· thirty-five ·

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Ryan

Der nebelartige Rest des Regenwetters verschleierte die sonst kühle Nachtluft.

Ich saß noch immer auf der Mauer und beobachtete in Gedanken versunken, wie sich die Wölfe meines Rudels in den Ghettos breit machten.

Manche verwickelten die Jäger gleich in ein Gespräch, andere knurrten jene an, die ihnen zu nahe kamen und zogen sich in irgendwelche dunklen Ecken zurück. Wölfe und Vampire, Jäger und Wölfe, Vampire und Jäger waren schon so lange verfeindet, dass sich keiner mehr daran erinnern konnte, wie eigentlich alles angefangen hatte.

Vermutlich war die Ursache dieselbe wie immer: Angst.

Wölfe waren in der Lage Vampire zu töten und anders herum, daher fürchtete man sich gegenseitig - und aus Furcht entstand meist die größte aller Feindseligkeiten. Menschen hatten Angst vor allem Übernatürlichen, Unbekannten, also begannen sie auch Wolf und Vampir zu hassen und wurden zu Jägern. Warum musste man immer alles bekämpfen, vor dem man sich fürchtete?

Ich erinnerte mich noch genau daran, wie Dylan immer reagierte was Spinnen anging. Wenn er eine sah, dann trat er immer sofort auf sie drauf. Das tat er nicht, weil er sie hasste - welchen Grund sollte er auch dafür haben? Er tötete sie, weil er sich vor ihnen gefürchtet hat. Hier und jetzt war es genau dasselbe Prinzip.

"Ryan!"

Ich zuckte heftig zusammen und fuhr herum. Jake kam in schnellen Schritten auf mich zu und ehe ich reagieren konnte, hatte er mich auch schon in seine Arme geschlossen.

"Es tut mir so Leid! Ich wollte dich nie in Gefahr bringen...! Killian war eigentlich dafür zuständig dich zu beschützen...! Hör zu, dich zu bestrafen war ein Fehler, den ich schrecklich bereue, da...", entfuhr es Jake und ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung: "Jake!"

Er sah mir in die Augen und selbst dabei lag etwas entschuldigendes in seinem Blick. "Ist schon okay.", meinte ich und lächelte leicht.
Jake war mit der großen Aufgabe das Rudel zu beruhigen einfach völlig überfordert gewesen, er hatte nicht einmal Zeit gehabt über den Verlust unseres Vaters zu trauern.

"Ich würde Killian ja dafür umbringen, dass er dich nicht richtig beschützt hat, aber er ist schon tot.", murmelte Jake und ich schluckte schwer. "Killian ist tot...?", wiederholte ich ungläubig.

Er nickte schweigend. Wie konnte das denn passieren!? Wir hatten ihn doch gehen lassen!

"Weiß Logan Roth davon?", hakte ich nach während Jake sich neben mich auf die Mauer schwang und die Beine baumeln ließ. Er wandte seinen Blick zum Himmel. "Ja. Aber er sieht den Tod nicht so wie wir, daher trauert er nicht um ihn."

Achja, Logan musste als Kind zu viel Astro-Tv gesehen haben. Meiner Meinung nach hatte er nicht die Qualifikation dafür mit dieser Einstellung ein ganzes Rudel zu führen.

"Er ist schon eigenartig.", gestand ich Jake etwas vorsichtig. Er zuckte nur mit den Schultern, die Augen noch immer in den bewölkten Nachthimmel gerichtet: "Du müsstest ihn näher kennen lernen. Unser Alpha hat wirklich atemberaubende Visionen, was die Zukunft betrifft. Er kann einen echt umhaun.", entgegnete er mit einer gewissen Überzeugung, die mich zum Grübeln bewegte.

Ich sah ihn lange an, was er nicht einmal zu bemerken schien. Mit einer dunklen Vorahnung fragte ich: "Kommst du mit ihm klar?"

Da war doch noch etwas anderes, das er mir gerade verschwieg. Angesichts dessen, dass Jake ansonsten ein offenes Buch war, machte es mich erst recht misstrauisch.

Was auch immer es war, Jake schien sehr mit sich zu kämpfen. "Ich...ich glaube, ich habe mich in ihn verliebt."

Das kam so plötzlich, dass ich vergaß Luft zu holen. "...was?", entgegnete ich erstickt. Er hatte sich in ihn verliebt!?

Gefährliches Spiel |BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt