Kapitel 7 - Alles nur Show

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Nicholas

Ihr Körper schmiegte sich an meinen. Sie klebte förmlich an mir. Es gefiel mir kein bisschen. Ich hasste es.

Sie knabberte an meinem Ohr. Sie strich mir mit ihren furchtbar viel zu langen Nägeln über den Oberkörper. Ich bekam eine Gänsehaut.

Hör auf! Hör bitte auf mich anzufassen!

"Super! Genauso wollen wir dich sehen! Heiß! Super heiß!" Collins klatschte erfreut in die Hände, nahm dann seine Kamera und schoss weiter unzählige Fotos.

"Ihr werdet excellent auf dem Cover aussehen!"

Ihr fragt euch garantiert wieso ich es hasste diesen beschissenen Job zu machen.
"Geh doch einfach was anderes arbeiten!" Sagten sie, wendeten sich ab und gingen.

Niemandem interessierte es was ich tue. Niemanden!

Es interessierte auch niemandem, dass ich nachts verschwand in den Boxclub und boxte bis ich halb in Ohnmacht fiel vor Erschöpfung.

Es interessierte niemanden, wie ich mich fühle.

Es interessierte niemanden, warum meine Schwester Tod ist.

Und erst recht, interessiert es niemanden was ich tue, wie ich lebe, wie ich fühle, wie ich denke und das alles.

Ich war alleine. Ich bin alleine. Immer.

Alles war anders als Lily noch lebte. Dann kam sie mit diesem Arschloch Chase zusammen.

Dann war es vorbei. Von heute auf morgen. Vorbei.

Um 17 Uhr kam ich im Flur von meinem Apartment an.

Was zur Hölle sitzt da vor meiner Tür.

Rachel. Was tut sie hier?

Sie bewegte sich nicht, als ich näher trat. Doch plötzlich sahen mich ihre großen Augen an. Sie war vor meiner Tür eingeschlafen. Ha, wie süß.

"Gut geschlafen?" Fragte ich und kniete mich neben ihr.

Sie roch nach Blumen und ihre langen Haare hingen ihr auf den Schultern. Ich konnte mich nicht beherrschen und fuhr mit dem Daumen an ihrer Wange entlang. Sie erschauderte.

"Schlüssel vergessen. Ella ist nicht da." Sagte sie leise ohne auch nur einmal den Blick abzuwenden.

Ich half ihr auf die Beine und zog sie am Handgelenk in meine Wohnung.

"Du bist wirklich vor meiner Tür eingeschlafen?" Lauthals lachend sah ich sie an.

Sie kratzte sich am Hinterkopf. "Was hätte ich denn tun sollen?" Schnaubte sie mit einem lächeln im Gesicht.

Es war so wunderschön. Sie strahlte so viel Leben aus.

"Wie war die Arbeit?" Fragte ich sie und legte ihr meine Hände um die Hüften. Oh wie perfekt sie war. Wir standen uns unglaublich nahe, dass merkte auch sie. Ich konnte erkennen, dass sie Gänsehaut bekam und schneller Atmete.

"Nett. Morrison und Molly sind unglaublich toll und es hat wirklich Spaß gemacht!" Plapperte Rachel los. Auch das entlockte mir ein leises Lachen.

"Möchtest du einen Tee oder so?" Nicht, dass sie jetzt vor hat nach einem Ersatzschlüssel zu fragen und dann einfach abzuhauen. Nein nein. Ich wollte wirklich, dass sie bleibt.

"Ja gerne. Mit Honig, wenn du hast." Süße, für dich habe ich alles auf dieser Welt.

Wir setzten uns auf meine Couch mit dem Tee und sahen uns einfach nur an.

"Ich habe das Ernst gemeint." Sagte ich plötzlich.

"Was?" Verwundert stellte sie ihren Tee auf den Couchtisch. Ihre Augen ruhten auf meinen und über ihren Armen bildete sich eine Gänsehaut.

"Dass du wunderschön bist Süße." Ich lächelte sie an und ließ sie nicht aus den Augen.

Rachel wurde sofort rot und drehte sich wieder zu ihrem Tee um. Wenn ich ehrlich bin, sah sie etwas verwirrt aus.

"Niemand hat mich bis jetzt so genannt. Nicht Süße und nicht Wunderschön." Flüsterte sie.

Irgendetwas zog sich in mir zusammen. Niemand hatte sie bis jetzt so genannt?

Nicht mal ihre Eltern?

"Was ist mit deinen Eltern?" Ich wollte nicht zu aufdringlich sein, aber ich musste das einfach wissen.

"Ich, ich habe keine." Ihre Stimme war nur noch ein kehliges Flüstern.

Ich sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, ihre Mundwinkel nach unten gingen und ihre Atmung sich beschleunigte.

"Hey, es ist alles gut Rachel. Ich bin da." Ich nahm sie in meine Arme und streichelte ihren Kopf und ihren Rücken.

Ich hörte ein Schluchzen an meiner Brust und ich selbst kniff ebenfalls die Augen zusammen, da ich diesen Schmerz nur zu gut kannte.

"Ich habe auch keine mehr Rachel. Niemanden." Flüsterte ich ihr zu. Sie hob den Kopf und sah mich mit roten Augen an.

"Du hast mich. Wir haben uns." Ihre Stimme klang schon viel entschlossener, woraufhin sie sich wieder aufrichtete und mich ansah.

"Wir haben uns Nick. Und Freunde. Einen Job. Und ein Leben."

"Was ist, wenn der Tod das Gute und das Leben das Schlimme ist Rachel?"

"Du weißt es nicht. Niemand weiß das. Es ist auch egal, hauptsache du machst aus dem was du hast etwas Gutes."

Aufeinmal legte sie sich wieder in meine Arme und so saßen wir noch eine Weile herum bis mein Magen rebellierte und vor Hunger schrie.

"Sorry Süße. Hab Hunger." Ich lachte.

Himmel! Wieso lache ich bei der kleinsten Kleinigkeit, wenn sie dabei ist?

"Wieso nennst du mich so?" Fragte sie mich und schlug mir dabei auf meinen Oberarm.

Gespielt rieb ich mir die Stelle, wo sie mich getroffen hatte und stöhnte auf vor "Schmerzen".

"Weil du halt, ähm, süß bist." Oh Gott, peinlich Nick. Ganz schön peinlich!

Sie kicherte und stand dann auf um in die Küche zu gehen.

Dort angekommen wählte sie die Nummer eines Pizzaboten, dessen Prospekt an meinem Kühlschrank hing.

"Hallöchen, ich hätte gerne eine Pizza Funghi und eine mit Salami." Ihre Stimme klang weich, sanft und trotzdem irgendwie rau. Wow.

Woher weiß sie, dass ich Salami mag?

"Du magst Salami doch oder?" Rief sie auf einmal und riss die Augen auf.

"Ja. Alles gut!" Ha ha, süß.

Nach dem Essen, wollte Rachel in ihr Apartment gehen, um nach zu sehen, ob Ella mittlerweile wieder da war. Doch ich sagte ihr einfach, dass Ella noch bis Abends unterwegs sei und sie deshalb hier bleiben müsse. Denn auf der Straße wollte ich sie garantiert nicht sehen.

Ehrlich gesagt, hatte ich auch rein gar nichts dagegen, dass sie nun so viel hier war. Ich genoss es. Ich war nicht mehr alleine. Das hatte auch sie selbst gesagt. Sie hatte gesagt, dass wir uns haben. Das war ein Versprechen, da war ich mir sicher.

FACEWhere stories live. Discover now