Kapitel 28

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Lyra entfaltete ihren Flügel über Levis Kopf, während es regnete. Die beiden saßen auf der Mauer Sina bei Stohess und sahen in die Ferne. Lyra lag in ihrer Drachengestalt gemütlich da und bot ihrem Gefährten etwas Wärme und nun eben Schutz vom Regen.
"Lyra?" Levis Stimme war ruhig und monoton. Trotzdem merkte die Halbdrachin, dass ihm etwas auf dem Herzen lag.
"Hm?" Sie hob den Kopf und sah zu ihm. Er hatte wieder diesen undefinierbaren Ausdruck in den Augen.
"Wo willst du mit deiner Einheit trainieren?"
"Beim alten Hauptquartier. Die Umgebung ist ruhiger, friedlicher. Dort kann ich sie besser trainieren. Vielleicht habe ich nicht wirklich die Möglichkeit sie vor jedem Titan zu beschützen, aber ich werde alles in meiner Macht stehende dafür tun" erklärte sie. Leise hörte sie ihn seufzen. "Ich komm doch zwischendurch rüber. So oder so können wir die ganze Zeit reden in Gedanken."
"Gib dir nur nicht die Schuld daran, wenn sie fallen. Glaub mir, du wirst es nur bereuen, wenn du das tust" sagte er.
"Deswegen bist du in der Hinsicht für andere der kalte emotionslose Giftzwerg" stellte sie fest.
"Vielleicht. Hast du mich so auch gesehen am Anfang?"
"Nein, auch wenn wir uns gegenseitig angegiftet haben. Ich konnte schon von Anfang an aus deinen Augen heraus lesen. Ich habe sofort gewusst, dass du viel gesehen hast, dass du viel Leid ertragen musstest." Lyra sah hinauf zum Himmel. Langsam verzog sich der Regen und die Sterne zeigten sich, während Lyra ihre Schwingen zusammen faltete und sich etwas aufrichtete. "Könnte ich bei anderen auch, aber die interessieren mich nicht." Sie gähnte ausgiebig und streckte sich.
"Gehen wir rein, ich will nicht hier oben die Nacht verbringen" sagte Levi dann und sie machten sich auf den Weg zur Unterkunft.

Zwei Tage später entschieden sich die Rekruten, welcher Einheit sie sich verpflichten wollten. Lyra war auch anwesend, nahm aber nur die passive Rolle ein und stand neben Levi und Hanji hinter Erwin, der seine Rede hielt. "Nun, wer dem Aufklärungstrupp beitreten möchte, bleibt stehen, alle anderen können wegtreten!"
Lyra ließ den Blick wandern. Ganz vorn an sah sie wieder das Mädchen, welches rotbraune Haare und grüne Augen hatte. Sie sah Lyra die ganze Zeit an und lächelte freundlich.
"Du hast einen Fan" bemerkte Hanji schmunzelnd.
"Wenn sie gut genug ist, wäre sie eine, die in meine engere Auswahl kommt" murmelte Lyra darauf und sah zu den Soldaten, die sich umdrehten, und gingen. Man sah in vielen Gesichtern die Angst. Sie war allgegenwärtig und genau vor dieser rannten sie aus Lyras Sicht weg.
"Sicher dass sie nicht in meine Spezialeinheit kommt?"
"Dann Nagel ich dich mit Eiszapfen auf die Südseite des Hauptquartiers und verschließe euren Lagerraum für die 3D-Manöver" sagte sie und lächelte ihren Gefährten zuckersüß an. "Außerdem hast du Mikasa, die zählt als hundert einfache Soldaten."
"Tse" erwiderte Levi darauf.
Erwins Stimme erschallte über dem Platz. Er bedankte sich bei den Soldaten, die sich dazu entschieden haben, dem Aufklärungstrupp beizutreten. "Ihr opfert eure Herzen für das Wohl der Menschheit! Willkommen beim Aufklärungstrupp!" Damit salutierten alle. "Morgen beginnt eine Prüfungsphase, in der entschieden wird, welcher Einheit ihr zugeteilt werdet. Strengt euch an. Morgen früh um 6 Uhr beginnt diese. Eine Stunde vorher werdet ihr abgeholt, seid pünktlich. Wegtreten!"
"Ja Sir!" riefen die 47 neuen Rekruten des Aufklärungstrupps.
"Captain Lyra?" fragte jemand, als Lyra gerade ebenfalls neben Hanji und Levi gehen wollte. Sie drehte sich um, und erkannte das Mädchen.
"Geht schon vor, ich komme gleich nach" sagte Lyra zu den beiden und wandte sich dem Mädchen zu. "Hallo, was kann ich für dich tun?"
"I-ich wollte mich vorstellen" sagte das Mädchen. Die Stimme war engelsgleich und vollkommen klar und rein. "Mein Name ist Elisabeth Falkenrot." Kurz atmete das Mädchen durch und sah Lyra bewundernd aus ihren grünen Augen heraus an. "A-also ich..." Elisabeth schien ziemlich nervös zu sein, doch ebenso hatte sie etwas auf dem Herzen.
"Du willst versuchen in Levis Einheit zu kommen?" fragte Lyra deswegen und lächelte leicht. Wer wollte nicht in seine Einheit, schließlich war er der Stärkste Soldat der Menschheit.
"Ich würde gern Teil der Einheit werden, in der Sie sich befinden, Captain!" Schnell ratterte die junge Frau des Satz runter, als hatte sie Angst ihn zu verschlucken.
"Dann streng dich an und mit etwas Glück kommst du in meine Einheit, die ich mir zusammen stelle. Und jetzt solltest du zu deiner Unterkunft gehen, du wirst alle Kräfte brauchen."
"Jawohl!" Elisabeth salutierte und rannte dann los.
Lyra sah ihr noch nach, bis sie die junge Frau nicht mehr sehen konnte, dann ging sie in die Richtung des Hauptquartiers und ging gemütlich zum Speisesaal, der sich schon langsam wieder leerte. Lyra nahm sich nur etwas Brot und die ging damit dann zum Büro von Erwin, wo sie sich die Unterlagen der neuen Rekruten geben ließ. Sie ging mit dem Stapel zu ihrem und Levis Büro und legte den Stapel auf ihrem Schreibtisch ab. Levi war nicht da, aber weit entfernt war er nicht. Vielleicht sah er nochmal nach seinem Pferd oder scheuchte irgendwen durch die Gegend. Lyra setzte sich an ihren Schreibtisch und sah die Unterlagen der Rekruten durch. Auf ein Blatt schrieb sie sich die Namen, die sie besonders im Auge haben wollte. Allerdings würde sie sich nicht zu sehr auf die Aussagen der Ausbilder verlassen. Sie wollte die jungen Menschen in Aktion erleben, wollte sehen bei wem sie noch etwas Potential raus holen konnte. Sie war gespannt, wie diese Rekruten bis jetzt trainiert worden waren. Sie würde diese jungen Menschen nicht aus menschlicher Sicht beobachten.
Lyra stand dann von ihrem Tisch auf und brachte Erwin die Unterlagen zurück. "Lyra? Du meinst das wirklich ernst mit der eigenen Einheit?" wollte Erwin zur Sicherheit wissen.
"So sicher, wie ich einen Titan mit Norellio, meinen Klauen und Zähnen, oder den Elementen vernichten kann" erwiderte Lyra und sah Erwin abschätzend an. "Jedoch glaube ich, dass Levi entweder ziemlich nervtötend oder unausstehlich wird, wenn ich meine Einheit zum alten Hauptquartier mitnehme."
"Zum alten Hauptquartier? Ich hatte eigentlich vor die Spezialeinheit dort fest zu stationieren und auch schon bald auf einige Missionen los schicken."
"Das kannst du gern tun, ein paar Personen mehr fallen in der Festung kaum auf" meinte Lyra. "Oder wolltest du, dass ich bei diesen Missionen ebenfalls anwesend bin?"
"Ehrlich gesagt bist du sehr wichtig dafür. Morgen nach dem ersten Teil der Prüfungen ist dich die Besprechung, da wollte ich alles verkünden."
"Dann reden wir morgen darüber, oder willst du es mir jetzt auf die Nase binden?"
"Das kann auch bis morgen warten."
"Gut, dann gute Nacht, Erwin."
"Gute Nacht, Lyra." Damit verließ die Halbdrachin das Büro des Kommandanten und betrat das gemeinsame Büro.
Levi zog gerade seine Jacke aus und seufzte. Er sah nicht so aus, als würde er sich freuen. Nein eher belastete ihn etwas. Jedoch sah es nicht danach aus, als wollte er darüber reden.
"So anstrengend?" fragte sie ihn trotzdem und ging auf ihn zu. "Oder geht dir jemand auf die Nerven?"
"Weder noch" erwiderte er und zog sie an sich, als sie in seiner Reichweite war. "Ich bin nur müde." Er legte seinen Kopf auf ihrer Schulter aber.
"Dann sollten wir schlafen gehen. Morgen wird ein interessanter Tag, finde ich zumindest." Sie ging rückwärts und da er sich anscheinend nicht von ihr lösen wollte, folgte er ihr. Er machte die Tür zum Büro hinter sich zu und löste sich auch erst dann von ihr, als sich beide schlaffertig machten.
Heute war es mal anders herum, Levi hatte seinen Kopf auf ihrer Brust liegen, während sie ihm durch die Haare strich. Lyra war zufrieden, für den Moment. "Gute Nacht" flüsterte sie und schloss die Augen.
"Dein Herz schlägt anders" murmelte er und setzte sich etwas auf. Verwirrung lag in seinem Blick. Anscheinend war ihm jetzt erst aufgefallen, dass Lyras Herzschlag etwas anders klang, als der eines Menschen.
"Das schlägt schon immer so, dir ist es nur bis jetzt nicht aufgefallen." Sie schmunzelte und sah ihn müde an. "Das habe ich mit Drachen gemeinsam, deren Herz anatomisch noch etwas anders ist, als das eines Menschen. Die Veränderung macht eben auch einen anderen Herzschlag aus." Inzwischen lag sein Kopf wieder auf ihrer Brust und sie kraulte ihm eben diesen wieder. Sie gähnte und schloss die Augen. "Schlaf gut, mein Süßer." Eine Antwort bekam sie nicht mehr, da er schon eingeschlafen war. Tiefe und regelmäßige Atemzüge konnte sie hören, bis auch der Schlaf sanft nach ihr griff.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWhere stories live. Discover now