Keine Waffen mehr

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Was war in sie gefahren, dass sie noch glaubte, Hicks würde sie immer noch lieben? Wieso konnte sie so naiv sein? Für Astrid brach gerade eine Welt zusammen. Eine Welt, die sie sich viel schöner und friedlicher vorgestellt hatte. Hicks war nicht mehr der schüchterne kleine dünne Junge, der lieber alles mi Köpfchen heranging. Er war ein brutaler und eiskalter Feldherr geworden. Ein Mann, der sich durch nichts beeinflussen lässt und seine Gegner in den Tod schickt.
Sie saß tief mitten im Wald nahe am Krähenkliff. Niemand weit und breit nur sie und die einsame Stimme des Waldes. Auf einem Holzstamm kauern und weinend. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass Hicks ihr sowas antun könnte. Nie im Leben. Was sollte sie jetzt nun tun? Hicks war sicherlich dabei, das Ganze Dorf als sein Eigentum zu erklären und sich als Herrscher durchzusetzen. Obwohl sie sich ergeben hatten und keine Schlacht folgte, würden sicherlich noch einige Einwohner Berks ums Leben kommen. Bei diesem Hicks konnte alles möglich sein.
„Was soll ich nur tun Odin? Wie kann ich das noch abwenden? Kannst du nicht Hicks wieder zum Dem machen, der er einst war?" Sie richtete ihren Blick gen Himmel. Nur die Götter konnten ihr jetzt noch helfen, aber würden sie das Klagen einer jungen Wikingerfrau überhaupt ernst nehmen? Sicherlich nicht. Aber wenn es eine Chance gab, Hicks wieder auf seinen alten Pfad zu bringen, musste sie diese ergreifen.
„Hört ihr mich?! Götter?! Was soll ich tun? Gebt mir bitte ein Zeichen! Ihr könnt doch nicht zulassen, dass dies gerade wirklich geschieht." Tränen konnte sie nicht mehr vergießen. Ihre Augen waren rot unterlaufen. Der Schmerz tausender Schwerter zollte bei der jungen Wikingerin seinen Tribut. Ohne eine Antwort der Götter zu erwarten, kauerte sie sich wieder auf dem Stamm zusammen und versuchte so zu tun, als ob dies nichts anderes als ein schlimmer Traum wäre.

Im Dorf herrschte dagegen eine überall wahrzunehmende Anspannung. Alle Wikinger Berks mussten ihre Waffen an einem Sammelpunkt abgeben. Wer sich weigerte, musste mit der Peitsche rechnen. Hicks schien gnadenlos jedes Haus zu durchsuchen, in welchem er noch Waffen vermutete. So auch das der Jorgensons, wo ein aufgebrachter Rotzbacke sich weigerte, seine Schwerter den feindlichen Truppen zu überlassen.
„Ihr wagt es nicht die heiligen Schwerter meiner Familie zu nehmen." Er stellte sich vor seine Haustür und signalisierte den Soldaten, dass er niemanden in sein Haus lassen würde. Rotzbacke war der letzte Wikinger im ganzen Dorf, der noch nicht seine Waffen abgegeben hatte. Bis zum letzten Moment wartete er und versuchte zu hoffen, übersehen zu werden. Vergeblich. Nun stand ein Trupp von ein Dutzend Männern und ihren Drachen vor seinem Haus. Sein Vater hatte seinem Spross schon gesagt, dass er lieber aufgeben sollte. Selbst ein Jorgenson hätte nicht den Hauch eine Chance bei solch einer Übermacht, Aber Rotzbacke wollte nicht hören und versperrte den Weg immer noch, was die Soldaten langsam dazu bewegte, ihre Schwerter zu ziehen.
Plötzlich ein großer schwarzer Schatten: „Mache lieber den Weg frei, oder du bekommst den Blutadler zu spüren. Du weißt. Die schlimmste Methode einen Wikinger hinzurichten." Hicks hatte sich auf dem Dach des Hauses der Jorgensons niedergelassen. Mit einem grimmigen und fordernden Blick, dass sein sturer Cousin endlich den Weg frei machen würde.
„Der Blutadler? Dazu bist du doch viel zu feige Hicks. Alle hier im Dorf glauben, dass du dich zu sehr verändert hast, aber ich glaube, dass du hier nur den Breiten markierst und deine Männer alles erledigen lässt. Du würdest in einem Zweikampf nie gegen mich gewinnen. Das weißt du. Und deshalb bin versteckst du dich auf deinem Drachen."
Aber diese Provokation schien nicht den gewünschten Effekt zu haben, den sich Rotzbacke gewünscht hatte. Hicks landete auf Ohnezahn vor seinem Haus, stieg ab und zog seine beiden Kurzschwerter. „Wenn du willst, ein Zweikampf. Hier und jetzt. Du kannst aber auch Platz machen. Dann werde ich dir nicht ganz so wehtun." – „Pah, dass ein Hicks, wie du es bist, mir überhaupt wehtun könnte. Ich muss gleich anfangen zu lachen. Aber gut. Wenn du unbedingt heute mit deinem Meister konfrontiert werden willst, kannst du das gerne haben, Hicks."
Doch Rotzbacke schien sich sehr übernommen zu haben. Hicks brauchte nur zwei Bewegungen, da hatte der dem Jorgenson einen tiefen Schnitt in den Oberarm verpasst. So einen schnellen Kampfstil hatte Rotzbacke noch nie gesehen. Voller Schock ließ er sein Schwert fallen. Dann kamen die Schmerzen.
„Du Bastard! Wenn ich dich wieder in die Finger kriege..." – „Soll ich dann vor Angst heulen? Du kannst froh sein, dass ich dir nicht den Kopf abgeschnitten habe. Also mach den Weg frei. Oder willst du noch den Blutadler ganz hautnah erleben?"
Die Schmerzen zwangen Rotzbacke, kürzer zu treten. Zwei Soldaten packen sich ihn und führten ihn auf Hicks Befehl hin zu Gothi, die sich um die Wunden des Verletzten kümmern sollte. Und selbst Rotzbacke musste sich eingestehen, dass er noch einmal mit dem Leben davon gekommen war.
„Nun räumt dieses Hauf voll Waffen leer!", konnte er noch hören, als er zu Gothi gebracht wurde. Seine Schwerter würde er wohl nie wieder sehen.

„Meine Güte. Da haben wir ja aber einen wütenden Sohn!", Alvin, mittlerweile ebenfalls angekettet, saß neben Haudrauf in der großen Halle. Hicks hatte die Anführer des Dorfes hierher bringen lassen. Auch Grobian war darunter. Er war zu Haudraufs Linken gefesselt. „Ich will ja Alvin nicht unbedingt zustimmen, aber den Hicks, den wir gekannt haben, scheint verschwunden zu sein."
Haudrauf schwieg nur. Er wollte immer noch nicht glauben, was aus seinem Hicks geworden ist. Wäre es anders verlaufen, wenn er der Idee seines Sohnes auf Frieden mit den Drachen Glauben geschenkt hätte? Vielleicht. Denn ein Sohn, der unter dem Befehl von Drago Blutfaust handelt, ist das Schlimmste, was sich ein Vater eines Wikingers überhaupt vorstellen könnte.
Er konnte sich noch damals genau daran erinnern, als er diesen Mann gehüllt in einen Umhang aus Drachenhaut. Er bot ihnen ebenfalls eine Lösung für das Drachenproblem an, aber mit der Bedingung, dass sich alle Wikingerstämme ihm untergeben sein müssten. Alle haben gelacht, auch er, Haudrauf der Stoische. Niemals würde sich ein Anführer eines Wikingerdorfes einem fremden Herrscher unterordnen. Nun aber war es über sie gekommen. Die Unterwerfung. Ausgerechnet in Form von Hicks. Seinem Sohn. Seinem eigen Fleisch und Blut.
Während er weiter dachte, unterhielten sich Grobian und Alvin über seinen Kopf hinweg. „Und was machen wir nun? Dass wir nicht alle sterben werden, ist sicherlich schon mal ein gutes Zeichen, aber in Knechtschaft eines Wahnsinnigen zu leben? Das kommt doch niemals in Frage." Alvin war ebenso nicht sehr begeistert von dem Gedanken, dass er und seine Insel einem Herrscher irgendwo in der Ferne gehorchen mussten.
„Stimmt. Und wenn alle Waffen nur den Soldaten Dragos zugestanden werden, kann ich meine Schmiede schließen. Immerhin bin ich Waffenschmied. Was soll ich denn ohne mein Handwerk machen?" – „Siehst du. Deswegen müssen wir uns etwas ausdenken, dass uns diese Plage von Hicks endlich vom Halse schafft."
Dann auf einmal: „Mein Hicks ist keine Plage!" Jetzt meldete sich Haudrauf zu Wort und unterbrach die beiden in ihrem Dialog. Voller Zorn darüber, wie sich Alvin über seinen Sohn ausgedrückt hatte, starrte er ihn wütend an. Lieber hätte er ihm jetzt sehr wehgetan, aber die Ketten bewahrten Alvin vor diesem schlimmen Schicksal.
„Mein Hicks ist immer noch mein Sohn. Und irgendwie können wir ihn sicherlich wieder einen von unseren werden lassen. Das sich Alles so entwickelt hat, ist eigentlich meine Schuld. Ich habe damals Hicks Vorschlag auf Frieden mit den Drachen und Wikingern keinen Glauben geschenkt und ihn von der Insel gejagt. All das hier ist meine Schuld. Und deswegen werde ich das auch wieder gerade biegen. Das schwöre ich bei den Göttern."


The Dark RiderNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ