4 | 30. Kapitel

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"Meine Damen und Herren, gleich beginnt die dritte Aufgabe und somit letzte Runde des Trimagischen Turniers! Zu Ihrer Erinnerung noch einmal der gegenwärtige Punktestand: Mit jeweils fünfundachtzig Punkten zusammen auf dem ersten Platz – Mr. Cedric Diggory und Mr. Harry Potter, beide von der Hogwarts-Schule."

Um mich herum brandete bei Bagmans Worten tosender Applaus auf. Bis zu meinen Freunden würde ich es wohl nicht mehr schaffen, bevor die Aufgabe startete, daher trat ich in die mir nächstliegende Bankreihe und beobachtete das Szenario unten vor dem Eingang des Irrgartens.

"Auf dem zweiten Platz, mit achtzig Punkten – Mr. Viktor Krum vom Durmstrang-Institut." Ebenfalls Applaus, besonders von den gegenüberliegenden Rängen. Ich konnte Dimitri sehen. Sein Anblick bereitete mir Übelkeit. "Und auf dem dritten Platz – Miss Fleur Delacour von der Beauxbaton-Akademie."

Ich ließ meinen Bruder nicht aus den Augen, dieser schien meinen Blick zu spüren und sah zu mir hoch. Für einen Moment hielt er inne, verzog seine Lippen zu einem schiefen Lächeln und nickte mir schlussendlich zu, ehe Bagman ihn und Cedric vor einem der Eingänge postierte. Auf einen kurzen, kräftigen Pfiff durch seine Trillerpfeife starteten sie ins Labyrinth.

Kaum hatten sie die Schwelle übertreten, raubten die Hecken uns die Sicht auf die Hogwarts Champions und Anspannung machte sich in mir breit. Bei Merlin, lass sie da heil wieder rauskommen.

Gerade wollte ich mich auf den Weg machen, die anderen aus meinem Haus zu suchen – die Champions hatten in der Zwischenzeit alle den Parcours betreten – als mich jemand an der Schulter antippte. Verwirrt drehte ich mich um.

Die Frau, die meine Aufmerksamkeit gefordert hatte, war in etwa gleich groß wie ich, mit anderen Worten ziemlich klein, wenn sie auch das Doppelte von mir maß, und hatte krauses, rotes Haar. Ihre braunen Augen musterten mich neugierig von oben bis unten. Neben ihr stand ein großgewachsener schlanker Mann, seine Haare waren zwar ebenfalls rot, allerdings lang genug, um sie in einen Pferdeschwanz zu fassen. In seinem Ohrläppchen steckte ein Ohrring, der ein wenig an einen Drachenzahn erinnerte.

Neugierig schauten hinter den beiden Ron und Hermine hervor, womit die Frage geklärt war, woher mir diese Haarfarbe so bekannt vorgekommen war. Dennoch fragte ich höflich: "Womit kann ich Ihnen helfen?"

Offen erwiderte Rons Mutter meinen Blick, ließ ihre Augen über mein Gesicht wandern und runzelte verwirrt die Stirn. Innerlich stöhnte ich auf. Nur zu gut erinnerte mich das Verhalten an all diejenigen, die meine Eltern, meine wahren Eltern, gekannt hatten und nun der leider richtigen Auffassung waren, meine Mutter in mir wiederzuerkennen. Wie um meine böse Vorahnung zu bestätigen, sagte sie: "Du kommst mir recht bekannt vor. Ich glaube fast, ich kannte deine Mutter, Liebes."

Vertrauensvoll hatte sie mir eine Hand auf den Arm gelegt und merkte jetzt wohl auch, wie ich mich unwillkürlich anspannte. Hektisch huschte mein Blick von ihr zu ihrem Sohn und zu Hermine. "Ich weiß nicht, was Sie meinen. Wahrscheinlich irren Sie sich. Mein Vater ist Professor Snape und meine Mutter schon lange tot, wenn sie mich also jetzt entschuldigen würden."

Ich wartete ihre Erwiderung nicht ab, sondern kletterte zügig die Stufen höher, nach grün schwarzen Umhängen Ausschau haltend, die ich auch recht schnell entdeckte. Ohne zu zögern, bahnte ich mir einen Weg durch die Bankreihe, froh Mrs. Weasleys nachdenklichen Blicken entkommen zu können. "Draco."

Umgehend wandte sich der angesprochene um und erhob sich vom der Bank. "Was ist los, M..."

Ich warf ihm einen warnenden Blick zu, der ihn Merlin sei Dank daran hinderte, den verräterischen Namen auszusprechen. Er benutzte ihn immer, wenn wir alleine waren, mit dem unschönen Nebeneffekt, dass ich nicht nur anfing darauf zu reagieren, sondern er auch anfing, mich automatisch so zu nennen. "Caitlyn?"

Kopfschüttelnd bedeutete ich ihm, sich erneut niederzulassen und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Umgehend legte er einen Arm um mich. "Es ist nichts, glaub mir, Draco."

Die dritte Aufgabe war genauso langweilig, wie ich sie mir vorgestellt hatte, kaum hatte ich von Harry erfahren, dass es sich um einen Irrgarten handelte. Es dauerte ewig. Zweimal, im Abstand von über einer halben Stunde, tauchten rote Funken auf, welche die Aufgabe eines Champions verkündeten – sie gehörten zu Fleur und Krum – doch ansonsten saßen wir da und schenkten unserem Gespräch im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit. Gegenseitig machten wir uns auf kleine Details aufmerksam und irgendwann fingen Noreen und Pansy an, über den richtigen Blutstatus zu diskutieren, wobei mir auffiel, wie unwohl sich Noreen dabei zu fühlen schien.

Doch meine Aufmerksamkeit lenkte sich von ihr ab, als ein ungutes Gefühl in meinem Innern hochstieg. Es verstärkte sich langsam und stetig, bis sich schließlich mein Herz zusammenkrampfte.

"Harry", kam es mir kaum hörbar über die Lippen und ich krallte mich in Dracos Hand fest. Der Schmerz wurde unerträglich und ich drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge, um einen gequälten Schrei zu unterdrücken. Es war, als würde eine eisige Hand mein Herz umklammern, es zusammendrücken und es immer langsamer schlagen lassen.

Unkontrolliert schnappte ich nach Luft, nahm Dracos angenehmen Geruch, eine Mischung aus Flieder und Wacholder, kaum wahr. Seine Hand hatte er in meinem Nacken vergraben und sein Daumen strich unablässig über meinen Hinterkopf, in dem Versuch mich zu beruhigen.

Trotz allem konnte ich ein leises Schluchzen nicht unterdrücken, als sich ein dermaßen unangenehmes Ziehen in meiner Brust breitmachte, dass ich mich zusammenkrampfte. Angestrengt versuchte ich, mich wieder auf das sanfte Streicheln Dracos zu konzentrieren, doch es gelang mir erst mit dem Verklingen des Schmerzes.

Musik wurde laut. Jubel, fröhliche Stimmen, Schritte. Der junge Mann neben mir zog mich mit sich empor, auch wenn mein Gesicht noch immer an seiner Halsbeuge verharrte. Sein Geruch nahm all meine Sinne ein und ich genoss es, den Schmerz los zu sein. 

Plötzlich sog er erstickt die Luft ein und seine Hände, die mich bis dahin vorsichtig festgehalten hatten, verkrampften sich unangenehm. Ich konnte spüren, wie er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte hören, wie in den benachbarten Reihen Unruhe ausbrach und trotzdem wagte ich erst bei Dracos leiser Aufforderung, meinen Blick zu heben.

"Mariah", sagte er unendlich leise und dicht an meinem Ohr, sodass ich seinen Atem spüren konnte. "Sieh' hin. Potter ... dein Bruder ..."

Alles in mir verkrampfte sich vor Angst und dennoch zwang ich mich, den Blick zu heben. Unendlich langsam drehte ich mich um.

Unknown Potter I - Secrets of the PastOù les histoires vivent. Découvrez maintenant