Kapitel 33

5K 250 2
                                    

Rachel

Es sind zwei Tage vergangen. Zwei Tage! Nick ist immernoch nicht wach. Ich war jeden der zwei Tage mehrere Stunden bei ihm im Krankenhaus. Egal ob nun auf dem Flur oder im Zimmer. Er war mir nahe. Das spürte ich. Und ich hoffte, dass er es auch fühlte.

Am dritten Tag (es war Montag) war ich gleich nach der Uni bei ihm. Ich setzte mich wieder neben sein Bett und erzählte ihm, was ich heute in der Uni gemacht habe und was sonst noch so passiert war. Seine Hand ruhte in meiner. Ich streichelte seine Fingerknochen. Ich beobachtete seinen Brustkorb wie er sich hob und senkte. Ich vermisste ihn so sehr, obwohl er hier neben mir lag.

Plötzlich röchelte das Gerät neben mir. Es machte seltsame Geräusche und fing dann auf einmal an schnell zu piepen. Scheiße. Was ist das?

“Hilfe!!“ Panisch sah ich mich im Raum um. Mir wurde schwindelig und ich stieß den Stuhl von mir, sodass er umkippte.

Ich rannte auf den Flur und schrie so laut ich konnte. Immer wieder. “Hilfe!“

Endlich kam ein Arzt und mehrere Krankenschwestern angerannt. Sie stürzten an mir vorbei und begannen sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Eine Frau kam zu mir. Zog mich auf den Flur und schloss die Tür. Ich sah nichts. Nur verschwommene Farben. Dann hörte ich einen Schrei. War das mein eigener?

Ich fiel auf den Boden, auf meine Knie. Ich hielt meinen Kopf fest und schrie. Ich schrie alle Verzweiflung aus mir heraus.
Die Frau kniete sich vor mich und hielt meine Hände fest.

“Ruhig Kind. Ruhig. Er schafft das schon.“ Flüsterte sie mit samtiger Stimme.

“Nein. Nein. Nein.“ Meine Stimme wurde durch mein Weinen erstickt.

“Sieh mich an. Es wird alles gut. Der Arzt hat alles unter Kontrolle.“ Sie schaute mich mit großen, tränengefüllten Augen an. Eine Träne löste sich aus ihren Augenwinkeln.

“Wer sind sie?“ Fragte ich. Warum weinte sie?

“Ich heiße Kathy.“

“Warum weinst du?“

“Das ist jetzt nicht wichtig.“ Flüsterte sie und stand auf. Sie reichte mir eine Hand und zog mich auf meine wackeligen Beine.

Wir setzten uns auf eine Bank im Flur und schwiegen. In dem Raum von Nick klangen nur gedämpfte Stimmen. Ich konnte nicht hören, was sie sagten.

“Er ist dein Freund stimmts?“

“Naja. Ich weiß nich.“

“Also habt ihr euch noch nicht gesagt, dass ihr euch liebt.“

“Nicht direkt.“

Sie legte eine Hand auf mein Knie und wir sahen uns an. Sie sah schwach aus. Ringe unter den Augen und dicke Tränensäcke. Ihre Knochen standen am Hals stark hervor und auch ihre Wangen waren eingefallen.

“Warum bist du hier?“ platzte ich heraus.

“Mein Sohn...“ Sie starrte an die gegenüberliegende Wand.

“Ist er auch hier?“ Fragte ich.

“Er war es.“

Mir stockte der Atem. Er ist tot?

“Ja. Er ist Tod.“ Beantwortete sie mir meine ungestellte Frage.

“Das tut mir wahnsinnig leid Kathy.“

Eine Träne löste sich aus ihren Augen. Sie schluchzte leise.

“Oh Kathy.“ Ich konnte nicht anders. Ich umarmte sie fest. Sie schluchzte an meine Schulter und klammerte sich an meinem Rücken fest als wäre es das letzte was sie noch hat.

“Wir werden das schaffen oder?“ Flüsterte sie.

“Das müssen wir.“

FACEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt