Dämonen der Vergangenheit

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"...Mein Kontaktmann gab mir sehr verlässliche Informationen. Er hat da auch noch etwas mit dir zu klären, Natalia."

Natasha war über die Nutzung ihres Geburtsnamens ein wenig verwirrt. Wen aus der Vergangenheit konnte er meinen?
Vielleicht war der Kontaktmann ja jemand, dem sie noch einen Gefallen schuldig war. Die Russin schuldete noch vielen Personen etwas. Sie war zwar fest entschlossen, ihre Schulden immer zu begleichen, dennoch gab es von denen nicht mehr viele, die noch am Leben waren.

Sie schaute, mit diesem Gedanken im Hinterkopf, zu dem Mann, der nun aufstand. Anhand der Art, wie er sich bewegte ohne einen Laut von sich zu geben, sagte ihr, dass sie einen gut ausgebildeten Agenten vor sich hatte.

Als er ins Licht trat konnte sie ihren Augen kaum trauen.

Sein schmales Gesicht, das rabenschwarze Haar und die lange Narbe unter dem einen Auge.

Selbst wenn sie ihn nun schon seit etwa dreizehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, würde sie ihn immer und überall wieder erkennen.

Vor ihnen stand ihr Ausbilder und Ziehvater Ivan Petrovitch.

Dass sie ihm direkt in die giftgrünen Augen sah, stellte sich als großer Fehler heraus. Viele schmerzhafte Erinnerungen kamen nun langsam wieder in ihr hoch.
Erinnerungen, die sie die ganze Zeit über versucht hatte zu verdrängen.

Ivan war nicht gerade ein liebevoller Vater gewesen. Er hatte sie zwar nach ihrer Red Room-Ausbildung bei sich unter der Aufsicht Hydras aufgenommen, hatte sich jedoch nie wirklich um das Mädchen gekümmert.
Er hatte sie auf ihre ersten Missionen als Black Widow geschickt und sie gefoltert. Mit dem grauenvollen Vorwand, sie stärken zu wollen.
Seine harte "Erziehung" hatte sie im Endeffekt zu der gefühlslosen und eiskalten Black Widow gemacht.
Ihr Ruf verbreitete sich schnell und führte zu einer Angst jedes Mannes, der sich gegen Hydra wandte.

Mit jeder weiteren Sekunde, in der sie seinem Blick stand hielt, wurde sie immer ängstlicher.
Dies war keine Angst, die sie verdrängen oder bekämpfen konnte.
Diese Angst ging ihr durch Mark und Bein und jagte ihr kalte Schauer über die Haut.
Ihr Herz sprang schon fast aus ihrer Brust und sie atmete schnell.

Nein. Nicht jetzt!
Du musst doch stark bleiben, was ist mir dir los Natasha?!

Es half nichts. Sie wurde immer unruhiger.
Schnell fing sie an, wie Espenlaub zu zittern.
Als sein Blick ihr dann langsam und qualvoll die Kehle zuzuschnüren schien, schnappte sie verzweifelt nach Luft.

Spätestens jetzt würde jeder mitbekommen, dass sie eine Panikattacke hatte.

Durch die Atemnot verlor sie bereits nach ein paar Sekunden ihr Bewusstsein und fiel nach hinten, wo sie unsanft auf dem Boden aufprallte und reglos liegen blieb.

Clint beobachtete währenddessen mit angespannten Muskeln das Geschehen.
Als seine Freundin dann in Ohnmacht fiel, riss er sich mit all seiner Kraft aus dem Griff der fremden Männer los und sprang zu ihr. Clint bettete ihren Kopf vorsichtig auf seinen Schoß und strich ihr durch die wüsten Locken.
Sie sah absolut nicht gut aus. Aus ihrem Gesicht war jegliche Farbe gewichen und auch trotz der Ohnmacht zitterten ihre Hände unaufhaltsam.

Nach einem kurzen Moment der Stille zerschnitt die kalte tiefe Stimme des (für Clint) fremden Mannes die Luft.
"Clint Francis Barton, nicht wahr?" Angesprochener sah nur verblüfft hoch. "Nun... du hast dich gerade selbst verraten."
Clint bekam einen Handschlag angeboten, verneinte diesen jedoch. Wer auch immer sein Gegenüber war, der Bogenschütze hatte das dringende Bedürfnis, so viel Abstand wie irgend möglich zwischen sie zu bringen.

Der Schwarzhaarige ließ die ausgestreckte Hand natürlich wieder sinken und zog eine Augenbraue nach oben.
In ruhigem Ton fuhr er fort. "Wahrscheinlich sollte ich mich erst vorstellen. Ich heiße Ivan Petrovitch."

Im Gehirn des Blonden ratterte es gewaltig. Ivan- das war ein russischer Name. Wahrscheinlich war er Nat früher einmal begegnet, als sie noch für das KGB und Hydra "gedient" hatte.
Ihrer Reaktion zufolge aus ihren dunkelsten Tagen.

"Ich bin Natalias Vater."

Ihr Ziehvater?

"Wie bitte?" Wie angewurzelt saß Clint da und schaute dem Russen in seine stechenden Katzenaugen.
Er empfand seinen Blick bereits jetzt als sehr unangenehm und durchdringend. Für Nat- die jedoch abertausende an schlechten Erinnerungen besaß, die mit ihm zu tun hatten- war der Black out jedoch schon beinahe vorprogrammiert gewesen.

Sie hatte Barton nicht oft vom Red Room und der Zeit danach erzählt. Dennoch oft genug, um sagen zu können, dass Ivan eine monumentale Rolle hierbei gespielt hatte.
Er war das Gesicht, das all ihre Ängste wieder in das Licht der Realität rückte.
Sie hatte keine Möglichkeit der Ablenkung mehr.

Der Bogenschütze sah mit besorgtem Blick nach unten. Auf seine kreidebleiche, zitternde Freundin.
Behutsam legte er seine Hände auf ihre. Vielleicht konnte sie sich an deren Wärme und der Zuneigung des Menschen dem sie gehörten festhalten... Damit sie nicht ausschließlich von Angst durchflutet wurde.

...Doch selbst Clint wusste, wie unwahrscheinlich diese Option angesichts der Umstände war...

Ivan beobachtete währenddessen mit wachsamen Augen die Show, die sich ihm bot.
Er war bereits darüber informiert worden, dass dieses Striketeam eines der besten war, das Shield vorzuweisen hatte.
Wenn er sein Ziel erreichte wäre innerhalb kurzer Zeit dieser Trumpf Shields passé.

Darüber hinaus würde er Natashas Schwärmerei für ihren blonden Partner von ihr selbst beenden lassen.

...Andernfalls würde er diesen parasithaften Keim der Zuneigung selbst zerstören.

Liebe war nur eine Illusion, die sie sich nicht leisten konnte, wenn sie wieder als Black Widow bei Hydra und dem KGB arbeiten würde.
Und das würde sie.
Da war er sich sicher.

Schönen ersten Advent ihr süßen. Freut ihr euch schon auf Weihnachten? 🌠
Oh, und ich glaube zu wissen, dass euch das nächste Kapitel dezent triggern wird.
Ich entschuldige mich schon einmal im Voraus. 😅💛

Clintasha- Mission BudapestWhere stories live. Discover now