Kapitel 18

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Nicholas

Collins packte mich am Arm und wollte mich mit sich zerren, doch ich schüttelte ihn ab. Ich schuldete ihm vielleicht das ein oder andere Geld, aber deshalb hat er mich noch lange nicht anzufassen.

Warum ich ihm Geld schulde?
Weil er ein beschissenes Arschloch ist.

Rachel stand mit ihrem wundervollen roten Kleid in der großen Halle.
Sie sah mich an. Ängstlich. Sie sollte keine Angst haben. Bitte nicht.

“Rachel, das dort sind nur Models. Ich mache das hier nicht freiwillig okay?“ Ehe sie noch etwas sagen konnte, ging ich rüber zum Set. Ich sah ihren Blick. Sie war erschrocken. Ich würde ihr erklären müssen, warum ich diese Scheiße hier nicht freiwillig mache. Doch zuerst, muss ich Collins Ansprüchen genügen.

Zwei super dünne Models in hässlichen Hosen und ohne Arsch und Tittchen positionierten sich an meinen Seiten. Die eine Links. Die andere Rechts. Die eine war rothaarig. Ich kannte sie. Sie war öfter bei Shootings mit mir. Wir haben nie viel geredet. Nie. Wir machen Fotos und das wars.

Die andere dagegen, die kenne ich ebenfalls. Audrey. Arschkuh und Schlampe hoch 10!

Sie grabbelt mich an den meisten Shootings die wir zusammen haben ununterbrochen an. Flirtet und bla bla. Langweilig. Die krallt sich jeden den sie haben kann.
Auch so heute. Schon wieder fährt sie mir mit ihren Nägeln über die Brust. Ich konzentriere mich vollkommen auf meine Mimik und Gestik, während Collins immer wieder uns irgendetwas zu schreit.

“Heute schon was vor Nick?“ Haucht mir Audrey ins Ohr.

“Ja und das nicht mit dir. Sondern mit meiner Freundin. Sie ist die dort drüben, mit dem unglaublich heißen Kleid.“

Ich hörte wie Audrey mir ins Ohr schnaupte, sich aufeinmal von mir löst und anfängt mit Collins zu diskutieren. Sie will das nicht. Ich bin ein schlechtes Model. Sie fühlt sich nicht wohl. Mein Gott. Dieses Mädel ist so nervtötend.

Als wir fertig mit dem Shooting sind gehe ich zu Rachel rüber, die mich kritisch mustert.

“Na. Hats Spaß gemacht?“ Sagte sie. Moment. Was höre ich da? Ist sie etwa Eifersüchtig? Süß!

“Nein. Und ich werde dir auch gleich erklären warum. Wenn wir im Auto sitzen.“

Wir verabschiedeten uns von Collins und liefen dann zurück zu meinem Auto.

“Ich mag Collins nicht.“ Rachel bricht endlich das Schweigen.

“Ich auch nicht.“

“Aber wieso?“

“Ich hasse ihn.“

“Nick. Sag die Wahrheit.“

Ich atme tief ein und tief aus. Zähle Rückwärts bis Zehn, was mir meine Mutter als ich klein war beigebracht hat. Das soll in Stresssituationen helfen.

“Also gut. Collins ist, wie du bemerkt hast mein Fotograf.
Ich schulde ihm Geld. Viel Geld. Weil.... weil ich doch diesen Fehler gemacht habe.“

Ich schlucke schwer und sehe Rachel direkt in die Augen. Sie sieht mich beruhigend an und fängt an meinen Unterarm zu streicheln.

“Ich habe Lily umgebracht. Mit seiner Waffe. Und er hat es gesehen. Ich wäre im Gefängnis. Ich würde die Todesstrafe bekommen, was weiß ich. Alles was ich ganz genau weiß, ist, dass ich Collins nur ganz knapp aufhalten konnte zur Polizei zu gehen und denen alles zu erzählen. Ich weiß ich weiß. Da waren noch andere im Club. Doch die waren erstens nicht in unserer Ecke, haben mich also nicht gesehen und zweitens sind die nach dem Schuss eh alle wir bescheuert raus gerannt.
Das ist es. Deswegen muss ich das hier machen. Der Typ zwingt mich dazu, damit seine Fotos verkauft werden, er die Kohle kassiert und mir dann meinen Teil abgibt. Ich brauche das Geld. Ich brauche es. Für meine Zukunft. Ich hatte mal Träume Rachel!“

In ihren Augen glänzten Tränen.

“Ich bin froh, dass du nicht im Gefängnis bist.“ Flüstert sie mit belegter Stimme.

“Ich auch.“ Ich lächelte ihr aufmunternd zu.

“Du musst doch da irgendwie rauskommen. Ich meine, versuch es doch mit einem anderen Job oder so.“

“Ich habe immer geträumt zu studieren. In Washington. Naja eigentlich egal wo, hauptsache nicht in New York.Das war mein Traum.“ Ich blickte aus der Windschutzscheibe und fixierte einen Baum am Ende des Parkplatzes.

“Ich muss dir was sagen.“ Rachel flüsterte schon wieder. Sie sah bedrückt aus, das sah ich auch aus den Augenwinkeln.

“Ich habe mich an der Washington University beworben. Die Antwort sollte morgen oder so ankommen. Sie haben gesagt, dass sie noch Plätze frei haben, deswegen habe ich die Chance genutzt. Ella ist eh weg und-“

“Das ist toll Rachel. Wirklich.“ Ich unterbrach sie. Ich wollte das nicht hören. Es ist noch jemand der mir so doll am Herzen liegt und nun sich wieder verpisst und aus meinem Leben geht.

“Nick. Bitte.“ Sie sah mich an und eine Träne kullerte über ihre Wange.

“Nein Rachel. Es ist okay. Es ist eine Großartige Chance. Du wirst diese Wahrnehmen.“ Ich fuhr los.

“Du könntest mitkommen.“ Ihre Stimme klang wie ein Flehen.

“Das geht nicht so einfach.“

“Nick, Collins würde dich niemals finden! Wir gehen einfach zusammen weg von ihr. Das wird klappen!“

“Rachel, er wird mich finden! Er hat seine Leute und Kontakte. Ich habe keine Chance!“

“Warun helfen dir deine Eltern nicht dabei? Warum lassen sie dich so im Stich?“

Das war zu viel. Ich redete nie über meine Eltern. Niemals!
Sie waren für mich nicht mehr meine Eltern!

Ich legte eine Vollbremsung hin und fuhr in ein kleines Waldstück. Stieg aus, knallte die Auto Tür zu und setzte mich auf einen Baumstumpf.

Wenig später hörte ich auch die andere Tür zuknallen und spürte Rachels Hand auf meiner Schulter.

“Nick, was ist los?“ Sie streichelte meine Schulter und setzte sich dann neben mich.

“Sie sind nicht mehr meine Eltern Rachel!“

“Warum? Was kann denn so schlimm sein, dass du deine Eltern so hasst?“

“Sie haben den Kontakt abgebrochen. Dass mein Vater Tod ist, habe ich durch die Zeitung erfahren! Meine Mutter hat es mir verschwiegen! Sie sagten, dass ich nicht mehr deren Sohn sei, wegen allem was mit Lily passiert ist. Sie haben MIR die verdammte Schuld gegeben. Dabei wollte ich das nicht! MEIN GOTT ICH BRING DOCH NICHT MEINE EIGENE SCHWESTER UM!“

Den letzten Satz schrie ich. Ich war wütend. Und wie wütend ich war. Nicht auf Rachel. Nein. Auf mein verkacktes Leben. Würde es jemals besser werden?

Was soll ich tun, wenn Rachel weggeht?
Ich würde das nicht überleben. Nein. Ich würde kein Leben ohne sie führen wollen.

FACEWhere stories live. Discover now