Kapitel 16

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Lyra fluchte, als sie in kleiner Drachengestalt durch das Hauptquartier rannte und draußen ihre normale Drachengestalt annahm. Sie war schnell beim Trainingsplatz und brüllte einmal laut. Doch da die drei sich prügelnden vollkommen verkeilt und am gegenseitig aufeinander einschlagen nicht gehindert wurden, machte Lyra kurzen Prozess und packte das männliche Knäul und flog gerade wegs nach oben. Erst als die drei kaum noch Luft bekamen, hörten sie auf. Genau dann ließ Lyra sie fallen und fing sie ein ganzes Stück weiter unten wieder auf. Eren und Jean zusammen in einer Klaue, Reiner in der anderen. Als sie landete, drückte sie die drei auf den Boden. Dabei achtete sie nicht darauf, dass die meisten das ganze beobachten konnten.
"Ihr drei seid echt unter aller Würde. Ihr seid Soldaten von Levis Spezialeinheit und habt nichts besseres zu tun als euch zu prügeln? Was ist der Grund?" fragte sie und sah die drei grimmig an. Keiner sagte ein Wort. "Sehr gut, ihr habt euch soeben freiwillig gemeldet die nächsten Tage aneinander gerettet zu verbringen." Damit spreizte sie ihre Flügel und kettete die drei mit Stein aneinander. "Viel Spaß." Damit nahm sie ihre menschliche Gestalt an und drehte sich um. "Pubertierende Rotzbengel" murmelte sie noch und ging wieder hinein.
Zumindest kam sie bis zum Haupteingang, wo Erwin auf sie wartete. "Wofür war das jetzt?" fragte der Kommandant des Aufklärungstrupps. Er blickte zu den drei zusammen geketteten.
"Keine Ahnung, was der Grund für ihre Auseinandersetzung war. Jedenfalls sind die drei schon den ganzen Tag so. Da sie es mir nicht sagen wollten und Levi jedem mindestens den Arsch aufgerissen hätte, dachte ich mir diese Lösung ist auch mal was anderes als Strafe."
Erwin schüttelte schmunzelnd den Kopf. "Und du bist sicher, dass du keine eigene Einheit leiten möchtest?" fragte er sie.
"Ich bin mir sicher, ich bleibe lieber bei Levi" erwiderte sie darauf mit einem Lächeln.
"Vielleicht sagen sie es mir ja. Gehen wir einmal hin" erwiderte Erwin dann und ging mit Lyra zu den drei Rotzbengeln. "Habt ihr irgendetwas dazu zu sagen?" Kommandant Erwin sah die drei ruhig an.
"Jean und Eren haben angefangen!" kam es nun von Reiner.
"Das stimmt doch überhaupt nicht!"
"Halt die Klappe Pferdefresse!" rief Eren nun.
Die drei fingen wieder an, bis Erwin sich einmal räusperte. "Ihr drei seid vom Training suspendiert, bis ihr eure Streitigkeiten aus der Welt geschafft habt. Des weiteren habt ihr Stall-, Küchen- und Wachdienst bis dahin. Kommen mir noch weitere Auseinandersetzungen zwischen euch dreien zu Ohren, sehe ich mich gezwungen euch härtere Strafen zuteil werden zu lassen. Wir sind der Aufklärungstrupp, nicht der Kindergarten für Kleinkinder!" erklärte Erwin streng. So gut es gerade ging, salutierten die drei. Lyra ließ den Stein um sie herum verschwinden. Danach drehte er sich um und nahm Lyra am Arm mit. "Ich muss mit dir noch kurz reden, Lyra."

"Er hat mir unter anderem angeboten eine eigene Einheit zu leiten" sagte Lyra einige Zeit später, während sie in Levis Umarmung lag - er hatte sich noch etwas hingelegt gehabt, als sie hinein gekommen war. Bei den Worten bildete sich in seinem Magen ein dicker Klumpen.
"Hast du zugestimmt?" fragte er und versuchte sich das nicht anmerken zu lassen. Er sah Lyra in die Augen, versuche die Antwort schon aus ihnen zu lesen.
"Nein. Ich bleibe viel lieber in deiner Einheit" erwiderte sie und gab ihm einen Kuss. Er entspannte sich erleichtert. Seine Reaktion schien sie zu amüsieren, da sie leise lachte. "Meinst du wirklich, ich stelle mir meine eigene Einheit zusammen? Wozu denn? Ich bin zufrieden mit deiner Einheit, weil ich bei dir sein kann. Außerdem hast du dir doch schon die besten Leute unter den Nagel gerissen."
"Nicht alle, aber du hast recht" erwiderte er und zog sie näher an sich heran, als wollte sie gleich wieder verschwinden. Er wurde wieder schläfrig, wollte sich erst dagegen wehren, doch dann übermannte ihn der Schlaf.
Als die Abendsonne ins Zimmer schien wurde Levi wieder wach. Verschlafen öffnete er die Augen und erblickte Lyra, die in seinen Armen zu schlafen schien. Als er sie jedoch wecken wollte, wachte sie nicht auf. "Lyra?" fragte er eindringlicher und setzte sich auf. Sie war gerade eher wie eine Puppe, als ein lebendes Wesen. Das einzige Zeichen, dass sie lebte, waren tiefe und regelmäßige Atemzüge. Sie redet vermutlich wieder mit ihrem Drachen?, schoss es ihm durch den Kopf. Vor anderen würde er es nicht zugeben, aber diese Situation machte ihn mehr als nur nervös. Er konnte nichts tun und das bis sie wieder aufwachte. Der einzige Trost schien dabei zu sein, dass sie das Ganze steuern konnte.
Unruhig saß er nun im Bett und wachte über sie, bis sie schließlich nach einer Stunde die Augen auf schlug. Sie seufzte tief und blickte ihn an. "Hab ich dir wieder Sorgen gemacht?" fragte sie und klang dabei etwas reuevoll.
"Etwas" erwiderte er, weshalb sie sich aufsetzte und ihn umarmte. Sofort erwiderte er diese Umarmung und strich ihr mit den Händen über den Rücken.
"Ich sage dir nicht, dass ich riechen kann, was wirklich los war" sagte sie leise und sah ihm in die Augen. Sie schien wieder einmal aus seinen Augen heraus zu lesen, was in ihm vor ging. Sie war wirklich die einzige, bei der er nur wenig verbergen konnte. "Na komm, du bist sicher hungrig."
Bei dem Wort Hunger knurrte sein Magen in Aussicht auf etwas zu essen. Das war für ihn Antwort genug. Lyra und er standen auf und nachdem er sich die Uniform angezogen hatte, gingen sie zum Speisesaal, der sich langsam leerte. Die Soldaten und Rekruten, die ihnen entgegen kamen, salutierten grüßend. Er nickte nur ab und an und ging zur Essensausgabe, wo es jetzt nur noch Brot zu geben schien.
"Nur Brot? Wovon soll ich satt werden?" fragte Lyra hinter ihm. "Du kannst meins haben, ich jage mir gleich einen Hirsch, oder ein paar Fische."
"Sicher?" fragte er und nahm das Brot. Weniger begeistert sah er es an.
"Ziemlich sicher. Willst du auch etwas ab haben?" Sie schien seinen Gesichtsausdruck gesehen zu haben und warf dem Diensthabenden Soldaten - dieser guckte als hätte er zum ersten mal die Welt außerhalb der Mauern gesehen - einen schelmischen Blick zu und drehte sich um. "Warte draußen auf mich, ich bin gleich wieder da!"
Kaum hatte sie das gesagt, war sie schon weg. Levi hatte sie nicht einmal aufhalten können.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWhere stories live. Discover now