Schock

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Valka musste sich erst einmal an einem Felsen stützen. Diese Beschreibung passte genau auf ihren Hicks, nur war er jetzt ein zwanzig Jahre junge Mann, der wohl Drago dazu verholfen hatte, eine Weltmacht zu gestalten und das mit einer gigantischen Drachenarmee, so wie es Eret erzählt hatte. Ihr Atem war schwer und ihr Puls fing an zu rasen. So etwas hörte man auch nicht jeden Tag.
„Valka. Geht es dir gut? Soll ich dich stützen?" Eret hatte zwar auch unter Schock begriffen, dass es sich hierbei um die Mutter des Mannes handeln könnte, der ihn so schwer und beinahe tödlich verwundet hatte. „Nein Eret. Es geht schon wieder. Ich muss nur etwas Luft schnappen. Gleich geht es wieder." Doch der junge Drachenjäger konnte genau sehen, dass es Valka überhaupt nicht gut ging. Ihre Emotionen gingen drunter und drüber und ihr Körper schien diese Botschaft auch nicht sehr zu verkraften.
„Komm Valka. Wir bringen dich wieder zurück zu deiner Höhle. Wolkenspringer...kannst du mir helfen?" Doch der Drache war immer noch sehr misstrauisch dem Fremden gegenüber, der doch noch vor einigen tagen den Feind darstellte. Aber Valka sagte nur zu ihrem Drachen: „Ist schon gut. Wir können ihm vertrauen Wolkenspringer." Der Drache verdrehte seinen Kopf verwundert und konnte erst nicht genau glauben, was seine Reiterin ihm da gerade eben gesagt hatte. Aber wenn sie so meinte, dann musste es ja wohl auch stimmen.
Wolkenspringer ließ Valka auf seinen Rücken klettern und machte sich mit Eret, der ebenfalls auf dem Rücken des Drachen saß und auf die Frau aufpassen, wieder auf zur Höhle
Als sie dort angekommen waren, musste Valka erst einmal einen Schluck kalten Wassers trinken. Sie konnte es noch immer nicht fassen. Ihr Sohn soll der Mann an Dragos Seite sein? Er sollte dafür verantwortlich gewesen sein, dass so viele Drachen gefangen wurden? Nein, nicht ihr Hicks. Das konnte einfach nicht sein.
„Sage Eret. Weißt du, wann mein Hicks, wenn er es wirklich ist, zu Drago gestoßen war?" Sie setzte sich an einen Tisch, als sich Eret zu ihr gesellte und sich aus der Kanne auch einen Becher Wasser gönnte. „Nun ja. Es gibt nur Gerüchte, doch ist er schon seit über Fünf Jahren bei Drago, so weit ich weiß. Und er hatte mir persönlich, dass er sehr enttäuscht war, von denen, wo er herkam. Er scheint deswegen auch sehr wütend gewesen zu sein. Und in seiner Tobsucht hatte er mir auch das verpasst." Eret wies auf die verbundene Branntwunde, die langsam durch die Salbe zu heilen begann.
„Das soll Hicks dir angetan haben? Ich dachte, er würde immer ein sanftmütiger Wikinger werden." Bestürzt darüber senkte Valka ihren Kopf. Im Hintergrund konnte man hören, wie auch Wolkenspringer mitgenommen brummte. Valka ging das wirklich sehr nahe. „Aber wenn du sagtest, dass er auf Berk sehr enttäuscht wurde, dann könnte ihn Drago so geformt haben. Hicks wurde danach in Wut und Hass erzogen. Vielleicht kann ich das ja ändern.", schlussfolgerte die Frau mit braunen Haaren und hob ihren Kopf langsam wieder.
Eret konnte die Sache zuerst nicht recht verstehen, als er so langsam ahnte, worauf die Frau, die wohl schon mehrere Jahrzehnt mit den Drachen hier lebte, hinaus wollte. „Oh nein. Du willst doch etwa nicht...?" Doch Valka gab ein Nicken von sich. „Wir müssen meinen Hicks aus Dragos zwängen befreien. Hier im Drachenhort könnte er ein friedliebendes Leben führen. Wenn ich dich schon leicht umstimmen konnte, wie man richtig mit Drachen lebt, dann kann ich das als Mutter bei meinem Sohn auch." Entschlossener klang ihre Stimme, als sie das Eret entgegen sagte. Aber der hatte trotzdem immer noch Einwände dagegen. Schließlich war es gar nicht so leicht, an Hicks heran zu kommen.
„Ich befürchte nur, dass das nicht so leicht gehen wird, wie du es dir vorstellst Valka." - „Ach nein? Wieso?" Valka war verwundert. Warum könnte sie ihren Sohn nicht hierher holen? „Nun ja. Es ist so erstens ist Hicks gerade in Schottland und erobert dieses Gebiet für Drago, zweitens, Die Hauptstadt des nordischen Großreiches ist eine uneinnehmbare Festung mit Bastionen voller Drachenreiter und Geschütze. Da würden wir nie durchkommen." Doch Valka kannte noch Dragos Waffen aus frühen Tagen, als sie von hier aus mit den Drachen kämpfte und so groß war seine Drachenarmee damals auch nicht gewesen.
„Ich bitte dich Eret. Ein paar Dutzend Drachen und ihre Reiter werden und nicht aufhalten können. Wir werden und einfach unbemerkt hinein schleichen und ihn entführen." Doch da musste der junge Drachenfänger widersprechen. „Du Valka. Es sind nicht einfach nur ein paar Dutzend. Es sind mehrere Zehntausende." Doch sie redete erst weiter, als sie verstand, was er gesagt hatte. „Das wird schon leicht werden, denn....sagtest du gerade mehrere zehntausende?!" geschockt, dass sie es erst jetzt gehört hatte, vergrößerten sich ihre Augen schlagartig.
„Es ist eine gigantische Armee, die nur geschaffen wurde, um das riesige Reich zusammen zu halten und neue Gebiete zu erobern. Da kommen wir nicht durch..es sei denn.." - „Es sei denn was...?", jetzt war sie aber wirklich interessiert, wie sie beide an der wohl größten Arme, seit der Antike, vorbei kommen könnten.
„Valka. Du bist eine Drachenreiterin außerhalb des Reichsgebietes und du bist eine Rebellin." - „Wenn du das so sagst?" Aber Eret erzählte weiter: „Wenn ich einfach spiele, dass ich dich und deinen Drachen gefangen und bezwungen habe, werden wir ohne großen Auftritt in das Machtzentrum des reiches vordringen und Hicks holen können. Ich bringe dich angeblich in den Zellentrakt, während wir in Wahrheit Hicks Gemächer aufsuchen und ihn entführen. Das einzige Problem wird Ohnezahn sein."
Jetzt war Valka wieder verwirrt. „Wer ist Ohnezahn?" - „Na sein Nachtschatten und ebenfalls nichts geringeres als der Alphadrache des gesamten Reiches. Wenn er das ganze bemerkt, ist der Plan zu nichte." Doch Valka wusste schnell Abhilfe: „Dann nehmen wir eben das Gift des Schnellen Stachels mit. Damit können wir Drache, als auch Hicks lähmen, bis wir wieder hier sind. Das ist zwar nicht angenehm, aber immerhin etwas."
Eret stimmte nickend zu. „Dann machen wir es so. Aber erst einmal brauche ich Schädelbrecher." - „Wird schon erledigt. Wolkenspringer. Holst du ihn bitte?" Der Drache nickte und verschwand aus der Höhle.
Valka wandte sich wieder zu ihm und sagte: „Gut Eret. Du ruhst dich noch ein wenig aus und ich beschaffe das Gift. Dann führst du uns zu Hicks." - „Einverstanden."
Der Plan war fertig. So wollte Valka ihren Sohn wieder ins richtige Leben mit Drachen und Menschen führen. Hoffentlich würde es klappen...

BERK

Im Dorf ging alles nach geregelten Bahnen. Sie hatten gerade das Drachentraining für heute beendet, als sich die Zwillinge schon wieder die nächsten Streiche ausdachten. Fischbein studierte erneut das Buch der Drachen und Rotzbacke ging seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Astrid zu imponieren.
„Na komm schon Astrid, willst du die Muskeln nicht mal anfassen?" Doch darauf nur ein heftiger Schlag, von der jungen Wikingerin, die zu einer bildhübschen Frau heran gewachsen worden war. Rotzbacke sah sofort Sterne und fiel bewusstlos zu Boden. „Du mich auch Rotzbacke. Da würde ich lieber mich mit einem Drachen verheiraten lassen, als mit dir." Doch genau davor graulte es ihr ja. Rotzbacke war nach Hicks Verbannung zum Nachfolger in der langen Serie von Dorfhäuptlingen ernannt worden. Und dann konnte er jede Frau aussuchen ,die er wollte. Ihr Wille spielte dabei gar keine Rolle.
Doch noch war es nicht so weit und die Option, Hicks zu suchen, stand immer noch offen. Aber leider hatten sie bisher noch nichts von ihm gehört. Nicht einmal ein Brief, den Händler Johann brachte und auch der kam schon fast über zwei Jahre nicht mehr. Viele Im Dorf haben schon angenommen, dass er irgendwo gekentert und ertrunken sein musste.
Ihr eigentliches Ziel war die Schmiede gewesen. Der Gronckel in der Arena hatte ihre Axt beschädigt und nun sollte die Grobian wieder richten.
„Na Astrid. Der Gronckel hatte die heute aber wirklich zugesetzt was?" - „Oh ja. Wirklich: hast du ihm weniger Futter gegeben?", fragte Astrid etwas abwesend. „Na ja, Du warst ja heute auch nicht gerade auf Zack. Was plagt dich denn?" Astrid schaute betrübt zu Boden. Grobian erkannte sofort, um was es gehen musste.
„Er fehlt dir immer noch, was ?" Eine kleine Träne verließ ihr Auge, als sie nickte. „Es...es ist jetzt fast Fünf Jahre her, dass er weg ist. Warum? Jetzt wird mich Rotzbacke zwangsverheiraten." Doch der Schmied mit dem übergroßen Herzen wusste immer Rat. Astrid kam schon mehrere Male zu ihm, als sie ihrer Gefühle nicht mehr Herrin war. „Du kannst immer noch von Berk fliehen. Nur Hicks zu finden, wird sich als sehr schwierig erweisen. So ein Nachtschatten ist sehr schnell." - „Na und? Lieber auf See verrecken, als Rotzbacke zum Ehemann." jetzt hielt Astrid die Tränen nicht zurück. Sie fing an zu weinen. Grobian konnte nicht anders, als sie zu trösten.
„Komm her meine kleine. Vielleicht kommt er auch wieder zurück nach Berk. Vielleicht kommt Hicks wieder..."
Aber dann auf einmal eine gereizte Stimme hinter Grobian. „Wenn mein Hicks noch einmal einen Fuß auf Berk setzt, dann schlage ich ihm persönlich den Kopf ab. Er ist ein ein Verräter. Er hat alles verraten, was uns Wikinger ausmacht." Haudrauf wollte sein Schwert schleifen, als er das Gespräch zwischen Astrid und Grobian gehört hatte. Und er war darüber überhaupt nicht begeistert gewesen. Hicks hatte die Kultur der Wikinger verraten und war mit diesem dreckigen Nachtschatten geflohen. Er war ja auch nie richtig einer von ihnen gewesen.
„Du hast gar keine Ahnung Haudrauf!!!", schrie Astrid das Dorfoberhaupt an, als sie mit ihrer Axt und tränen-verschmiert in den Wald rannte. Zurück blieben nur ein geschockter Grobian und ein ungeduldiger Haudrauf. „Hier..mein Schwert muss geschliffen werden. Und wehe, ich höre noch einmal solche Gespräche."
Doch dann ein Ruf vom Wachturm: „Da...Händler Johann kommt!" - „Was?..ich dachte der wäre untergegangen?" Sofort ließen Haudrauf und Grobian die Schmiede links liegen und machten sich mit dem Rest des Dorfes runter an den Steg.
Aber als sie ankamen verwunderte sie etwas. Das war Händler Johann. Kein Zweifel, jedoch trug er eine Art Rüstung und sein Schiff war auch ein völlig anderes. Sein weißes Segel zierte einen Schädels des riesenhaften Albtraumes. Irgend etwas hatte sich verändert.
Als Haudrauf näher ging, um ihn zu begrüßen, entgegnete er nur: „Awe Drago, Hochwohl dem Imperator....!"


The Dark RiderWhere stories live. Discover now