Elvira (X)

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Es sind wieder ein paar Tage vergangen. Dennoch habe ich gemerkt, dass Andre sich immer merkwürdiger verhält. Davor war er auch seltsam, aber diesmal ist es ganz anders. Er kommt jeden Tag sehr spät in der Nacht nach Hause und redet kaum mit mir. Meistens umarmt er mich einfach, küsst mich auf die Stirn und bleibt für paar Minuten bei mir, bis er dann unbemerkt verschwindet. Ich verstehe ihn einfach nicht. Weshalb benimmt er sich so? Hat er irgendetwas getan? Hat er Geheimnisse vor mir?

Heute früh ist er zu mir gekommen und hat gesagt, dass wir beide zusammen Essen gehen werden. Natürlich bin ich verwirrt gewesen. Will er mich etwa in ein Restaurant ausführen oder was hat er vor? Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich schon auf einen netten Abend mit ihm. Es wird bestimmt toll und interessant, dennoch habe ich dabei ein komisches Gefühl.

Ich ziehe ein Kleid an, das Andre vor einer Woche für mich gekauft hat. Es wirkt schön und zugleich süß. Die hellblaue Farbe steht mir eigentlich recht gut. Leider kann ich es nicht ganz beurteilen, da sich hier kein Spiegel befindet. Wenn ich ehrlich bin, möchte ich Andre auch etwas beeindrucken und schön für ihn aussehen. Außerdem fühle ich mich wohl in diesem Kleid. Es ist nicht zu kurz, sodass es nicht billig wirkt. Es ist perfekt und trifft genau meinen Geschmack.

Plötzlich klopft es an der Tür und Andre kommt herein. Schnell richte ich meine Haare und lächele ihn freundlich an. Er bleibt in der Nähe der Tür stehen und guckt mich stumm an. Seine Gesichtszüge zeigen und verraten mir nichts. Warum kann er nicht normal reagieren? Ich weiß einfach nicht, was er denkt. Findet er mich hübsch oder sehe ich schrecklich aus? Meine Mundwinkel fallen nach unten und ich starre auf den Boden. Er hat meine Stimmung wirklich ruiniert. Warum kann er nicht irgendetwas sagen? Weshalb bestraft er mich durch Schweigen? Er hätte ruhig sagen können, dass ich toll aussehe oder irgendetwas anderes -aber nicht diese Stille. Seit Tagen benimmt er sich so. Das halte ich nicht aus.

,,Du siehst bezaubernd aus", sagt er mit seiner tiefen Stimme und ich bekomme sofort eine Gänsehaut. Wie macht er das nur? Hat er meine Gedanken gelesen? Ich schmunzele und blicke ihn wieder an. Das ist mir jetzt peinlich. Ich flüstere ihm ein Danke zu und starre wieder auf meine Hände. Ich kann ihn nicht mehr ansehen.

,,Ich habe gekocht", sagt er kurz und kratzt sich am Hals. Ist ihm das auch peinlich? Ich nicke und warte darauf, dass er weiterspricht. ,,Ich habe alles vorbereitet. Komm mit", befiehlt er und zeigt auf den Ausgang.

Ich nicke wieder und komme ihm näher. Er nimmt meine Hand und läuft mit mir raus zum Flur, danach öffnet er eine andere Tür im Untergeschoss. Ich beiße mir auf die Lippe. Anscheinend gehen wir nicht zu einem Restaurant, trotzdem finde ich seine Geste süß. Ich grinse und freue mich noch immer.

Er schließt die Tür auf, und wir treten hinein. Sofort sehe ich einen Tisch, auf dem sich angezündete Kerzen und Rosen befinden. Mein Herz schlägt schneller und ich freue mich. Er hat für mich gekocht. Er hat eine romantische Seite, dass muss man ihm lassen. Es ist süß, dass er sich so viel Mühe gemacht hat.

,,Wollen wir etwas essen, Elvira?", fragt er und führt mich zum Tisch. Ich setze mich, während er gegenüber von mir Platz nimmt. Seine Augen wirken trotz allem kalt. Keine Wärme. Kein Funken Liebe. Nun macht er mir wieder Angst. Er hat noch immer sehr wenig geredet und blickt mich so düster an. Was ist los mit ihm? Ist er krank geworden?

Ich verstumme und warte. Er fragt mich, was ich essen will und gibt mir die Auswahl von einem Salat, Garnelencurry, Kartoffeln und Nudeln. Alles sieht super lecker aus.

Wir beginnen zu essen und nach einer Weile in der Stille halte ich es nicht mehr aus. Etwas stimmt nicht, aber er will es mir nicht von alleine verraten. Von außen scheint es romantisch zu sein, aber ich spüre diese bedrückende und unheimliche Atmosphäre. Es liegt in der Luft. Er verheimlicht irgendetwas. Ich muss das hier klären, sonst werde ich es später bereuen.

Ich lege die Gabel zur Seite und schaue ihn an. Er sieht so gut aus. Er hat ein weißes Hemd an, dessen Ärmel er hochgekrempelt hat, und eine blaue Jeans, die ihm wirklich gut steht. Man sieht seine Muskeln, die durch das Hemd zu erkennen sind. Er wirkt männlich und stark. Ich muss jetzt meinen Mut zusammennehmen und meinen Mund aufmachen.

,,Andre...", fange ich an und beiße mir auf die Lippe, als ich sein Gesicht sehe. Er wirkt sauer, wütend. Habe ich etwas Falsches getan? Sein Gesicht versteinert sich. Er kämpft mit sich selbst. Was ist hier nur los? ,,I-Ich..." Er verwirrt mich.

,,Du bist offiziell tot, Elvira", sagt er mit einer kühlen und emotionslosen Stimme und stopft sich eine Kartoffel in den Mund, während er mich beobachtet. Ich blicke in seine Augen, suche nach der Wahrheit, aber ich finde nichts.

Ich bin tot...

UnheilWhere stories live. Discover now