktestand verlieren.

Ich rammte eine der Gryffindorjägerinnen mit der Schulter und schnappte mir den Quaffel. Innerhalb weniger Sekunden war ich bei den Torringen und warf den Quaffel. Wood hatte keine Chance. Die Slytherinkurve johlte und ein recht geknickt klingender Lee Jordan verkündete: "Tor für Slytherin."

Doch das konnte unseren Hochmut nicht dämpfen. Was dazu sehr wohl in der Lage war, war ein zu Boden trudelnder Harry. Entsetzt hielt ich den Atem an, als er mit einem dumpfen Knall im Schlamm landete. Schwach reckte er die Hand in die Luft, aus der etwas kleines Goldenes schimmerte. Der Schnatz. Dann ließ er den Arm fallen und rührte sich nicht mehr. Nur seine Brust hob sich regelmäßig.

Seltsamerweise kümmerte es mich im Moment nicht sonderlich. Er war gut versorgt. Sämtliche Gryffindors strömten zu ihm aufs Feld, mit ihnen einige der Lehrer. Ich landete etwas abseits. Das ich weinte, wurde mir erst bewusst, als ich von jemandem in eine Umarmung gezogen wurde. "Du warst super."

Leise schluchzte ich an Adrians Brust. "Aber wir hätten gewinnen können. Uns hätten nur zwei Tore gefehlt. Wäre ich schneller gewesen -"

"Hör auf! Dich trifft keine Schuld. Wir haben alle gespielt so gut es ging."

"Er hat recht." Überrascht und noch immer schniefend wand ich mich aus Adrians Armen, die er fest um mich geschlossen hatte und drehte mich um. Vor mir stand Flint. "Mach dir keine Vorwürfe, Caitlyn." Wahnsinn, ich hätte nicht gedacht, dass Flint meinen Vornamen kannte. Trotzdem tröstete mich das gerade recht wenig. Völlig überrumpelt war ich dann, als Flint einen Schritt nach vorne machte und mich an den Schultern packte. "Hast du mich verstanden, Snape? Wir können keine Jägerin gebrauchen, die sich nach jedem Spiel Vorwürfe macht. Du warst verdammt nochmal gut! Mindestens so gut, wie die Gryffindorjägerinnen zusammen. Sieh es endlich ein!"

Verdattert nickte ich.

"Okay, ich soll dir von Professor Snape ausrichten, dass er dich heute Abend in seinem Büro erwartet." Flint ließ meine Schultern los und verschwand in Richtung Umkleiden.

Immer noch verwirrt schaute ich Adrian an und wischte mir über die feuchten Wangen. "Was war das denn gerade? Flint war nett?"

Adrian lächelte. "Tja, ich war ebenso überrascht, als er das erste Mal meinen Vornamen gesagt hat. Ich hätte nie gedacht, dass er den kennt. Und mal so unter uns, ich hatte auch recht. Er hat mich Andre genannt." Der Jäger zwinkerte. "Du hast offenbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen, Cat. Kommst du?" Ein wenig munterer strich ich mir noch einmal mit der Hand durchs Gesicht, dann folgte ich Adrian.

Zurück im Gemeinschaftsraum stellte ich mit Entsetzten fest, dass das Quidditchspiel länger gedauert hatte, als ich gedacht hatte. Es war bereits halb acht. Lange hatte ich nicht mehr Zeit. Fix sprang ich unter die Dusche und zog mich an. Im Schlafsaal fing Noreen mich ab: "Wo willst du jetzt noch hin?"

Stirnrunzelnd drehte ich mich zu ihr um. Ich war schon zwanzig Minuten zu spät und hatte wenig Lust, eine Stunde daraus zu machen. "Wieso sollte ich nicht so spät noch raus?"

"Ich gebe dir drei Worte: Kammer des Schreckens?"

"Ja und?"

"Wir sollten uns nicht so spät noch in den Gängen herumtreiben!" Noreens Stimme klang ruhig, wie ich annahm, hatte sie sich das bei mir abgeschaut, auch wenn meine ausdruckslose Haltung in letzter Zeit zu wünschen übrigließ.

Aber ihre Augen sprachen eine andere Sprache. Sie hatte ganz eindeutig Angst, welche ich ihr auch mit den folgenden Worten nicht nehmen konnte: "Reen, du weißt schon, dass dieses angebliche Monster aus der Kammer Jagd auf Muggelstämmige macht?"

"Wie willst du dir da so sicher sein?" Die Panik aus ihren Augen drohte langsam auf ihre Stimme überzugreifen. "Es gab inzwischen schon so viele Opfer. Hast du das nicht mitbekommen? Selbst der fast kopflose Nick, oder wie auch immer dieser Geist aus Gryffindor heißt."

Ein klein wenig verzweifelt schielte ich auf die Uhr. Jetzt war es auch egal. Ich war eh schon zu spät. "Es ist Slytherins Monster. Wir hier sind alles Halb- oder größtenteils Reinblüter. Die Vertrauensschülerin war in Ravenclaw und der andere Junge aus Gryffindor. Beweist das nicht genug? Uns wird nichts passieren. Außerdem will ich eh nur zu meinem Vater." Und ich war mir wirklich sicher, dass das stimmte. Wir waren nicht in Gefahr.

Etwas entspannter nickte sie. "Okay. Wann kommst du zurück?"

"Ich weiß es noch nicht. Du brauchst nicht auf mich zu warten. Gute Nacht, Reen." Bevor sie mich noch weiter aufhalten konnte, drehte ich mich auf dem Absatz um und verließ den Gemeinschaftsraum.

In den Kerkern war es kühl und ich beeilte mich, so schnell es ging, zum Büro meines Vaters zu gelangen. Doch so weit kam ich nicht. Plötzlich hörte ich aus einem der nebenliegenden Korridore einen Knall. All meine Instinkte in den Wind schlagend, die mich anbrüllten, auf der Stelle in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren, rannte ich in Richtung des Geräuschs.

Schließlich erblickte ich ein dunkles Bündel, welches am Boden lag. Beim Näherkommen erkannte ich, dass es ein Mensch war. Der kleine Gryffindorschüler, der immer mit seiner Kamera Bilder machte. Auch jetzt hielt er sie in der Hand.

Langsam beugte ich mich über ihn, mein Blick fiel auf die spiegelnde Linse - vor Schreck taumelte ich einige Schritte zurück. Das heißt, ich wollte zurücktreten, stattdessen fiel ich hart auf den Rücken.

Unknown Potter I - Secrets of the PastМесто, где живут истории. Откройте их для себя