· thirty-six ·

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Ryan

Schwer atmend stolperte ich durch das regennasse Unterholz.

Die klaffende Wunde an meiner linken Wade schmerzte so heftig, dass ich die Zähne stark zusammen beißen musste um nicht zu schreien. Meine Arme und Beine- selbst das Gesicht- waren durchzogen von kleinen Schrammen. Immer wieder peitschten mir dünne Äste ins Gesicht oder ich riss mir die Handflächen auf, wenn ich mich für ein paar Sekunden auf die abstehende Rinde von Baumstämmen stützte, um Kraft zu sammeln.

Weiter, ich muss weiter...

Für meine Wolfsgestalt war ich mittlerweile zu schwach, und bald würde ich nicht einmal mehr laufen können.

"Ryan. Es ist vorbei.", er tauchte mit einem Mal wenige Meter vor mir auf und richtete ohne zu zögern die Armbrust auf mich, "Keinen Schritt weiter."

Ich zog voller Bedauern die Augenbrauen zusammen und ließ mich ins feuchte Moos fallen. Es war zu spät.

Sollte es wirklich er sein, der mich tötete?

Als er plötzlich auftaucht war, sobald ich mich weit genug vom Schlachtfeld entfernt hatte, konnte ich es zuerst kaum fassen. Was war nur aus ihm geworden?

Meine Atmung wurde von der einen auf die andere Sekunde viel ruhiger. Ich hörte die Baumkronen, die sich sanft über mir im Wind wiegten. Ich hörte nahes Donnergrollen und wie Jäger und Wölfe gemeinsam gegen die Urvampire kämpften. Ein schwerer Körper wurde gegen einen Baumstamm geworfen, Krallen bohrten sich in totes Fleisch, Zähne verfingen sich in den Hälsen anderer, Jäger jubelten und zählten ihre Tötungen.

Das würde das Ende sein, wie auch immer der Kampf ausfiel. Ich fühlte allmählich die Tränen, welche mir in die Augen stiegen. Ja, ich war enttäuscht, dass es für mich auf diese Art enden würde. Vor allem, da ich mich so nicht von Cole verabschieden konnte.

"Jetzt seh mich nicht so an, du bist eben, was du bist.", Dylan spannte einen Pfeil ein.

Ich schüttelte heftig mit dem Kopf und presste meinen Rücken gegen den massiven Stamm einer Eiche. Dunkles Blut quoll aus der Wunde an meiner Wade und verteilte sich auf Blättern, Wurzeln und schimmernden Moosflächen. "Dylan - tu das nicht!", presste ich hervor und schnappte nach Luft, als der Pfeil durch die Luft sauste und sich in meine Schulter bohrte.

"Du hast Isabell getötet. Es wird Zeit, etwas zurück zu geben.", er schritt langsam auf mich zu. Ich tastete mit geweiteten Augen nach dem Pfei in meinem Körper, der mich in den nächsten Minuten umbringen würde, sobald sich das Gift überall ausgebreitet hatte.

"Da wäre noch etwas.", meinte er und ich sah mit einer dunklen Vorahnung zu ihm auf.

Stunden zuvor

"Darf ich dich was fragen?", flüsterte Cole in mein Ohr und weckte mich, indem er sanft in mein Ohrläppchen biss.

Ich gähnte und streckte mich ausgiebig, ehe ich ihm in die Augen blickte. Wir waren gemeinsam unter einem der Parkdecks vor dem warmen Feuer eingeschlafen.

"Was denn?", fragte ich und starrte ihm automatisch auf die Lippen als er meinem Gesicht so näher kam.

"Wie ist es so, wenn du dich in einen Wolf verwandelst?", fragte er und stützte sich auf seinen rechten Ellenbogen, während er mich aufmerksam ansah. Machte er sich darüber etwa Gedanken?

"Hm? Wie meinst du das?", entgegnete ich etwas verwirrt und setzte mich auf, um mir mein graues Shirt überzuziehen. Viele der Jäger und Wölfe waren schon auf den Beinen und liefen zielstrebig an uns vorbei, als seien sie mitten in irgendwelchen wichtigen Vorbereitungen.

Gefährliches Spiel |BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt