Kapitel 21

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"Nein verdammt, lass mich damit in Ruhe. Ich bezweifle, dass sie sich nach da draußen wagen. Somit sind sie nicht besser als die meisten Adligen hier. Mein Wohlwollen muss man sich verdienen. Der Aufklärungstrupp hat es, die Mauergarnison auch, alle anderen müssen es sich verdienen Erwin. Wenn du mich dann entschuldigst, ich hab hunger und ein wenig muss ich auch in Levi hinein überreden" meinte Lyra grimmig und ging mit einem reichlich gefüllten Tablett an dem Kommandanten des Aufklärungstrupps vorbei. Neben mit Wurst und Käse belegten Broten hatte sie noch Tee für Levi und für sich selbst etwas Saft.
"Willst du dir Winterspeck zulegen? Dafür ist es doch etwas spät, oder?" fragte Levi sie wenige Minuten später.
"Sei ruhig, ich habe seit meinem Abflug nichts mehr gegessen!" sagte sie und stellte das Tablett zwischen ihnen aufs Bett und begann hungrig zu essen.
"Wie lang warst du weg?" fragte Levi und knabberte an einer Scheibe Brot mit Käse herum. Anscheinend hatte er kein Zeitgefühl mehr.
"Eigentlich diese vier Tage... Da ich es aber inzwischen gewohnt bin mehr oder minder jeden Tag etwas zum Essen zu haben, meckert mein Magen nach vier Tagen ohne Nahrung" erwiderte Lyra nachdenklich und biss erneut in ihre Scheibe Brot.
"Du krümelst auf mein Bett" stellte Levi fest.
"Das sind nicht die einzigen Krümel hier" gab Lyra schmatzend zurück. Sie sah ihn aus dem Augenwinkel heraus an, kommentierte allerdings nichts weiter dazu. Sie würde sich darum gleich kümmern, bevor sie duschen gehen würde.

Eine Stunde später lag sie dann frisch geduscht in Levis Armen, der sich anscheinend sicher sein wollte, ob sie wirklich wieder da war. Zumindest hielt er sie so fest, dass sie nicht ohne weiteres weg konnte.
"Wie war es dort draußen?" fragte Levi nach einer Weile, in der sie beide geschwiegen hatten.
"Je näher ich dem Vulkan gekommen bin, um so weniger Titanen waren in der Nähe. Im Vulkankrater selbst waren gar keine Titanen weit und breit. Ich habe am Tag habe ich nach dieser Heilpflanze gesucht, in der Nacht nicht wirklich geschlafen. Leider hab ich sie nicht beim Vulkankrater gefunden, sondern am Fuß. Ich stand dann vor der Wahl das von den Pflanzen zu holen, was ich bräuchte, oder sie komplett mitzunehmen und dafür habe ich mich entschieden. Am Ende habe ich die fünf Sträucher behutsam herausgegraben und dann mitgenommen. Bis vorhin bin ich dann zurück geflogen und habe die Sträucher vor dem Hauptquartier abgeladen" sagte Lyra und sah dann zu Levi, der schon wieder eingeschlafen war. Er hatte sicher ihre Stimme hören wollen, denn jetzt sah er friedlich aus. Friedlich und entspannt. Wie einen geliebten Teddy hielt er sie in den Armen, aber gleichzeitig auch so, als würde man sie ihm entreißen wollen.
Minuten später griff auch nach ihr die Müdigkeit und sie schlief friedlich ein.

Ein lauter Knall riss Lyra aus dem Schlaf. Schnell erkannte sie dies als Gewehrschüsse. Dann hörte sie einige Rufe und sah Levi an, der ebenso aus dem Schlaf gerissen wurde, wie sie selbst und dem entsprechend auch ziemlich verschlafen aussah.
"Was ist da draußen los?" fragte er sie.
"Deine Cousine... Anscheinend meinen sie, dass sie her kommen können, wenn ich nicht zu ihnen. Hat man hier nicht einmal seine Ruhe?"
"Was soll das ganze?"
"Sie wollen mein Wohlwollen, nicht dass ich die Mauern nieder reiße" meinte sie. Als es klopfte und Hanji hinein gestürmt kam, bestätigte sich die Annahme.
"Die Königin möchte dich sprechen" sprach die Forscherin aufgewühlt. "Und es sieht nicht so aus, als würde sie sich mit einem Nein zufrieden geben."
"Kaum auf dem Thron und schon Ansprüche stellen. Sie sollte sich selbst einmal reden hören. Der Winter ist kalt und die Luft da oben dünn. Wenn sie ein Nein nicht akzeptiert, bringe ich ihr fliegen bei. Hast du, was du für Levi brauchst?"
"Ja, alles soweit fertig. Die Sträucher hab ich erstmal bei mir eingepflanzt, bis ich sie im Frühjahr nach draußen bringen kann. Was hast du vor? Ich habe das Gefühl, dass..."
"Ganz einfach, ich geh da raus. Pass auf Levi auf" sagte Lyra und stand auf. Sie schickte ihren Geist zu ihm aus und sah ihn an. Ich bring sie nicht um, ich werde sie nur... Verjagen.
Wenn es nur dabei bleibt.
Und wenn ich mir am Ende dich schnappe und mit dir weg fliege. Was wollen sie machen?
Das ist es, was mir sorgen macht. Du stürzt dich wieder einmal blind in etwas hinein. Und ich kann nicht einmal bei dir sein.
Levi... Ich habe heute keine Lust zu kämpfen. Ich bin müde. Das hier wird nicht lange dauern und dann geh ich wieder schlafen. Nur einen schlafenden Drachen weckt man nicht ungestraft so unsanft.
Lyra ging, nachdem sie sich umgezogen hatte, an Eren und seinen Freunden vorbei, welche auf dem Flur standen. "Erwin will dich sehen" sagte Armin diesmal.
"Sag mir nicht, dass er sich vor meiner Reaktion fürchtet" brummte sie darauf.
"Du machst ihnen die Hölle heiß?"
"Nein. Ich wurde unsanft geweckt. Mal sehen, was die Entschuldigung dafür ist." Damit ging sie hinaus.
"Lyra! Greif sie bitte nicht an!" kam es von Armin und Erwin gemeinsam.
"Dafür müssen sie schon anfangen" meinte sie und ging auf die Horde von Militärpolizisten zu. Dabei verwandelte sie sich knurrend. Sie sah die Soldaten zusammen zucken und wunderte sich, wie das die besten zehn der Trainingseinheiten sein konnten. "Gibt es einen Grund, mich aus meinem Schlummer zu reißen, Menschenkönigin?" fragte Lyra und stieß dunklen Rauch aus den Nüstern.
"Euch aus dem Schlummer reißen? Ich wusste nicht, dass..." begann Königin Fiona.
"Mein Geduldsfaden ist heute extrem dünn, also spuck aus, was du willst" fiel ihr Lyra brummig ins Wort. Sie setzte sich und sah auf ihre Klauen, welche sie dann auch bog, als hätte sie ein Beutetier in der Pranke.
Einer der Soldaten trat vor. "Was fällt dir ein so mit unserer Königin zu sprechen?!" Er setzte noch einige Schimpfwörter nach, was Lyra einfach an sich abprallen ließ. Einzig eine dunkle Rauchwolke blies sie dem Soldaten, der dadurch in seiner Schimpftirade unterbrochen wurde.
"Meinen Respekt muss man sich verdienen. Ich habe genug Menschen gesehen, die zu verblendet sind, denken ihnen gehört die Welt oder einfach in zu vielen Schubladen denken. Nehmen wir doch mal als Beispiel die Reaktionen der Menschen, wenn ich über die Stadt fliege. Die Angst ist bei euch allgegenwärtig. Noch nie habe ich so viele Angsthasen auf einem Haufen gesehen. Deine Begleiter sind nicht anders. Die Luft stinkt vor Angst. Sie versuchen es sich nicht anmerken zu lassen, doch das funktioniert nicht bei mir." Lyra sah die Königin nun eindringlich an. "Sonst noch etwas, oder kann ich weiter schlafen?"
"Ich wollte Euch auf dem Bankett näher kennen lernen. Da Ihr nicht erschienen seid dachte ich, ich komme zu Euch." Die junge Frau blickte Lyra aus ihren grauen Augen heraus geradezu flehend an.
"Die letzten offiziellen Angelegenheiten endeten immer wieder in dem Versuch mich in Ketten zu legen. Deine Schoßhunde gucken auch schon wieder so, während sie gleichzeitig so vor Angst stinken. Wenn du mich wirklich kennen lernen willst, solltest du ohne irgendwelche Aufpasser zu mir kommen." Damit drehte sie sich um und ging zum Hauptquartier zurück, davor nahm sie ihre menschliche Gestalt an. Erhobenen Hauptes ging Lyra hinein und ließ sich ihre Müdigkeit erst wieder bei Levi anmerken, der am Fenster im Büro stand.
"Levi..?" fragte sie müde.
"Ich geh ja schon wieder. Ich wollte nur..."
"Ich weiß, dass du sehen wolltest was passiert, na komm. Wir brauchen den Schlaf beide."

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt