Verhör

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Etwa eine Woche war seit ihrer Einlieferung in dieses schreckliches Gebäude vergangenen und sie hatten sich immer noch nicht wiedergesehen.
Langsam begann sich der Bogenschütze ernsthafte Sorgen zu machen... Was, wenn Cortez gelogen hatte und Nat schon längst nicht mehr unter den Lebenden weilte?
Als hätte er seine Gedanken gelesen, kam ein junger Mann in den abgedunkelten Raum und teilte ihm das baldige Wiedersehen mit seiner Frau mit, was sein Herz um einige Schläge schneller pumpen ließ.
Er wurde an seinen Handschellen hinaus auf den Flur geführt. Als sich seine Augen an das gleißende Licht der Leuchtstoffröhren gewöhnt hatten, sah er nach links und rechts. Auf dem Korridor war keine Menschenseele zu sehen, was ihn schon ein wenig verwunderte. Wahrscheinlich wussten sie noch nichts von ihrem Beruf. Wenn dem so wäre hätte Francesco zumindest ein paar Wachen aufstellen lassen, auch wenn sie nicht wirklich etwas genutzt hätten.
Sie durchquerten einen Flur nach dem Anderen und ganz plötzlich trafen sie auf eine kleine Eskorte, die hinter jemandem herging, deren lange rote Haare bei jedem Schritt hin und herschaukelten und so den Eindruck eines lodernden Feuers um sie herum kreierten- Natasha.
"Kim!", rief der Falke aus. Sie hob ihren Blick und ein als sie ihren Partner sah, schlich sich ein warmes Lächeln in ihr Gesicht.

Sie setzte sich in Bewegung und rannte auf ihn zu. Als sie einander erreicht hatten, umfasste sie seinen Nacken- mit nur geringer Beachtung der Handschellen- und zog ihn in einen gefühlvollen Kuss.
Überrascht riss Hawkeye seine Augen auf. Als er aber realisierte, zu welchem Zweck sie so handelte, schloss er sie schnell wieder und erwiederte. Traurigerweise diente dies nur zu der Wahrung ihrer Deckung, trotzdem wurde er von Millionen aufkommender Gefühle überwältigt. Zu dem Zeitpunkt konnte Clint noch nicht ahnen, dass sie dabei genau so empfand, wie er...
Als die Fremden noch außer Hörweite waren, flüsterte der Rotschopf ein entschuldigendes "Sorry" an seine Lippen.
Als Antwort biss er zärtlich zu und grinste in den Kuss hinein.
Als sie dann etwa 10 Sekunden später wieder voneinander abließen, entdeckte Clint die Freudentränen, die sich den Weg über das Gesicht der Russin gebahnt hatten.
Er musste lächeln. Sie war schon immer eine exzellente Schauspielerin gewesen. Geweint hatte sie trotz allem nur selten, weil dafür eine gewisse Grundlage an Gefühlen vorhanden sein musste. Clint war glücklich, dass sie ihm ohne Zweifel oder Vorbehalte glaubte und vertraute. In der Gegenwart anderer Personen war sie eher zurückhaltend, es sei denn sie musste irgendeine Information aus ebend diesen heraus bekommen...

Und was wäre ein perfekter Moment ohne einen beliebigen Idioten, der umbedingt meint, dazwischenfunken zu müssen?!
Dieser Idiot wurde heute einmal von einem gewissen spanischen Superverbrecher verkörpert. Der schien es so richtig zu genießen den Moment zerstört zu haben.
"Ach, ist das nicht herrlich? Ihr zwei seid soo süß zusammen- ehrlich."
Er stand in der Tür und musterte Natasha von Kopf bis Fuß.
"Wollen wir?"
Ob es der Satz oder das gemächliche Abchecken ihres Körpers war, versteiften sich beide merklich. Der Falke sagte nichts, als ihm seine Freundin ihre Nägel in die Haut seiner Arme bohrte. Er konnte ihre Anspannung sehr gut nachvollziehen.
Im Verhörsaal angekommen, saßen sie Rücken an Rücken auf einem aneinander geschobenen Stuhlpaar und hielten sich an den Händen hinter ihren Rücken fest, um sich gegenseitig Halt geben zu können.
"Also... Kim und ich hatten ja schon die Gelegenheit, uns besser kennen zu lernen, aber... was ist mit Ihnen? Was haben Sie denn alles schon geleistet?"
Clint erkannte, dass Cortez auf das Date mit seiner Freundin anspielte und fragte um nicht aus seiner Rolle zu fallen noch einmal nach. "Was meinen Sie mit genauer kennen lernen?" Da sich der Mann vor Natalia plaziert hatte drehte der Bogenschütze seinen Oberkörper und sah ihn über die Schulter an. "Chris..." Die Rothaarige hatte sich ihm zugewandt und schüttelte nun leicht den Kopf, als hätte sie Angst vor der darauffolgenden Situation. Der Südländer hatte im Gegensatz zu ihr jedoch schon ein selbstgefälliges, fettes Gewinnerlächeln aufgesetzt, was Barton ihm am liebsten aus dem Gesicht gewischt hätte. In herablassendem Ton antwortete er dann.
"Sie waren Ihrer Frau wohl zu einseitig. Warum sonst sollte sie zu einem Date mit einem Anderen zustimmen?"
Er riss die Augen auf- das war etwas zu direkt.

Clintasha- Mission BudapestWhere stories live. Discover now