Kapitel 13

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Lyra nickte Erwin am Ende noch einmal zu und breitete dann ihre Schwingen aus. Sie wollte gerade abheben, als sie ihren Namen hörte. Sie drehte sich um und sah Hanji, die auf sie zu gerannt kam. "Hanji, was ist los?" fragte Lyra die junge Frau und senkte den Kopf, damit Hanji nicht so weit nach oben sehen musste.
"Es geht um Annie Leonhard. Vielleicht kannst du uns helfen sie aus ihrem Kristall zu bekommen, in welchen sie sich selbst gesperrt hat. Diese Idee ist uns schon vor einiger Zeit gekommen. Levi wird sich sicher auch daran erinnern. Rede mit ihm mal darüber. Ihn wird es auch interessieren sie dort raus zu bekommen" erklärte Hanji ihr.
"Mach ich. Sonst noch etwas, sonst fliege ich los. Ich muss verhindern, dass Levi seinen Unmut an seinen Kadetten aus lässt!"
"Klingt vollkommen nach ihm. Na los, wenn noch etwas ist, komme ich zu euch... Wobei ihr eigentlich alle auch wieder hier her ziehen könntet..." meinte Hanji.
Lyra grinste und blies Hanji einen Rauchringel entgegen, bevor sie dann endgültig abhob. Sie flog direkt zum alten Hauptquartier zurück.

Lyra bemerkte schon dass das Training begonnen hatte, als sie über der Festung ihre Kreise zog. Sie nahm ihre Menschengestalt an und flog weiter. Sie beobachtete das Nahkampftraining. Levi kämpfte dabei gegen Mikasa, welche sich gerade gar nicht so schlecht schlug gegen den Captain. Keiner von beiden wollte aufgeben und so entbrannte wirklich ein bitterer Kampf. Irgendwann unterbrachen die anderen und sahen Mikasa und Levi zu, die beide zu immer brutaler werdenden Methoden griffen.
"Es reicht!" brüllte Lyra von oben und landete genau zwischen den beiden. Sie fing Levis Fuß und Mikasas Arm ab. Ersteren ließ sie dann zu Boden fallen, letztere bekam ihre Geheimtechnik zu spüren, die auch schon Levi abbekommen hatte, weshalb Mikasa ebenfalls den Boden küsste. Sie blickte beide an, dann drehte sie sich um zu den anderen. "So, wer will vernünftig trainieren?" fragte sie in die Runde und ging dann die Kampftechniken durch, die sie ihnen beigebracht hatte. Absichtlich ging sie dabei nicht auf die geheime Technik ein, die sie eben bei Mikasa angewendet hatte.

Beim Mittagessen wurde wie immer leise gesprochen, nur die Sitzplatzverteilung war anders. Lyra saß neben Levis linker Seite am Kopf des Tisches und nicht mehr zwischen Eren und Reiner. Sie selbst fand es komisch, nahm es aber einfach hin. Links von ihr saß Mikasa, dann Eren. Ihr gegenüber saß Sasha, dann Jean und Reiner. Anscheinend wollten die anderen wahren, dass sie mit Levi zusammen war, aber das war nur eine Vermutung. Sie genoss es einfach bei den Menschen zu sein, die ihr wichtig waren.
Beim Abräumen half Lyra schnell mit, während ihre Gedanken wieder etwas abdriften. Die letzten Tage waren teilweise schön, teilweise anstrengend und auch teilweise anstrengend gewesen. Viel war passiert und noch mehr seit sie hier war. Vielleicht hatten ihr die Götter von damals einfach den Wunsch erfüllt nach einem anderen Leben, denn ihr eigenes hatte sie damals schön, aber auch schön langweilig empfunden. Ja, so musste es sein.
"Lyra, wie lange willst du den Teller noch abtrocknen?" fragte plötzlich Reiner neben ihr.
"Oh, entschuldige. Ich war in Gedanken, hier" sagte sie und gab dem jungen Mann den Teller. Er berührte sie dabei mit den Fingern und Lyra spürte etwas, das sie schon einmal bemerkt hatte. Sie konnte es nicht zuordnen.

"Levi...?" fragte Lyra einige Minuten später an der Tür. Sie bekam keine Antwort und öffnete leise. Sie trat ein und sah sich um. Stark nahm sie Levis Geruch wahr, der sie anzog wie Licht die Motten. Lyra bemerkte, dass die Tür zum Balkon offen stand und beschloss dort nachzusehen. Dort stand Levi am Geländer und sah in die Ferne. Sie ging zu ihm und kuschelte sich an seinen Rücken. "Hier bist du" sagte sie sanft und atmete tief seinen Geruch ein. Sie sagten beide eine lange Zeit nichts.
"Wie lief das Gespräch mit Erwin?" fragte Levi schließlich. Sie merkte, dass er sich anspannte bei diesen Worten. Er drehte sich in ihren Armen um und sie sahen einander in die Augen. Levis graue Augen musterten sie, als suche er nach etwas.
"Gut. Er weiß im Groben, warum ich gehandelt habe, wie ich es tat. Er hat mir aber auch eine Frage gestellt... Ob ich weiß, wer euch verrät und ob ich mir sicher bin, wem ich vertraue..." murmelte Lyra nachdenklich. Sie sah etwas in Levis Augen aufblitzen, doch es war zu schnell verschwunden, um es zu beschreiben. Er zog sie nur an sich und sagte erstmal nichts. "Levi...? Was hast du?" fragte Lyra daraufhin.
Dieser schüttelte den Kopf. "Diese Frage hat er schon einigen gestellt. Ich weiß immernoch nicht, warum er das tut."
Lyra überlegte, ob sie ihre Beobachtung schon mit ihm teilen sollte. "Willst du noch eine Runde fliegen?" fragte sie ihn statt dessen und gab ihm einen leichten Kuss, welchen er fest und gerade zu hungrig erwiderte.
"Wohin willst du?" fragte er sie, was sie lächeln ließ.
"Eigentlich nur den Wind genießen, aber wenn du noch wo hin möchtest, dann immer raus damit."
Lyra sah ihn schmunzeln, was ihr sehr gefiel. Er strahlte gerade zu über das ganze Gesicht, was er nur wenig tat. Sie löste sich von ihm, während er rein ging und sich Jacke und Cape anzog, hob Lyra ab und nahm ihre Drachengestalt an. Sie flog hoch und wartete, dass er auf den Balkon kam. Statt dessen war er durch das große Eingangstor gegangen und wartete auf sie. Sie wollte aber nicht mehr landen für den Moment und kam von oben angeschossen und pflückte Levi im Flug vom Boden. Sie half ihm auf ihren Rücken und schickte ihren Geist zu ihm aus.
Wofür war das denn?, fragte er wenig begeistert.
Ich wollte nicht nochmal landen. Außerdem habe ich dich doch sanft aufgehoben.
So sanft wie deine Schuppen spitz sind.
Lyra drehte sich auf den Rücken im Flug und lachte, als Levi sie in Gedanken beschimpfte. Sie drehte sich wieder um und sah auf den Rücken zu Levi, der sie finster ansah. Gib es zu, du genießt es auf meinem Rücken mit fliegen zu können.
Etwas.
Lügner, erwiderte Lyra und sah wieder nach vorne. Die letzten Strahlen der Sonne verschwanden hinter dem Horizont. Sie summte unwillkürlich, weil nun die Zeit kam, in der man sie am Himmel eigentlich nicht sehen konnte. Levi könnte es vielleicht, aber da war sie sich sich nicht sicher. Sag mal, was ist mit dieser Annie Leonhard?, fragte sie Levi plötzlich und sah kurz zu ihm auf ihrem Rücken, bevor sie hoch über der Stadt ihre Kreise zog.
Sie ist ein Titanenwandler wie Eren. Wir sind uns sicher dass sie mit dem gepanzerten Titan und dem Kolosalen Titan unter einer Decke steckt. Zwei mal haben wir versucht zu fangen. Beim zweiten Mal ist es uns gelungen, aber sie hat sich in einen.. Kristall eingehüllt. Warum fragst du?
Hanji brachte mich darauf. Ob ich sie da raus holen kann. Ich sollte mit dir mal darüber reden, hat sie gemeint.
Hanji, murmelte Levi seufzend.
Also für mich gibt es da nicht viel zu sagen. Es klang eher so, als sollst du da dabei sein, wenn ich es tue...
Annie ist gefährlich. Für mich ist sie nicht schwerer zu bändigen als Eren.
Der Vollmond naht...
Wie kommst du denn darauf?
Meine Wasserbändigerkräfte sind abhängig vom Mond. In der Nacht klappt alles besser. Bei Vollmond sind die Kräfte am größten. Da brauche ich nicht einmal die geistige Verbindung, um jemand zu kontrollieren.
Du kannst...?
Ja Levi, auch wenn das ein Teil meiner Fähigkeiten ist, den ich nicht mag. Es gehört zu mir, wie meine Flügel oder Schuppen, unterbrach sie ihn.
Und mit Wasser?
Blut ist nichts anderes, antwortete Lyra knapp und überflog eher unbewusst Mauer Rose. Als sie es bemerkte, korrigierte sie sie Richtung und flog einfach mal ins Innere und in Richtung der Mauer Sina, drehte dann aber ab und flog langsam zurück zur Festung.
Damit sollten wir in der Lage sein, sie zu befragen und zu verhindern, dass sie sich in ihre Titanenform wandelt.
Ich halte nichts von der Idee, aber das liegt ja nicht in meinem Ermessen, wie es scheint. Ich werde euch nicht daran hindern, erwiderte Lyra düster und verbarg ihre Gefühle vor Levi, die sie sonst mit geschickt hatte. Sie schottete sich etwas von ihm ab und begann Herangehensweisen zu erarbeiten, bis sie landete vor der Festung. Sie wollte erst einige Informationen haben, bevor sie sich überhaupt daran machen würde Annie aus diesem Kristall zu holen.
Levi saß immernoch auf ihrem Rücken und schien da auch nicht runter zu wollen. Lyra sah ihn an und bemerkte seinen forschenden Blick, weshalb sie einfach in den Himmel sah, damit er nicht aus ihren Augen lesen konnte.

Attack on Titan - Blue-Eyed ScalesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt