Vier

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Rachel

Nach der Party bei Jen, wachte ich am nächsten Tag um 12 Uhr auf. Mein Kopf dröhnte, als ich mich auf die Bettkante setzte und ich musste ein paarmal blinzeln, ehe ich wieder richtig sehen konnte. Mein Zimmer fühlte sich unnormal heiß an. Mir standen die Scheißperlen auf der Stirn und ich wischte sie mit meinem T-Shirt ab. Meine Haare mussten in alle Himmelsrichtungen abstehen und mein Makeup war mit Sicherheit komplett verschmiert. Wann zur Hölle war ich gestern nach Hause gekommen? Und vor allem wie?

Ich tapste mit nackten Füßen zur Zimmertür und öffnete sie. Ich sah im Wohnzimmer, Bad und ihrem Zimmer nach, wo sie war. Erst dann entdeckte ich den Zettel am Kühlschrank.

Hey Rach,

Schön, dass du endlich wach bist. Ich bin in der Akademie für eine Probe. Bin gegen 16 Uhr wieder da. Melde dich, wenn was ist. -E

Oh Gott, wie kann man denn so früh schon Leistungssport betreiben. Ich lief mit einer Hand am Kopf ins Bad, zog mich aus und stellte mich unter die heiße Dusche. Das Wasser prasselte auf meine Haut und löste meine Verspannungen im Nacken und Rücken. Ich seufzte laut und wusch mir den Schweiß von gestern ab.

Ungeschminkt und mit einem hohen Zopf zog ich mir helle Turnschuhe, eine dunkle Leggins und einen roten, viel zu großen Pullover über. Perfekt für den Central Park, den ich heute besuchen wollte. Ein schöner Spaziergang ist bestimmt super, für meinen schmerzenden Kopf. Frische Luft tut immer gut.

Plötzlich klingelte es an der Tür. Ich sah zur Sicherheit nochmal auf die Uhr. Es war nicht Ella, denn sie war in der Akademie. Vielleicht war es der Postbote, der eine private Lieferung hatte?

Ich riss die Tür auf und musste nach Luft schnappen, als ich sah wer da vor mir stand.

„Na du." Nick grinste mich an. Gott, hat er ein schönes lächeln. Das ist genauso eins, bei dem jedes Mädchen dahinschmilzt.

„Hey Nick." Brachte ich dann doch hervor.

„Auch mal aus dem Koma erwacht?" Ich sah, wie seine Mundwinkel zuckten und er sich ein Lachen verkneifen musste.

„Ja. Ha Ha sehr witzig. Komm rein." Er quetschte sich an mir vorbei durch die Tür und berührte mit seiner Brust fast die meine. Erst als er an mir vorbeigegangen war, konnte ich wieder Luft holen.

Wir ließen uns beide auf die Couch fallen. Er lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Oh dieser Bizeps. Hmm.

„Hast du eine Ahnung wie ich gestern nach Hause gekommen bin?" Fragte ich. Wenn ich ehrlich bin, wusste ich nicht mal, ob ich die Antwort wirklich wissen wollte. Wer weiß, wer mich nach Hause gebracht hatte und unter welchen Drogen ich stand.

„Das war ich," Er grinste selbstgefällig und mir fiel augenblicklich ein Stein vom Herzen.

„Du warst so besoffen, dass du kaum laufen konntest. Ich wette irgendjemand auf dieser Party hätte das ausgenutzt, deshalb habe ich beschlossen dich nach Hause zu bringen."

„Das ist wirklich... lieb von dir gewesen. Danke Nick."

„Pass bitte das nächste Mal besser auf, was du trinkst."

„Das werde ich." Ich nickte eifrig.

„Was hast du heute noch vor?"

„Ich gehe in den Central Park." Ich deutete auf meine Schuhe, um zu signalisieren, dass ich bald loswollte.

„Darf ich mitkommen?"

„Ja natürlich!" Hörte ich mich sagen, ehe ich darüber nachdenken konnte.

Zusammen liefen wir die Straße an unserem Gebäude hinunter. Von weitem konnte ich Bäume sehen. Viele Bäume.

"Der Park ist riesig! Echt unglaublich!" Schwärmte Nick. Ich sah ihn an und er fing meinen Blick auf.

Als wir durch den Eingang kamen, war ich komplett überwältigt. Meine Sinnesorgane arbeiteten auf Hochtouren. Ich ließ alles, wirklich alles, auf mich wirken. Die Farben waren leuchtend und die Bäume leuchteten in den verschiedensten Grüntönen. Die Blumen schienen wie aus Plastik, denn keine einzige von ihnen schien zu verwelken. Die Vögel waren so laut, dass mich deren Gesang förmlich betäubte. Die unterschiedlichsten Menschen liefen an uns vorbei und redeten oder lachten oder joggten um uns herum.
Ich war wie in Trance, aus der ich plötzlich gerissen wurde, als Nick mir einen Arm um die Schulter lag.

"Kipp mir jetzt bloß nicht um. Du siehst aus als würdest du gleich hyperventilieren." Sein lachen war ruhig aber ehrlich.

Dort wo er mich anfasste, kribbelte meine Haut. Sie stand fast in Flammen und mein Herz fing sofort an schneller zu schlagen, als ich es eigentlich wollte. Was war nur los mit meinem Körper?

"Ey Nick! Alter was treibst du denn hier?" Ein Typ mit braunen Locken kam auf uns zu gerannt. Sein Tanktop war schweißnass und er stützte seine Hände auf die Knie als er vor uns zum stehen kam.

"Hey Chase. Ich führe gerade, ähm, Rachel hier herum." Er kratzte sich nervös am Kopf.

"Hey Rachel, ich bin Chase." Stellte der Typ sich vor. Er gab mir seine Hand und ich drückte sie.

"Du bist länger nicht mehr im Allisons gewesen? Wieso?" Chase musterte Nick und dieser blickte sich in der Gegend um, als er antwortete.

"Ich habe momentan anderes zu tun, als mit euch in einer beschissenen Bar rumzuhängen." Fauchte er plötzlich.

"Jo man, komm runter. War ja bloß ne Frage. Jen kommt auch nicht mehr. Wir wundern uns bloß man, weil ihr so plötzlich abgetaucht seid."

"Wir reden wann anders Chase. Wir müssen weiter." Den letzten Satz betonte er besonders und nahm mich am Handgelenk und zog mich weiter.

"Nick?!" Rief uns Chase hinterher. Er drehte sich kurz um.

"Du kannst die Kleine ja mal mitbringen," Damit deutete er auf mich. "Die macht bestimmt ne Top Figur an der Stange." Er grinste hässlich.

Plötzlich ließ mich Nick los und stürmte in die Richtung von Chase.
Er packte ihm am Kragen und umklammerte seinen Hals so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.

"Wenn du nicht sofort deine verfickte Schnauze hältst, dann schneide ich dir deine Kehle persönlich durch." Damit ließ Nick von ihm ab und kam wieder auf mich zu.


"Was war das?" Fragte ich, nachdem wir an einigen Ständen vorbeigekommen waren und uns auf eine Parkbank am See gesetzt hatten. Wir hatten die ganze Zeit nicht mehr geredet. Ich hatte Angst etwas zu sagen, weil ich nicht wusste wie er darauf reagieren würde.

"Das war nichts. Okay?" Er verschränkte die Arme vor der Brust und sein Bizeps spannte sich enorm an. Wow. Heiß. Er sah so wütend aus. Seine Augen wurden immer dunkler und seine Kiefer spannte sich ebenfalls an.

"Okay, dann eben nicht. Aber ganz ehrlich, wenn du jetzt hier weiter rumbocken willst, nur weil irgend so ein Idiot was dummes gesagt hat, dann geh ich lieber alleine weiter. Ich habe keine Lust schlechte Laune zu haben, nur weil du mir jetzt den Tag versaust!"

Nachdem ich meine kleine "Rede" beendet hatte, konzentrierte ich mich wieder auf das Wasser. Die Sonne ging bald unter. Ich hatte gar nicht bemerkt wie lange wir schon unterwegs waren.

"Rachel, es tut mir leid. Ich will dir deinen Tag gar nicht vermiesen. Es ist nur, Chase, er... er ist halt ein Arsch. Er setzt mich unter Druck, obwohl ich keine Lust mehr auf seine Spielchen habe."

Womit setzt der Nick unter Druck? Was für Spielchen?

"Hmm, erklär es mir doch einfach, was zwischen euch das Problem ist?" Versuchte ich meine Fragen indirekt zu stellen.

"Das kann ich dir nicht erklären. Das werde ich auch nicht. Dann würdest du weggehen und mich hassen, so wie es jeder tut." Ich sah etwas in seinen Augen aufblitzen.

Was war das? Hass, Enttäuschung? Wut?

"Ich würde nicht gehen." Flüsterte ich.

"Doch das würdest du."

"Das weißt du gar nicht."

"Ich weiß es, weil es bis jetzt jeder getan hat."

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