Andre (X)

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,,Herr Schreiver, ich habe alles erledigt, was Sie von mir verlangt haben.", sagt meine liebe Kollegin, die mir jeden Wunsch erfüllen würde, auf der anderen Seite der Telefonleitung. Ich lächele wegen ihrer Aussage zufrieden.

,,Das freut mich zu hören. Danke, dass Sie meine Anweisung befolgt haben.", erwidere ich und sehe, wie ein männlicher Kellner mit meiner Bestellung kommt. Er stellt einen Kaffee und einen Schokokuchen auf dem Tisch ab und verschwindet wenige Sekunden später. Sofort steigt mir der bittere Kaffeegeruch in die Nase, sodass mein Bauch anfängt zu knurren. Wie passend.

,,Brauchen Sie noch etwas?", fragt sie und lenkt meine Aufmerksamkeit wieder zu sich. Irgendwie kommt es mir so vor, als ob sie mit mir noch länger reden möchte, aber leider habe ich keine Interesse an dieser Frau, da ich meine Elvira schon habe, die sehnsüchtig auf mich wartet. Ich lächele wegen diesem Gedanken. Endlich habe ich jemanden, der mich nach der Arbeit begrüßt und mir Gesellschaft leisten kann, auch wenn es im Moment etwas kompliziert mit uns beiden ist.

,,Nein. Sie haben mir schon genug geholfen. Wenn mir wieder etwas einfällt, rufe ich Sie sofort an.", antworte ich und trinke einen Schluck von meinem Kaffee. Lecker.

,,Ehm... Haben Sie vielleicht... heute..." Oh Nein. Ich verdrehe meine Augen. ,,Ich muss jetzt Schluss machen. Ich rufe Sie später noch einmal an. Bye." Ich unterbreche sie und beende den Anruf. Ich habe keine Lust auf das, was sie zu sagen hat. Ich weiß schon, was sie von mir will, aber ich kann ihr diesen Gefallen nicht erfüllen, da ich Elvira liebe. Seit einiger Zeit versucht sie, ein Date mit mir zu bekommen, aber ich bin ihr ständig ausgewichen. Dennoch versteht sie meine Absicht damit nicht und versucht noch immer ihr Glück bei mir. Interessant... Wie lange sie es wohl durchhält?

Ich trinke noch einen Schluck meines Kaffees und schließe kurz meine Augen. Mit diesem Café verbinde ich so viel. Ich kann mich erinnern, wie meine Elvira am Fenster saß, während ich sie beobachtet habe. Ich bin ihr so nah gewesen, aber sie hat mich nie wahrgenommen. Als ich an einem regnerischen Tag an ihren Tisch gegangen bin, um sie nach einem Date zu fragen, hat sie mich abblitzen lassen. Wahrscheinlich kann sie sich nicht einmal an mich erinnern. Traurig.

Ich schaue mich im Café um und sehe die vielen Gesichter, die sich hier in diesem Raum befinden. In der Ecke streitet sich ein Kellner mit einer Frau. Ich achte gar nicht auf diese Personen, ich lasse meinen Blick weiter wandern und sehe dann ein Paar, das sich verliebt anguckt und sich ständig küsst. Sie lächeln sich gegenseitig an, lachen und stecken sich die Zungen in den Hals. Ich fühle mich schrecklich, aber gleichzeitig genieße ich diesen Anblick, den sie mir geben.

Ich will dasselbe wie dieses Paar haben. Ich will, dass Elvira auf mich stürmt und mich umarmt und mich nie loslässt. Ich stelle mir vor, dass wir zusammen Hand in Hand durch die Straßen laufen, während sie mir ihre scheuen Blicke zuwirft. Und wenn, dass sie es zulässt, wenn wir ganz alleine sind, dass ich sie küsse. Dass sie meine Hand hält und mit mir über alles redet, wenn wir zusammen im Café sind und uns etwas bestellen. Ich will, dass sie mich liebt.

Meine Träumerei wird beendet, als ich das Klingeln der Tür höre, durch die neue Menschen den Weg in dieses Geschäft finden. Ich blicke auf meinen Tisch und schiebe die Zeitung, die ich gekauft habe, vor mich und schlage sie auf, während ich dabei meinen Schokokuchen esse.

Meine Augen weiten sich kurz, aber ich kontrolliere mich schnell, als ich den Titel des Artikels lese. Ich schiebe den Kuchen weg und ziehe die Zeitung näher. Was ist das? Ich beiße mir auf die Lippe und lese weiter. Das kann doch nicht Wirklichkeit sein... Meine Wut steigt. Ich stehe auf und laufe zur Kasse, um meine Rechnung zu bezahlen und dem Kellner ein hohes Trinkgeld zu hinterlassen. Danach laufe ich aus dem Geschäft und schnappe tief Luft. Ich bin sauer und ich spüre, wie meine Hand juckt. Ich will etwas zerschlagen, zerstören. Wie konnte das nur passieren?

Ich muss mich beruhigen und das geht am besten, wenn ich mich beschäftige. Das heißt, arbeiten gehen... Auf mich warten sowieso noch Telefonate, Unterlagen, Gespräche mit meinen Kollegen und so weiter. Es wird ein harter Arbeitstag, aber für meine Elvira muss ich es tun. Außerdem muss ich mich abreagieren. Ich kann mit meiner schlechten Laune bestimmt nicht zu Elvira. Was sie wohl gerade macht? Vermisst sie mich schon? Ich tue es jedenfalls.

UnheilWhere stories live. Discover now