Kapitel 38

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"Ich will das nicht tun, es fühlt sich falsch an" sagte Lyra. Sie war nicht wirklich einverstanden damit den Drachenkönig anzugreifen.
"Es muss getan werden! Unser aller Frieden muss wiederhergestellt werden!" Oreenya wiederholte diesen Satz schon zum dritten Mal, doch es änderte nichts an Lyras Meinung. "Ich weiß, dass es sich falsch anfühlt. Wir haben darüber abgestimmt. Der Plan wird so umgesetzt werden." Die Älteste sah die mitternachtsblaue Halbdrachin ernst an und stieß eine Rauchwolke aus. "Und jetzt bereitet euch vor, schlaft noch etwas. Morgen ist es soweit."
Lyra lief in ihrem Zimmer auf und ab, während Levi - das Ei in seinen Händen haltend - sie dabei mit hochgezogener Augenbraue beobachtete. "Levi..." sagte sie dann seufzend und blieb am Fenster stehen. "Ich habe ein ganz mieses Gefühl bei der Sache."
"Es wird funktionieren, der Plan ist wasserdicht" sagte Levi monoton ruhig. "Der Weg den wir gehen steht fest. Wir müssen ihn nur noch gehen. Mir gefällt es auch nicht, dennoch müssen wir handeln." Er stand auf und legte das Ei auf der Sitzfläche des Sessels ab, auf dem er eben noch gesessen hatte. Dann ging er zu ihr hinüber und kuschelte sich an ihren Rücken, während er seinen Kopf auf ihrer linken Schulter ablegte und die Arme um ihre Hüfte schlang. Genau solche Momente ließen sie sich unglaublich sicher fühlen. Gemeinsam sahen sie aus dem Fenster, wo der Schnee schmolz und der Frühling das Drachenreich in Besitz nahm. Im Licht der untergehenden Sonne ging strahlte die Umgebung regelrecht und offenbarte die Schönheit der Natur. "Komm, gehen wir schlafen." Levi zog Lyra rückwärts Richtung Bett, während er ihren Nacken mit leichten Küssen bedeckte. Diese federleichten Berührungen riefen eine wohlige Gänsehaut auf ihrem Körper hervor, welche sich vom Hals aus auf dem gesamten Körper ausbreitete. Er wusste genau, wie er sie auf andere Gedanken bringen konnte.

"König Karimar! Wir fordern euren Thron!" riefen Lyra und Levi, als sie sich zusammen mit ihrer Familie im Thronsaal des Drachenpalastes versammelt hatten. Nur wenn sie ihn gemeinsam herausforderten, konnten sie auch gemeinsam gegen ihn agieren.
"Du enttäuschst mich, Lyra. So wenig hältst du von mir? Warum tust du das?" fragte der rote Drachenkönig.
"Ihr seid nicht mehr der Drache, der ihr einst wart. Ein König beschützt die seinen und schickt sie nicht in den Tod" sagte Lyra. Sie klang überzeugt von ihren Worten, doch vollkommen war sie es nicht. Dennoch würde sie sich an den Plan halten.
"Du nimmst dir viel heraus, verbreitest Lügen über mich. Wir müssen die Welt reinigen für die vollkommene Freiheit!" rief Karimar und stand von seinem Thron auf. "Versteht ihr denn nicht? Die Drachen werden erst frei sein, wenn es keine Menschen mehr gibt und auch keine Halbdrachen mehr." Das hörten nicht nur Lyra und ihre Familie, sondern auch die königliche Leibgarde, die sich inzwischen kreisrund um Lyra, Levi und den König aufgestellt hatten. Bei den Worten ihres Königs allerdings wichen einige Drachen zurück, denn sie hatten wie Lyras Vater einen Halbdrachen als Gefährten oder sogar einen Menschen.
"Die Auslöschung soll Frieden bringen? Ich dachte, ihr habt etwas für mich übrig. Für mich, einen genau dieser jenen Halbdrachen, den ihr nun vernichten wollt." Lyra war kampfbereit.
"Du hast dir einen dreckigen Menschen zum Gefährten genommen. Bei einem Drachen hätte ich dich und die deinen am Leben gelassen, so verdient ihr alle einen langsamen und qualvollen Tod!" Karimar brüllte ihr entgegen. Die Umgebung verschwamm bis sie plötzlich auf dem großen Hauptplatz der Drachenhauptstadt wieder auftauchten. Der König sah sich kurz verwirrt um. Anscheinend hatte er für seine Teleportation eigentlich ein anderes Ziel gewählt gehabt. "Gut, dann bringe ich euch eben hier um, versucht doch, mich vom Thron zu stoßen!" Er erhob sich in die Lust und Lyra blieb keine andere Wahl, als es ihm gleich zu tun. Damit war nun Plan B für den Luftkampf an der Reihe.
Lyra und Karimar umkreisten einander und beobachteten jede Bewegung. Nun denn, legen wir los!, teilte Lyra ihren Gedanken mit ihrem Gefährten. Sie gewann mit kräftigen Flügelschlagen an Höhe und stürzte sich mit ausgestreckten Klauen auf ihren Gegner.

Levi sprang in diesem Moment von Lyras Rücken und zog die Schwerter, während er die Dratseile in die Flanken des roten Drachenkönigs schoss und sich so auf dessen Rücken zog. Genau in diesem Moment knallten Lyra und der Drachenkönig aneinander, was Levi kurzzeitig das Gleichgewicht verlieren ließ. Er musste diese Schuppenechse nur flugunfähig machen, wobei allen von Anfang an klar gewesen war, dass dieser Zustand nicht lang anhalten würde. Da würde er diesem Drachen eher die Flügel abhacken müssen, um einen längeren Erfolg zu haben.
Der Drachenkönig schien dabei zu merken, was sie vor hatten, denn er stieß Lyra von sich und schoss weiter in die Höhe. Levi hielt sich fest, wohl wissend dass ihm gleich die Luft ausgehen würde. Er schoss einen Hacken in eines der Hörner, fixierte den rechten Flügel mit seinem Blick und schoss nach oben, die Schwerter im Anschlag. Als wollte er einem Titan ein Stück aus dem Nacken schneiden, wollte er das mit dem Flügel machen, doch Karimar machte eine Rolle zur Seite und ließ sich fallen. Der Angriff ging daneben, während sich durch den Ruck auch noch das Dratseil löste und er ungehindert in die Tiefe fiel.
"Levi!" brüllte Lyra und rettete ihren Gefährten, doch genau in diesem Moment gab sie sich eine Blöße und wurde von Karimar gepackt und auf den Boden gedrückt. Er biss ihr in die Schultern und zerkratzte ihr die Flügel, was sie aufjaulen ließ. Levi nutzte die Chance und startete einen erneuten Angriff auf einen der Flügel. Ein unerwarteter Schwanzschlag schleuderte ihn gegen eine Hauswand und raubte ihm zum einen die Luft, zum anderen ließ ihn der Aufprall noch stärker Lyras Schmerz fühlen. Den Schmerz ignorierend, rappelte Levi sich wieder auf und ließ den Blick kurz wandern. Da sich keiner einmischen durfte während dieses Kampfes würden sie keine Hilfe bekommen - weder von der Leibgarde des Königs, doch von Lyras Familie. Levi war klar, dass er seine Freundin befreien musste. Er sah keinen anderen Weg, als Lyras Feuer zu nutzen. Er musste den Drachenkönig nur so weit ablenken, dass dieser seine Freundin frei gab. Das müsste doch zu schaffen sein, wenn er die Hände frei hat. Lyra meinte zwar, dass er das auch mit den Schwertern in den Händen hinbekommen sollte, doch er hatte es nicht ausprobiert und momentan war er nicht daran interessiert zu experimentieren. Beide Klingen weg steckend konzentrierte er sich auf Lyras Feuer. In den letzten Wochen hatte er intensiv damit trainiert, nachdem er sich einmal unbewusst damit verteidigt hatte. Es war immernoch ein seltsames Gefühl in Flammen zu stehen und nicht zu verbrennen. Vermutlich würde er sich daran nie gewöhnen, doch jetzt hatte er keine Zeit mehr darüber nachzudenken, bis er vor seinem Inneren Auge sein Training ablaufen sah.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWhere stories live. Discover now