Kapitel 22

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"Was ist los?", fragte er mit Stärke in der Stimme und mit der gewohnten Neutralität.
"Wir müssen reden, mein Sohn. Es ist der Zeitpunkt gekommen, es dir zu sagen."
"Was sagen?", fragte er stirnrunzelnd. Hinter seiner Mauer war er jedoch deutlich aufgeregter.

"Die Prophezeiung. Es ist Zeit, dass du von der Prophezeiung erfährst. Bevor sie wahr wird und wir alle untergehen!"

"Welche Prophezeiung?", fragte er scharf und trat einen Schritt auf seinen Vater zu.
"Nicht hier. In mein Büro!" Er kehrte ihm einfach den Rücken zu und ging mit schnellen Schritten ins Haus. Das gezischte "Welche Prophezeiung!? Wovon redest du!" ignorierte er dabei.

Was. Zur Hölle. Meint. Er. Damit!? Prophezeiung? Dass es sowas überhaupt gibt? Ich hab noch nie etwas von einer gehört! Niemand hat das hier! Was für eine verdammte Prophezeiung!?

Er schloss die dicke Holztür zu seinem Büro auf, die eigentlich nur eine dicke Metalltür mit Holzverkleidung war und schloss hinter Cerberus dann schnell wieder zu. Hektisch machte er das Fenster zu, ließ die Jalousien runter und betätigte den Lichtschalter stattdessen, um wieder Licht zu haben.

Dann nahm er das Familienfoto von ihm, Cerberus, Elli und seiner Mum, entfernte nach einem liebevollen Blick auf das Foto behutsam die hintere Abdeckung und holte dort dann einen Schlüssel hervor, den er in ein durch Verzierungen raffiniert verstecktes Schlüsselloch an der Seite des Schreibtisches steckte und eine verstaubte Papierrolle daraus hervorzog.

"Das hier", sagte er und rollte das Papier langsam auf, "ist das letzte, was deine Mutter vor ihrem Tod aufgeschrieben hat. Ich habe es nach dem Angriff gefunden... Du musst wissen, dass deine Mutter unheimlich besonders war. Sie hatte Träume und Visionen. Ich weiß nicht, ob sie wirklich ein Mensch war oder ob sie irgendetwas anderes war, was uns noch nicht oder nicht mehr bekannt ist, aber alles was sie sah, bewahrheitete sich. Sie konnte in die Vergangenheit und in die Zukunft schauen, was sie aber nicht kontrollieren konnte. Niemand weiss von dem, was ich dir erzähle und das hat auch seinen Grund, also behalt es für dich! Zu Ehren deiner Mutter! Versprich es!"

"Ich verspreche es!"

Was ist das wohl für eine Prophezeiung? Er hat irgendwas von Untergang gesagt, aber wieso hat nie jemand davon gehört? Wieso musste Mum das sogar vor den Werwölfen geheim halten? Und auch vor Elli und mir? Wieso erzählt er mir jetzt davon? Aber wie kann es überhaupt sein, dass Mum KEIN Mensch war? Ob ihre Vorhersagen wirklich IMMER gestimmt haben? Laut Dad ja...

Dann rollte der Alpha die Blätter auseinander und breitete sie vor ihm auf dem Schreibtisch aus. Cerberus brauchte ein paar Sekunden, um überhaupt zu realisieren, was dort abgebildet war.

Auf den Blättern waren detaillierte Bleistiftzeichnungen zu sehen. Immer wieder traten die gleichen auf. Es waren Zeichnungen von ihm. Und Helena. Woher er das so genau erkannte? Ein schwarzer Wolf mit drei Köpfen starrte ihm entgegen, dicht an ihn schmiegte sich eine dunkle Jaguarin mit der typischen Musterung und Augen aus Feuer und Sonne. Oft umzüngelten beide Gestalten Flammen, die eine Zeichnung von ihnen nahm sogar das ganze Blatt ein. Beide waren von Flammen umgeben und schienen gerade aus der Hölle zu treten.

Cerberus fiel das Blatt daneben besonders ins Auge. Anders als auf den andern, stand dort etwas geschrieben. Vorsichtig nahm er das Blatt in die Hand.

Die zwei obersten Geschöpfe der Nacht
Entstiegen aus den Tiefen der Hölle
Der Höllenhund und  die Seelenkatze
Der Bewacher der Hölle und die Bringerin des Todes
Ihre Wurzeln so alt wie die Zeit
Ihr Schicksal für immer miteinander verwoben
Ihre Wiedergeburt wird das Ende sein
Ihre Untertanen werden ewig vereint
Denn die Seelenkatze wird der Untergang des Höllenhundes sein
Sein Herz durchbohrt, sein Verstand gebrochen
Erst dann naht der Untergang

Mate - jaguar and werewolfWhere stories live. Discover now