Dagurs Schicksal

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Nach einigen Minuten schließlich hatten sie sich am Lagerfeuer zusammen gefunden, tranken etwas und redeten über alte Zeiten. Hicks hörte Dagur gespannt zu, was er aus den letzten Fünf Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten, zu berichten hatte. Immer wieder schenkte der Berserker ihm danach einen Schluck Met ein, den Hicks jedoch gekonnt weg kippte, wenn der kräftige Mann nicht hinsah. Immerhin trank er so gut wie nie Alkohol, denn er wusste genau, dass dies die Sinne vernebelte. Gut also für ihn, denn Dagur kippte sich einen Becher nach dem anderen, rein, schien aber sehr viel zu vertragen, da er immer noch ohne Lallen erzählen konnte. Er schien wirklich sehr viel vertragen zu können.
„Nun Hicks. Was hast du sonst in den vielen Jahren hier auf der Dracheninsel gemacht? Wo ist denn überhaupt dein Lager, denn ich durchkämme diese Insel schon seit Wochen und habe nichts dergleichen gefunden." Hicks jedoch lehnte sich nur ein wenig an einen Baum, schaute zu dem Berserker herüber und sprach: „Nun Dagur ich habe da so meine Tricks, wie du mein Lager niemals finden wirst. Du kennst ja meinen Einfallsreichtum." Er lächelte und kippte wieder in einem günstigen Moment den vollen Becher in die Büsche.
Doch irgendwann musste er von ihm weg. Schließlich wartete Ohnezahn in den Wäldern auf ihn. Er könnte auch sich verziehen und dem Nachtschatten sagen, dass er wieder zur Flotte zurück kehren sollte. Sicherlich wäre das die beste Variante gewesen, denn Hicks hatte Angst um seinen besten Freund. Immerhin hatten sie schon so viele Abenteuer bestanden, dass jetzt ein einfacher Berserker dies nicht stoppen sollte. Dagur wollte seinen Kopf doch nur über seinen Kamin hängen, um damit bei den anderen Stämmen anzugeben. Bloß gut, dass Ohnezahn in seiner Neugier sich dem Lager noch nicht genähert hatte.
Aber ein Plan musste her, denn hier konnte er nicht bleiben. Dagur war zwar zu besiegen, doch konnte er auch ein schwerer Gegner sein. Schließlich waren die Berserker dafür bekannt gewesen, die brutalsten Krieger unter allen Wikingern zu sein. Und er würde nicht fair kämpfen, darauf konnte sich der braunhaarige Waräger gefasst machen. Es würde ein harter Kampf werden, wenn es auf ihn allein zurück kommen würde.
„Nun Hicks, würdest du dich mir anschließen?", Völlig unerwartet kam dies aus dem Mund des Berserkers, als er gerade seinen Schluck Met den Rachen runter laufen ließ. „Wie bitte?!" Hicks war völlig geschockt darüber. Er konnte doch nicht annehmen. Dann wären sie so etwas wie Kampfbrüder. Aber genau das wollte er verhindern. Oder etwa doch nicht? Der Schwur des gemeinsamen Kampfe galt ja nur für Wikinger und technisch gesehen war er keiner mehr, nachdem er das große Imperium von Drago geschaffen und gestaltet hatte. Er konnte sich mit Stolz Bürger und Lord nennen. Also müsste er sich auch nicht daran halten.
„Also gut Dagur. Wir können zusammen arbeiten, wenn du willst. Vielleicht schaffen wir es dann, den Nachtschatten zu fangen." Jetzt bahnte sich in Hicks Kopf eine Idee an. Ja genau so würden sie es machen. Dagur auf eine falsche Fährte locken und wenn es dann so weit wäre, würde die Falle zuschlagen. Genau so und nicht anders.
„Na dann Hicks mein alter Freund begrüße ich dich hier als meinen Kampfbruder und besten Freund. Mit deinem Köpfchen und meinen Muskeln kann uns nichts aufhalten. Und vielleicht werden wir es in dieser Nacht schaffen, einen Nachtschatten zu erlegen. Wir werden es diesem schwarzen Biest zeigen und seinen Kopf über meinen Kamin aufhängen." Voller Elan erhob sich der Berserker, richtete sein Schwert gen Himmel und schaute Hicks mit einem entschlossenen Blick an. Jetzt hatte der Schwarze Reiter ihn an der Angel. Dagur würde in sein verderben laufen und nicht würde das noch aufhalten.
„Worauf warten wir dann. Los, sonst entwischt er uns vielleicht noch. Dann wären wir endlich heute Nacht am Ziel. Ich muss nur noch kurz um die Ecke." - „Wenn du meinst Hicks. Der Met muss dir wohl wirklich auf die Blase schlagen, was?" Doch da war Hicks auch schon in den Büschen verschwunden und versuchte, so schnell wie irgend möglich, seinen Drachen ausfindig zu machen. Sie mussten jetzt ganz genau vorgehen, denn bei dem kleinsten Fehler hätte das fatale Folgen haben können.
Nach kurzer Suche fand er seinen besten freund, wie er sich hinter einigen Büschen, nur gut zwanzig Meter vom Lager entfernt eingerollt hatte, um ein wenig zu schlafen. Doch müde schien der Drache nicht zu sein. Er sprang auf, tänzelte kurz um Hicks herum, um ihm sein Gesicht ab zu schlecken. „Bitte höre auf Kumpel. Die Sache ist ernster als wir denken." Der Drache stoppte sofort und schaute seinen Reiter fragend an. „Hör zu Kumpel. Auf der Insel befindet sich Dagur der Durchgeknallte mit einem Arsenal an Waffen, mit nur einem Ziel. Einen Nachtschatten zu töten. Also dich."
Darauf knurrte Ohnezahn aggressiv. Er konnte es gar nicht leiden, dass alle Drachenfänger hinter ihm her waren, nur weil er ein seltener Drache war, vielleicht der letzte seiner Art. „Pscht...Ruhig Kumpel, sonst hört er uns noch. Also. Wir werden dem Kerl eine Falle stellen. Du weist doch noch der Vulkan an der Küste und was wir da heute Früh gemacht haben?" Der Nachtschatten nickte zustimmend. Wie konnte er denn das vergessen? „Also gut. Du führst Dagur zu dem Vulkan und dort lasen wir die Falle zuschnappen. Du verstehst, was ich meine. Dann sind wir ihn alle Male los."
Sein Drache gurrte zustimmend, als Hicks den Plan fertig erzählt hatte und machte sich sofort auf den Weg, den Jäger auf eine Fährte zu locken, auf der er wahrscheinlich nicht mehr lebend zurück kommen würde.
„Hicks...Hicks wie lange brauchst du denn? So viel Met hast du doch gar nicht getrunken!", rief Dagur in die Büsche. Aber für den Waräger, der unter Drago kämpfte, war alles fertig. Nur Täuschung. Er kam wieder hervor und schaute den Berserker nur kurz an, als er sagte: „Na gut. Dann lass uns einen Nachtschatten jagen gehen." Er klappte sein Schwert aus und ging voran, was Dagur aber gar nicht gefiel. „A..a..a Ich bin hier der Jäger und der bessere Krieger. Ich werde voran gehen!" Dieses recht wollte er sich nicht nehmen lassen, also gab Hicks nach und ließ ihn vorweg gehen.
Einige Zeit später kamen sie an einen Hang. Büsche waren ihnen im Weg und ein Durchkommen war nur sehr schwer möglich. „Was nun?" - „Hicks, wir werden uns doch nicht von den wenigen Büschen stoppen lassen. Immerhin sind wir Wikinger und....halt..."
Auf einmal raschelte etwas. Immer näher schien es zu kommen. Dagur hatte sofort seine Armbrust bereit, den Bolzen auf alles zu schießen, was da zwischen das Blattwerk hindurch treten würde. „Vielleicht ist das der Nachtschatten." Dagur wurde immer angespannter. Immerhin könnte jetzt der gefährlichste Drache von allen hier gleich erscheinen. Sein Finger berührte den Abzug. Gleich müsste es so weit sein.
Nur wenige Sekunden später tauchten zwei gelbgrüne Augen auf. Ein schnittiger Kopf mit großen ovalen Ohren und einem breiten Kiefer erhob sich zwischen den Büschen. Und das brachte den Berserker zur Höchstform, was Hicks überhaupt nicht gerne sah. Ohnezahn hatte es wohl mit dem auf die falsche Fährte locken ein wenig zu genau genommen. Er schien es zu riskant an zu gehen.
„Da...endlich der Nachtschatten. Jetzt wirst du mir gehören!" Dagur zielte auf ihn, während der Drache einfach nur drein starrte.
Hicks wusste nicht, was er tun sollte. Hinter Dagur stehend, versuchte er seinem besten Freund klar zu machen, dass er sofort abhauen sollte, wenn er nicht eines grausamen Todes sterben wollte. Mit heftigen Handbewegungen versuchte dem Drachen klar zu machen, dass Gefahr von diesem Kerl ausging.
Während Dagur sich zum Schuss bereit machte und Ohnezahn nur schleichend verstand, was sein Reiter und bester Freund mit den wilden Gesten bezwecken wollte. „Jetzt bist du mein!", sprach der Berserker noch leise, als er abdrücken wollte. Genau zwischen die Augen wollte er treffen, als Hicks sich doch entschied, dazwischen zu gehen. „NEIN!", rief er, als Dagur gerade abdrücken wollte. Genervt von seinem Schrei wandte sich der Berserker kurz von seinem Ziel ab, was sofort wieder in den tiefen Büschen verschwand und sich aus dem Staub machte.
„Was soll das denn jetzt Hicks?!" Er war sichtlich gereizt, dass ihm vielleicht der große Fang seines Lebens durch die Lappen gehen würde. „Ich will auch meinen Anteil!", protestierte Hicks gespielt, denn über diesen Part der Verhandlungen hatten sie bisher noch kein einziges Wort verloren.
Dagur stöhnte genervt. „Na gut. Du kannst von mir aus einen Flügel oder den Schwanz des Drachen haben, doch ich will seinen Kopf!" Damit wandte er sich wieder um, musste jedoch fest stellen, dass sich dort kein Nachtschatten mehr befand.
„Och Mann, jetzt ist er mir doch durch die lappen gegangen und nur weil du so bockig bist und einen Anteil verlangst. Bist ganz schön gierig Hicks." Dagur ließ seine Armbrust sinken und atmete kurz ein und aus, als er wieder einen klaren Gedanken fasste und zu Hicks sagte: „Aber gut, wenn er weiter in der Schlucht ist und wir ihn einfach vor uns her treiben, dann können wir ihn am Vulkan in eine Sackgasse führen. Der dumme Drache wird das sicherlich nicht merken und dann schlagen wir zu."
Jetzt hatte Dagur komplett angebissen. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er fallen würde. Dort am Vulkan wäre nicht Ohnezahn, sondern er in der Falle gewesen. Und keiner hätte ihn da heraus holen können.
Sie kämpften sich durchs Blattwerk. Immer weiter drangen sie in die Schlucht, die am Vulkan endete. Dort erhoffte sich der Berserker endlich, den Nachtschatten zu töten, was er schon so lange angestrebt hatte. Er wollte es endlich schaffen. Niemand konnte ihn aufhalten. Und Hicks? Der sollte sich mit einem Flügel oder Schwanz schon zufrieden geben, schließlich war er es, der diesen Drachen begehrte. Was andere wollten, spielte für ihn gar keine Rolle.
„Bald sind wir da Hicks. Ich kann den Nachtschatten förmlich spüren.", gab er begierig von sich als sie am Ende der Schlucht ankamen. Doch noch war der Drache nirgends zu sehen. Das freie Feld, was sich auftat offenbarte viele Büsche, in denen er sich verstecken konnte.
„Na gut Hicks. Du übernimmst die rechte Seite, ich die Linke. Irgendwo wir er schon sein und dann schlitze ich ihm die kehle auf." - „Wenn du meinst, doch der Nachtschatten wird sich da sicher nicht gefallen lassen."
Hicks wartete nun auf den richtigen Moment. Er hatte Ohnezahn schon lange ausgemacht. Es musste nur noch der passende Moment kommen, dann wäre auch alles bereit. Langsam schritt er zur seiner Seite und konnte schon sehen, wo sich sein bester Freund versteckte. Nur kurze Zeit später raschelte es im Gebüsch und Hicks wurde von zwei gelbgrünen Augen angestarrt.
Doch damit hatte er nicht gerechnet. Dagur wandte sich zu Hicks um und erschrak fast. „Da Hicks vor dir!"
Ein Schuss löste sich, doch traf der Bolzen nicht. Dagur hatte sein Ziel verfehlt und wollte sofort nachladen, als sich der Nachtschatten in voller Pracht ihm offenbarte. Und was er da sah, gefiel ihm gar nicht. „bei den Göttern ist das etwa ein..." - „---Sattel? Ja Dagur. Ich töte keine Drachen. Ich reite und kämpfe mit ihnen, so wie meine Armee und meine neue Wunderwaffe."
Dagur wusste nicht mehr, was er sagen sollte. Seine Welt wurde plötzlich auf den Kopf gestellte. Hicks war doch immer der gewesen, der der beste Drachentöter werden wollte. Und nun das?! Das war nicht möglich. Hicks ein Drachenreiter? Das grenze an Verrat!
„Du hast das, was einen Wikinger ausmacht, verraten! Du hast deinen Vater verraten! Du hast mich verraten! Hicks, du bist nicht mein Kampfbruder. Du bist mein Feind." - „Da bin ich aber froh!", kam es nur herablassend von dem Mann, der sich noch bis gerade eben zurück hielt. Dagur verwirrte die aber nur noch mehr.
„Ach Dagur. Ich erkläre es dir, wie man es bei kleinen Kindern macht. Wir waren nie Freunde und erst recht nicht, als ich zu Drago Blutfaust gewechselt bin. Berk und mein Vater sind mir egal." - „Was ist dir dann wichtig?! Dagur ließ vor Schock seine Armbrust fallen und starrte nur noch auf den Hicks, der wie ein triumphierender Feldherr auf dem Nachtschatten saß, der anfing blau zu leuchten.
„Bei Thor...was ist das?" - „Das Dagur ist ein Titanennachtschatten. Der mächtigste Drache, den es auf der Welt gibt. Und er wird dein Untergang sein. Der Untergang deines ganzen Volkes, denn in diesem Moment, ankert eine Flotte von mehreren hundert Schiffen an dieser Insel, die deine weit in den Schatten stellt."
Aber damit wollte sich Dagur nicht zufrieden geben. Er hatte auch noch ein kleines Ass im Ärmel. „Ach ja? Dann kann meine Armada dich gleich hier fertig machen, denn die habe ich mit gebracht!" - „Oh Dagur. Ich brauche keine Flotte, um deine Nussschalen zu Kleinholz zu verarbeiten. Sie her und begreife, was wahre Macht ist!.....Jetzt Ohnezahn!"
Auf einmal ertönte ein markerschütternder Schrei aus der kehle des Drachen. Er war so laut, dass selbst Dagur sich die Ohren zu halten musste. Nur wenige Momente, nachdem das laute Szenario vorbei war, bebte die Erde. „Was...was ist das für ein Zauber?" - „Das Dagur...ist dein Untergang."
Plötzlich riss die Flanke des Vulkans auf. Ein gigantischer Drache, den der Berserker noch nie zuvor gesehen hatte trat hervor und trat an die Seite von Hicks, der mittlerweile mit seinem Drachen abgehoben war.
Als der Schwarze Reiter sich auf Augenhöhe zu diesem Monstrum befand, blickte er nur noch einmal zu Dagur: „Unterwerfe dich! Oder dein Volk wird untergehen." - „Niemals, werde ich das tun, was ein Hicks mir befielt!" - „Dann Habe ich keine andere Wahl."
Daraufhin wandte Hicks den Blick zu dem Drachen, der nicht nur durch seine sechs Augen furchteinflößend aussah: „Roter Tod! Beende es!"...

The Dark RiderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt