Die Augen der Mutter

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„Du sagtest, dass sie auf Drachen ritten?" Haudrauf konnte immer noch nicht glauben, was er da von Alvin gehört hatte. Er und seine Verbannten wurden von einem angeblich riesigen Heer überfallen. Nur diese Ansammlung von verletzten Männern hätte das überlebt. Es klang schon sehr weit her geholt. Haudrauf kante die Geschichten von den römischen Armeen, die vor mehr als 500 Jahren auf Europa einen Staat nach dem anderen erobert hatten. Doch seit dem Untergang des römischen Reiches hatte es keine vergleichbare Armee mehr gegeben.
Der Häuptling Berks war sich nicht sicher. Es könnte auch eine Falle der Verbannten sein. Sicherlich hätte sich schon eine Flotte von ihrer Insel aus in Bewegung gesetzt und würde Berk bald erreichen. Aber die Verletzungen waren echt. Und Alvin hätte sicherlich nicht zugelassen, dass einige seiner besten Kämpfer unfähig wären, wenn es um die Eroberung Berks gehen würde. Innerlich hin und her gerissen, wandte sich der Chef Berks von dem schwarzbärtigen Verbannten ab und richtete sein Wort an Grobian, der mit ihm in der großen Halle stand.
„Was meinst du. Können wir ihm diese Geschichte endlich abnehmen?" – „Nun weißt du Haudrauf, nachdem der erste verletzte Verbannte mittlerweile verstorben ist und Alvin all seine Männer braucht, können wir ihm die Geschichte schon abkaufen. Vor allem, da viele Verletzte Brandspuren aufweisen, die nur so von Drachen stammen könnten. Bei meiner Unterbuchse. Ich glaube er sagt die Wahrheit."
Haudrauf atmete tief in seinen roten Bart. In der Tat. Man hatte nicht übersehen könne, wie schwer die Verbannten verletzt waren. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Alvin sich das nur ausgedacht hat. Aber viele im Dorf trauten trotzdem dem Ganzen nicht.
„Also gut. Alvin, du und deine Männer können vorerst hier bleiben. Aber, ihr werdet unter besondere Beobachtung gestellt. Falls sich auch nur der geringste Verdacht äußert, dass ihr etwas anderes im Schilde habt, werden wir euch wieder in ein Bott setzen und euch bis ans Ende der Welt treiben lassen!"
Der Anführer der Verbannten nickte zustimmend. Alvin wusste. Es war kein Trick von seiner Seite aus. Er hatte seine Insel und seine Gefolgsleute verloren. Dieser Schattenreiter und seine Armee war einfach nicht zu besiegen gewesen.
„Haudrauf?", Alvin wandte sich noch einmal an den Anführer Berks, „Ich weiß, du kannst mir nicht mehr trauen, nach all dem was zwischen uns vorgefallen ist. Aber eines muss ich dir noch sagen. Der Anführer dieser Armee..." – „Ja, was ist mit dem Anführer?" Haudrauf unterbrach ihn mit angespannter Stimme, denn er schien zu ahnen, was Alvin ihm zu sagen hatte.
„Haudrauf. Der Anführer der Armee hatte die gleichen Augen, wie sie deine Frau Valka einst besaß. Sie sehen sich zum Verwechseln ähnlich."
Das war für den Häuptling Berks zu viel. Wie von der Biene gestochen verließ er die große Halle, worauf Alvin die Welt nicht verstand. Verwirrt hakte er nach: „Was soll das denn jetzt?! Weißt du etwa was über den Anführer dieser Armee, was ich nicht weiß?"
Als Haudrauf die Tore zur Halle erreicht hatte, drehte er sich kurz um und sprach: „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das mein tot geglaubter Sohn."
Verwundern und gleich erschrocken von dieser Information, wäre Alvin fast von der Bank gefallen, auf der er saß. Alles beobachtet von Grobian. „Genau so hat Haudrauf auch das erste Mal reagiert, wie sich sein Sohn so in der Welt gemacht hat. Wir haben alle geglaubt, Hicks sei tot. Aber wahrscheinlich ist da noch was anderes vorgefallen. Wer weiß, vielleicht hat er ja nen Nachtschattengezähmt, sodass ihm die Leute alle zu Füßen lagen." Mit einem schiefen grinsen trank der Dorfschmied einen Schluck Met aus seiner Krug Halter.

Mit einer leichten Briese in den Segeln, bahnte sich Hicks Flotte den Weg über das weite Meer. Sie hatten Die Drachenkönigin unter Kontrolle gebracht, die Berserker und Verbannten besiegt und das Archipel so gut wie erobert. Es fehlte nur noch die Insel Berk und ihre Bewohner. Und obwohl es militärisch gesehen das leichteste aller Unterfangen sein würde, hatte Hicks immer mehr Bedenken, wie er seine Ankunft gestalten würde.
Hatte Berk mittlerweile Kenntnis, dass er noch am Leben war? Was würde er machen, wenn sie ihn erkennen würden? Müsste er seinen alten Freund Grobian töten? Müsste er Astrid töten, die ihn mit Tränen nachgesehen hatte, als er verschwand?
Seine Kopfschmerzen wurden einfach nicht weniger. Schlimmer noch. Hicks machte sich über alle möglichen Situationen Gedanken. Alle Feldzüge, die er für Drago geschlagen hatte. Gegen die Berserker, die stolzen Schotten, gegen jede Art von Drachen. Alles schien eine Leichtigkeit gegen diesem Unterfangen zu sein.
Plötzlich klopfte es an der Tür. „Herein?" Die Tür öffnete sich und ein Mann mittleren Alters, mit schwarzen Haaren und schwarzem, gestutztem Bart trat in die Kajüte des Feldherren. „Mein Herr. Der Wind ist nicht so stark, wie wir angenommen haben. Erst gegen Nacht könnten wir in Berk sein. Es würde eine Offensive in kompletter Dunkelheit stattfinden müssen."
Da horchte Hicks genauer hin. Eine Offensive in der Dunkelheit würde einige seiner Probleme lösen. Auf seinem Nachtschatten und schwarzer Rüstung würde man nicht mehr als einen schnellen Schatten ausmachen, der nicht genauer zu erhaschen wäre. Er müsste sich nicht zu erkennen geben.
„Gute Nachrichten. Bereitet die Armee auf einen Nachtangriff vor. Wir werden sie im Schlaf überfallen. Sagen sie auch ihrem Bruder Ryker Bescheid, Vigo. Sie beide werden einen Stoßtrupp über das Hinterland Berks anführen." – „Zu Befehl, mein Herr." Mit diesen Worten verlies der Mann wieder die Kajüte von Hicks und machte sich auf den Weg, die Armee vorzubereiten.
Hicks hatte sich indes zu Ohnezahn umgedreht. Der Nachtschatten hatte sich auf einer Steinplatte eingerollt und döste ein wenig.
„Na Kumpel?" Ein Ohr des schwarzen Drachen spitzte sich, während er ein Auge öffnete und entspannten brummte. „Wir werden dieses Mal nachts angreifen. Da wird uns niemand sehen." Nur ein müde Gurren von seinem Drachenfreund, aber Hicks wusste, das Ohnezahn diesen Vorschlag gut finden würde. Hicks lächelte: „Ruh dich noch ein wenig aus. In der Nacht werden wir auf Berk stoßen und schon im Morgengrauen wird die Insel uns gehören, wenn nichts dazwischen kommt."
Damit wandte sich Hicks zu den Karten Berks. Seine ersten Karten, die er als Fünfzehnjähriger angefertigt hatte. Als er noch auf Berk lebte...

The Dark RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt