Andre(X)

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Es quietscht. Es quietscht. Es quietscht. Aufwachen! Los! Aufwachen! Schritte, schnelle Schritte, die sich von mir entfernen. Sie geht fort. Sie verlässt mich. Sie will mich loswerden.

Aufwachen!

Manchmal schlägt mein Herz ziemlich heftig, wenn ich schlafe. Oft wegen meinen Alpträumen, die mich plagen. Angst, sie zu verlieren, in die Tiefe zu fallen, keinen zu haben, der an meiner Seite ist. Doch diesmal ist es anders. Ich fühle es... ich fühle, wie sie mir aus den Händen entgleitet.

Ich reiße meine Augen auf und schaue mich panisch um. Alles steht an seinem Platz, doch das Wichtigste ist nicht mehr in meinen Armen. Elvira. Sie ist weg und hat mich alleine gelassen. Die Wärme ist verschwunden. Mein Inneres zieht sich zusammen, es schmerzt.

Schnell greife ich in meine Hosentasche und muss feststellen, dass die Schlüssel nicht mehr da
sind. Angst steigt in mir auf, da mein Alptraum beginnt.

Ich stehe auf und renne zur offenen Tür, die ich durchquere. Dann folge ich dem Flur bis zur Treppe, aber stoppe, als ich sie oben an der Tür sehe. Ich fühle Erleichterung, da sie nicht sehr weit gekommen ist und ich sie rechtzeitig gefunden habe, aber dieses Gefühl wird schnell durch ein anderes Gefühl ersetzt. Zorn.

Hektisch sucht sie nach dem richtigen Schlüssel des Schlüsselbundes, aber sie findet ihn nicht. Wie kann sie mich so verraten? Ich dachte, sie hätte sich verändert... hätte mich akzeptiert, aber alles ist gelogen. Vor mir lächelt sie und sobald ich meine Augen schließe oder wegschaue, will sie mir ein Messer in den Rücken stecken. Weiß sie nicht, dass so etwas schmerzhaft ist?

Ich kämpfe mit meinen Gefühlen, die sich wie bei einem Sturm in mir verteilen. Sie ergreift die Flucht, obwohl sie nur ein paar Tage hier ist. Sie will weg und mich verlassen. Ich habe ihr doch klar und deutlich gesagt, dass sie mir gehört. Habe ich das nicht getan? Wie konnte sie meinen Worten keinen Glauben schenken? Mein Kopf schaltet sich ab und meine Gefühle steuern mich. Ich weiß, es wird nicht gut enden.

Zwei Treppenstufen auf einmal nehmend, renne ich nach oben und packe sie mit einer Härte, wobei ein "Aua" aus ihrem Mund entweicht. Ich schmeiße sie auf meine breiten Schultern und zerre ihr mit Gewalt den Schlüssel aus der Hand. Sie protestiert und fängt an zu schreien, aber es hält mich nicht ab, sie wieder zurück zu ihrem Platz zu bringen. Sie hat mich enttäuscht, mich verletzt und mein Herz zum Bluten gebracht. Wie konnte sie nur?

Ich spüre Schläge auf meinem Rücken. Schreie, die mir in die Knochen gehen, aber ich nehme nichts mehr wahr. Mein Ärger hält einen Schleier über mein Gehirn, als ob ich ganz benommen wäre. Auf Drogen wegen ihr. Meiner Lieblingsdroge. Meine ganze Sicht ist verschwommen. Nur Wut und Hass leben in mir.

Ich stoße die Tür auf, die sich dann von alleine wieder schließt, und schmeiße sie auf die Matratze, auf der wir zuvor noch friedlich lagen. Danach lege ich mich über sie und schnappe ihre Handgelenke, die ich über ihrem Kopf festhalte, damit sie so keine Möglichkeit hat, sich zu wehren. Wie kann sie mir das nur antun? Ich habe ihr vertraut...

Sie wimmert leise und dann sehe ich schon die ersten Tränen, die ihren Weg über ihr bezauberndes Gesicht finden. Sie schaut mich nicht an, sondern flieht vor meinem Blick. Warum will sie ihr Weinen verstecken? Warum will sie mich nicht? Warum, warum, warum?

Sie will meine gute Seite nicht erkennen, dann muss sie halt meine böse Seite kennenlernen, damit sie begreift, dass sie mir gehört und das wird ihr überhaupt nicht gefallen. Das weiß ich. Nichtsdestotrotz, was soll man machen, wenn die eigene Herzensdame einen betrügt und hintergeht? Genau. Sie muss die Härte des Lebens kennenlernen. Sie muss es akzeptieren. Anscheinend muss ich die Hoffnung aufgeben, dass sie mich jemals lieben wird. Dann muss halt einer von uns in dieser Beziehung profitieren, und das werde ich sein.

,,Sehen wir der Wahrheit ins Auge, Elvira." Ich komme ihr näher und schaue sie mir die ganze Zeit mit meinen hasserfüllten Blicken an, die ich ihr zuwerfe. Sie soll bereuen. Sie soll ihre Tat bereuen. ,,Du. Gehörst. Mir." Ich spucke jedes Wort mit einer Wucht aus, dass sie zusammenschreckt, mehrmals blinzelt und weitere Tränen fließen lässt. Unsere Blicke verschmelzen miteinander. Es tut so weh. So weh...

,,Ich bin dein Schicksal, Elvira. Du wirst für immer bei mir sein. Egal, was du tust, ich werde dich suchen, finden und dann wieder zu mir holen. Du hast keine Chance. Verstanden? Du gehörst mir." Ich zische die letzten Worte, damit sie es endlich begreift.

UnheilWhere stories live. Discover now