Andre (X)

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Sitze auf der Fensterbank und starre zum klaren Nachthimmel, der mit unzähligen Sternen geschmückt ist. Der Mond strahlt und zeigt sich in seiner runden Pracht. Der Himmel ist schwarz, dunkel und leise. Die Stille beruhigt mich auf eine komische Art und Weise und es fühlt sich gut an, da sie mich von meinen Gedanken ablenkt und meine Gefühle bändigt. Wenigstens für ein paar Minuten.

Ich öffne das Fenster im Hotelzimmer und atme die frische Luft ein, die hineinströmt und sich im Raum verteilt. Dann nehme ich meine Zigarettenpackung vom Tisch, die einsam neben den Alkoholflaschen liegt, und greife nach einer Zigarette, um sie kurze Zeit später anzuzünden und meine vergifteten Lungen mit dem Rauch zu füllen. Langsam lasse ich den Rauch aus meinem Inneren hinaus und puste die Wolke nach draußen, um zu beobachten, wie sie sich nach und nach in Luft auflöst. Ich seufze und schließe meine Augen.

Plötzlich nehme ich hinter mir ein Stöhnen wahr und drehe mich leicht um. Ich sehe eine Frau, die in die weißen Bettlaken gewickelt ist und auf dem Bauch schläft. Ihre langen dunklen Haare verdecken ihr unbekanntes Gesicht. Ihre Arme sind unter dem Kissen vergraben und ihr Rücken ist mit der weichen und dünnen Decke halb bedeckt. Ihre Beine sind außerhalb der Decke und sind gespreizt. Außerdem kann man an ihren Beinen meine Taten erkennen, die ich dieser Frau angetan habe. Eine weiße und rote Flüssigkeit bedeckt ihren inneren Oberschenkel. Ich drehe mich wieder um, um diesen Anblick nicht mehr zu sehen. Ich habe ihr bestimmt wehgetan. Ich schlucke.

Auch die nächsten Stunde sitze ich hier und inhaliere die komische Substanz. Um ehrlich zu sein, hasse ich es zu rauchen und normalerweise tue ich es nicht so oft, aber seit Elvira nicht mehr da ist, fühle ich mich leer. Dies ist auch der Grund, weshalb ich mein Inneres mit zahlreichen Dingen stopfe. Zigarren zu Zigarren. Der Inhalt von Flaschen, die mit Alkohol gefüllt sind, landet in meinem Magen und benebelt mein Kopf. Frauen, die ich ab und an ins Hotel schleppe, um mich zu befriedigen. Genau... Diese Frau ist eine von vielen. Sie sind alle nichts Besonderes. Dennoch habe ich keine Kontrolle über mich. Ich konsumiere und konsumiere ohne Ende.

Ich will dies nicht mehr spüren, aber ich kann es nicht abstellen. Meine Kehle schnürt sich zusammen. Ich versuche, gegen diese ansteigenden Gefühlen zu kämpfen, aber es scheint zu schwierig zu sein. Mein Magen rebelliert und ich denke, dass ich gleich ins Bad gehen muss, um den Inhalt von den letzten Stunden zu bereinigen. Wild klopft mein Herz und lässt mich Enge in meiner Brust spüren. Ich fühle mich ratlos und unruhig. Ich muss gehen.

Die Einsamkeit zerdrückt mein Herz. Es fühlt sich unerträglich an. Meine Geliebte hat mir wehgetan, obwohl ich nur das Beste für sie wollte. Sie hatte keine Ahnung, was Liebe war. Hätte sie es gewusst, hätte sie mich nicht betrogen. Sie wäre an meiner Seite, würde mich anlächeln und glücklich mit mir sein. Unsere Liebe ist geheimnisvoll, stark und besonders gewesen. Aber sie hat alles kaputt gemacht. Trotzdem hat sie meine ganze Hoffnung zerstört und mir dadurch Kummer bereitet. Ich atme schwer aus und laufe zum Bett, wo sich meine Liebschaft von gestern Nacht immer noch in der Traumwelt befindet. Ich ziehe meinen Geldbeutel aus meiner Hosentasche und nehme mir zwei 100 Euro Scheine heraus, um sie danach auf die Kleine zu schmeißen. Sie ist ein Niemand. Ich drehe mich um und verlasse das Hotel.

Draußen angekommen, laufe ich durch die Straßen und nehme die ersten warmen Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht wahr. Langsam füllen sich die Straßen und ich erkenne immer weitere neue Gesichter. Nachdenklich beobachte ich die Menschen, die neben mir herlaufen. Doch plötzlich stoße ich an einer Person an und höre dabei einen kleinen Aufschrei einer weiblichen Stimme. Ich blicke die Person an und sehe sie abschätzend an. Ihre Sachen liegen auf dem Boden verteilt, genauso wie ihr Sandwich, das ein paar Bisse aufweist. Ich knie mich hin und helfe der Frau, ihre Sachen einzusammeln. Als wir gemeinsam aufstehen, lächelt sie und starrt mich erwartungsvoll an. Sie ist nicht wie Elvira. Sie ist uninteressant. Sie hat schwarze Haare, grüne leuchtende Augen und lächelt atemberaubend. Dennoch schlägt mein Herz nicht für sie. Sie hat Interesse an mir, aber ich nicht an ihr. Ich lege mein Kopf schief und betrachte sie kurz, bevor ich dann entschuldigend lächle und verschwinde. Das Leben ist so ungerecht und falsch. Ich fühle mich machtlos.

Wünscht sich nicht jede Frau einen Mann, der alles für sie tun würde? Jahrelang konnte ich Elvira nicht vergessen, obwohl ich es hätte tun sollen. Ich habe um ihr Herz gekämpft, wollte sie besitzen und an meiner Seite haben. Ich würde für sie töten, Blut lecken... alles. Nicht ich bin das Monster, sondern sie. Sie ist der Teufel, das Böse, das Ungeheuer. Ich bin das Opfer, der gebrochene Mann, der auf sie hereingefallen ist. Sie ist nicht unschuldig... Überhaupt nicht.

Urplötzlich spüre ich Bitterkeit in mir aufsteigen. Ich musste sie töten. Sie hat es nicht anders verdient. Sie hat mich in den Knast gebracht. Meine Gedanken für jede Minute in Besitz genommen, mich gnadenlos verfolgt und meine Hoffnung vernichtet. Sie hat einen anderen Mann geliebt und mich eiskalt verdrängt. Sie hat mich einfach aufgegeben und mich vergessen. Warum? Sie hat mich blind gemacht und mein Licht geraubt. Sie ist das Monster. Sie...

In einem anderen Hotelzimmer angekommen, das viel luxuriöser ist als das vorherige, lege ich mich erst einmal ins Bett und schlafe. Nach ein paar Stunden erwache ich und stehe auf. Ich schaue zum Fenster und setze mich in den Sessel, der nach draußen gerichtet ist. Ich schließe meine Augen und atme ruhig ein und aus. Es ist wieder Nacht. Ich konzentriere mich auf alles. Leider höre ich lautes Gestöhne aus dem Nachbarzimmer. Ich öffne wieder meine Augen, da man mir keine Ruhe gibt. Die Welt ist unfair. Ich schaue nach draußen. Zahlreiche Lichter sind zu erkennen. Die Autos fahren hin und her. Die Menschen laufen zu ihren Zielen. Ich fühle mich einsam und alleine. Ich bin der Einzige in der Welt, der keinen Sinn mehr hat.

Irgendwann bemerke ich die Waffe in meiner Hand. Die Waffe, die in vielen Situationen verwendet worden war.
Keiner durfte sie haben, deshalb musste ich sie mir holen und ihr Herz zum Stoppen bringen. Jetzt kann sie keiner besitzen. Ich hatte keine andere Wahl gehabt. Es musste so sein.
Irgendwie empfinde ich Glück, als ob ich schweben könnte...

Nun stellt sich eine einzige Frage in meinem Kopf. Wen wird die Kugel nun treffen?

ENDE

Anmerkung:

Diese Geschichte wurde von guten_tag bearbeitet.

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Ich hoffe ihr mochtet meine Geschichte. :)
Außerdem würde ich mich freuen, wenn ihr einen Kommentar oder Votes hinterlassen würdet; ob euch die Geschichte gefallen hat oder nicht. Verbesserungsvorschläge wären auch toll.

Danke fürs Lesen. :)

19. Juli 2016 - 15. September 2016

UnheilWhere stories live. Discover now