Kapitel 25

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"Ich geh dann eine Runde spazieren. Übermorgen bin ich wieder fit" erklärte Lyra Kommandant Erwin, kurz nachdem sie geklopft hatte und eingetreten war. Der blonde Kommandant des Aufklärungstrupps war zum einen verwundert, dass sie sich so schnell von ihren Verletzungen erholte, gleichzeitig wirkte er auch sehr froh.
"Schön, dass es dir wieder gut geht" sagte Erwin lächelnd, als sie dann ging.
Dann sehen wir uns einmal draußen um, obwohl... Vielleicht sollte ich mir etwas anderes anziehen. Die Halbdrachin machte kehrt und ging zu ihrem und Levis Zimmer. Das Büro glich allerdings einem Schlachtfeld, nicht dem sauberen und aufgeräumten Ort, den sie kannte. Levi war nicht hier, aber sie konnte sich vorstellen, was passiert war.
"Ich dachte du gehst raus" kam von hinter ihr die gerade ziemlich kratzige Stimme von Levi.
"Ich wollte mir etwas anderes anziehen. Levi, das warst doch nicht etwa du, oder?" fragte sie ihn ruhig.
"Doch" kam es leise von ihm und sie umarmte ihn, was er fest erwiderte. Er schien seine Gefühle nicht unter Kontrolle gehabt zu haben.
"Du hast mich gerettet, oder? Danke" sagte sie und gab ihm einen Kuss. Diese Expedition war einfach anders gewesen. Lyra war davor und während aufgewühlt gewesen, Levi nun danach. "Komm, gehen wir ne Runde spazieren und danach bringen wir wieder Ordnung hier rein."
Minuten später verließen die beiden das Hauptquartier und Lyra ging langsam an den Ställen vorbei. Sie steuerte die freie Fläche an und wäre am liebsten los geflogen, doch gerade hatte sie anderes im Sinn. Nicht weit entfernt stand eine Alte Eiche, die sicher auch wesentlich älter war als Lyra da sie nicht nur sehr dick war, sondern auch viele dicke Äste hatte. "Da oben kann man es sich schön gemütlich machen" sagte sie zu Levi und erntete einen missbilligenden Blick.
"Das verstehst du unter schonen?" fragte er.
"Ich werde nicht fliegen, nicht trainieren und mich nicht verwandeln. Das meinte ich mit schonen. Ich dachte du machst es dir nicht auf dem Boden gemütlich, aber vielleicht auf dem untersten Ast dort" meinte sie und sah ihn an.
"Ausnahmsweise würde ich es tun, nur damit du dich auch wirklich schonst." Er machte sich Sorgen um sie, was sie durchaus süß an ihm fand.
"Na gut, dann eben unter die Eiche" stimmte sie dann versöhnlich zu und lehnte sich an ihn, als sie beide unter der Eiche saßen. Er hatte einen Arm um sie gelegt und sah in die Ferne. Nach einiger Zeit, in der beide nichts gesagt hatten, begann Lyra zu sprechen:"Du Levi?"
"Hm?" kam es von ihm und er sah sie aus seinen grauen Augen heraus an.
"Ich wollte dir keinen Ärger bereiten."
"Wie kommst du denn jetzt darauf?"
"Die Expedition, ich habe mich nicht an den Plan gehalten. Wäre ich an meinem Platz geblieben, hätte ich euch vor dieser Gruppe von Titanen warnen können."
"Fang nicht an es zu bereuen. Es bringt nur Schmerz." Levi löste den Blick von ihr und sah wieder in die Ferne. Dabei zog er sie etwas enger an sich, als ein leichter Wind aufzog und etwas kalte Luft mitbrachte. "Nur tu mir einen Gefallen... Mach das nie wieder."
Lyra sah Levi weiter ins Gesicht, nichts war von seiner sonst kalten und abweisenden Art geblieben. Er saß hier bei ihr und offenbarte er vollkommen offen sein inneres Wesen. Er war nicht weniger zerbrechlich als sie selbst. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. "Ich verspreche es dir, Levi."
Später waren sie dann bei den Koppeln, wo die Pferde friedlich grasten. "Sieh mal!" rief Lyra, als sie etwas entdeckte und stieg zwischen den beiden Holzstangen hindurch auf die Koppel. "Sie ist verletzt!" Sie blieb bei seiner Stute stehen, die ein ganzes Stück abseits von den anderen Pferden stand. Neben einigen Bisswunden am Rücken und am Hals, blutete sie auch heftig am rechten Hinterbein. "Wer hat dir das angetan, Süße?" fragte sie das Pferd, denn ein anderes Pferd verursachte keine Bisswunden, die einige Zentimeter tief waren.
"Verdammte Scheiße" schimpfte Levi und stapfte davon, um vermutlich etwas für sie zu holen.
"Komm, ganz langsam. Genau einen Fuß vor den anderen. Wir helfen dir, nur noch ein bisschen musst du aushalten." Lyra nahm die Stute behutsam und langsam mit von der Koppel.
Kaum am Gatter angekommen, war Levi auch schon mit einigen Helfern da, die die anderen Pferde in ihre Boxen bringen sollten.
"Levi, bring mir bitte Wasser, viel Wasser" bat Lyra ihren Gefährten und blieb mit seiner Stute, die ziemlich unruhig wurde, draußen vor dem Stall stehen. Während Levi das Wasser besorgte, schickte Lyra ihre Gedanken zu dem Tier aus. Wer hat dir das angetan, Süße? Wann ist das passiert?
Da waren Raubtiere in der Nacht. Das Wetter war so lau, dass wir alle draußen waren. Ich... Ich glaube es waren Wölfe. Sie haben... Sie wollten...
Shh, schon gut. Du brauchst nicht weiter sprechen. Sonst ist alles in Ordnung bei dir? Levi holt Wasser, dann kann ich dir mit den Verletzungen helfen.
Diesmal nickte die Stute zur Antwort und wehrte leise, als Levi mit zwei großen Wassereimern zurück kehrte.
"Dann wollen wir mal" murmelte Lyra und trennte nicht nur die geistige Verbindung, sondern begann die Stute, welche nun Levis Nähe suchte, nach und nach zu heilen. "Sie hat die anderen Pferde vor Wölfen verteidigt letzte Nacht."
"Wölfe, so nah hier?" Levi kraulte der Stute den Kopf.
"In den Wäldern gibt es auch den einen oder anderen Bären. Aber normal kommen Wölfe nicht so nah, da hast du recht. Irgendetwas muss sie dazu gebracht haben, hier her zu kommen. Ich jage hier nicht, daher kann ich es eigentlich nicht sein."
"Trotzdem ist es nicht gut, dass sie hier sind."
"Richtig. Aber sag mal weißt du, dass sie ein Fohlen erwartet?" wechselte Lyra das Thema und nahm sich noch etwas mehr Wasser und begann am Rücken mit der nächsten Bisswunde.
"Was? Nein!"
"Ja doch, ich kann zwei Herzschläge fühlen. Ihren eigenen und einen, der mit ihr verbunden ist" sagte Lyra und wie zur Bestätigung wiehrte die Stute leise und leicht brummig. Gleichzeitig klang das aber auch ziemlich zufrieden. Lyra schmunzelte kurz und machte nach wenigen Minuten weiter am Hinterbein. Ein Gedanke kam ihr, wie wohl seine Reaktion sein könnte, wenn er irgendwann einmal Vater werden würde. Je nach vorangeganger Situation kamen da verschiedenste Reaktionen raus, einige ziemlich skurril, weshalb sie leicht lachen musste.
"Was ist so komisch" verlangte Levi dann zu erfahren, als Lyra fertig war und sich zu ihm umdrehte.
"Nichts besonderes" wank Lyra ab und die kicherte noch einmal. "Zumindest für den Moment nicht." Sie grinste ihn an. "Ich bin fertig. Das Fell wächst bald wieder nach. Damit geht es dir auch wieder gut Kleine."
"Nichts besonderes für den Moment?" wiederholte er und folgte Lyra in den Stall, wo sie seine Stute wieder in die Box brachte.
"Ja, das wird später noch interessant werden."
"Interessant?!"
"Oh ja, sehr" sagte Lyra und huschte an ihm vorbei wieder nach draußen. "Ich glaube ich rede da mal mit Hanji drüber. Das wird sicher lustig."
"Hey!" rief Levi ihr hinterher, doch sie gab ihm keine Antwort und machte sich auf die Suche nach Hanji.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin