Kapitel 4

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Ein paar Tage später war die Festung komplett eingeschneit. Schlimmer noch, dass langsam das Essen knapp wurde. Genau so ging es mit dem Feuerholz. Der einzigen Räume, die noch beheizbar waren, waren die Küche und das angrenzende Wohnzimmer, in dem sich gerade alle aufhielten. Lyra erkannte jede Menge Besorgnis in den Gesichtern der anderen. "Ich geh da raus!" sagte Lyra plötzlich in die Stille hinein.
"Und was willst du da draußen?" fragte Levi sie und sah sie an. Sein Blick war so nichtssagend wie immer, aber Lyra hätte mehr heraus lesen können, wenn sie gewollt hätte. Doch jetzt beließ sie es dabei dass es ein typisch abweisender Blick war.
"Ganz einfach, ich geh jagen. Ich bin die einzige von uns, die dort draußen ohne große Mühe überleben kann" erklärte sie.
"Dann versuch erstmal raus zu kommen" meinte Levi wenig überzeugt.
"Schnee ist nichts weiter als gefrorenes Wasser" sagte sie und ging zum Haupteingang der Festung. Sie konzentrierte sich auf den Schnee da draußen und schob ihn weg.
"Warte" hörte sie Levis monotonen Stimme. Sie sah ihn an, er trug seine Wintersachen. "Ich komme mit." Das war eine Feststellung, kleine Frage.
"Da oben hältst du es keine fünf Minuten aus und außerdem werde ich dich nicht auf meinem Rücken tragen. Ich bin kein Reittier" erwiderte Lyra und öffnete die Tür. Der kalte Wind drückte sich in die Festung.
"Du solltest nicht allein da raus gehen" versuchte es Levi nun anders. Schon fast als würde er sich um sie sorgen.
"Sorgst du dich um mich Levi? Das ist rührend, aber ich habe schon genug Winter hinter mir, die noch wesentlich kälter waren" meinte sie. "Guck da raus, der Schnee ist beinahe so hoch wie du groß bist. Ich will dich nicht beleidigen, aber das ist die Tatsache." Damit ging sie hinaus und nahm ihre Drachengestalt an. Der Schnee ging ihr schon beinahe bis zu den Knien. Mit ihrem schuppigen Schwanz zog sie die Tür hinter sich zu.

Die Flügel ausbreitend hob sie ab und stieg in die Höhe, bis sie ein Gewicht auf ihrem Schwanz bemerkte. Dieser Idiot, dachte sie sich und hielt mitten im Flug an und schleuderte Levi nach oben. Mit ihren vorderen Pranken fing sie ihn auf und hielt ihn sich vors Gesicht.
"Du bist lästig" befand sie. "Aber bitte, dann komm halt mit." Sie wollte jetzt nicht umkehren und ihn wieder absetzen.
"Du hast nicht gesagt, dass du mich nicht in den Händen halten würdest!" rief Levi gegen den Wind.
Eins muss ich dir lassen, du bist ein Dickschädel Levi Ackermann, dachte sie sich.
Sie flog dann über das Hauptquartier des Aufklärungstrupps und dort lag wesentlich weniger Schnee. "Bring mich da runter!" rief Levi. "Ey du schuppige Echse!"
"Erwin weiß schon längst bescheid, dass wir eingeschneit sind. Sie kommen selbst nicht durch" erwiderte Lyra und war versucht ihn versehentlich fallen zu lassen. Sie entschied sich dagegen und flog weiter in einen anderen Wald. Zumindest hörte es auf zu schneien, aber dafür wurde es eisiger. Sie überflog einen Wald und scheuchte diesmal ihre Beute auf, da sie ja immernoch Levi in ihrer Pranke hielt - nebenbei bemerkt hielt er es erstaunlich gut aus und schien noch nicht so sehr zu frieren.
Diesmal war ihr Ziel ein junger Hirsch. Als er wegen einer Unachtsamkeit stürzte, durchbohrte sie ihn mit einer Eissäule, die von unten nach oben geschossen kam. Die Form ähnelte einem Eiszapfen, nur das die Spitze nach oben zeigte. Lyra landete dreibeinig und drückte den Hirsch zu Boden. Er lebte noch, doch durch den Blutverlust und etwas geistigem zutun segnete er schnell das Zeitliche. Lyra ließ Levi los und nahm ihre Menschengestalt an. Sie machte sich gleich daran den Hirsch auszunehmen und die ungewünschten Organe verschwinden zu lassen.
"Ziemlich kaltblütig" bemerkte Levi, der sich die Hände in den Handschuhen aneinander rieb.
"Das Gesetz der Wildnis. Friss oder werde gefressen" erwiderte Lyra. "Das lernt man verdammt schnell hier draußen. Der einzige Unterschied ist, dass ich weiß, wann ich aufhören muss, um der Natur nicht zu schaden. Menschen können das nur in den seltensten Fällen."
"Da hast du leider recht." Levi verschränkte die Arme vor der Brust.
"Vor allem Monarchien oder andere reiche Leute, die sind die schlimmsten" fuhr Lyra fort und ließ alles überflüssige verschwinden. "So, das war der erste. Einen will ich noch, dann habt ihr erstmal genug um nicht zu verhungern. Können wir weiter oder willst du dir noch die Beine vertreten?" Sie wandelte in ihre Drachengestalt und sah ihren unfreiwilligen Begleiter abwartend an. Als er den Kopf schüttelte und verneinte schnappte sich Lyra erst Levi, dann den Hirsch, bevor sie abhob und schnell an Höhe gewann. Der Wind wehte kalt um ihre Nase. Gänzlich konnte sie den Captain nicht vor diesem kalten Wind schützen und das Wetter begann auch hier ungemütlich zu werden.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt